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    Chroniken der Unterwelt - City Of Bones
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Chroniken der Unterwelt - City Of Bones
    Von Christoph Petersen

    Die Suche geht weiter. Nun wo die Teenager-Fantasy-Sektion in Buchgeschäften jeden Monat gefühlt eine weitere zusätzliche Regalfront ausfüllt, stellt sich jedem Filmstudio automatisch die Frage, welche der Romanreihen wohl auch auf der großen Leinwand in die Fußstapfen von „Harry Potter“, „Twilight“ und „Die Tribute von Panem“ schlüpfen könnten. Für ihren ersten Anlauf in diesem Segment hat sich die deutsche Constantin Film, die schon die „Resident Evil“-Reihe zu einem Kino-Welterfolg machte, nun für die auf sechs Teile angelegte Buchserie „Chroniken der Unterwelt“ von Cassandra Clare entschieden – und dabei so viel Vertrauen in den geschätzte 60 Millionen Dollar teuren ersten Film gesetzt, dass mit der Produktion der für 2014 angekündigten Fortsetzung „City Of Ashes“ bereits begonnen wurde, bevor der Auftakt „Chroniken der Unterwelt - City Of Bones“ von Regisseur Harald Zwart („Karate Kid“) überhaupt in den Kinos startet. Das ist definitiv begrüßenswert – denn so können sich Fans zumindest sicher sein, dass sie nicht wie bei angefangenen, aber dann nie vollendeten Fantasy-Reihen wie „Eragon“ oder „Der Goldene Kompass“ mitten in der Handlung hängengelassen werden. Allerdings hoffen wir schwer darauf, dass es der für Teil 2 ebenfalls wieder angeheuerten Drehbuchautorin Jessica Postigo dann besser gelingt, die mit verschiedensten Fantasy-Elementen vollgestopfte Vorlage in ein kohärentes Leinwand-Abenteuer zu überführen.

    Clary Fray (Lily Collins) hat sich bisher eigentlich immer für einen ganz normalen Teenager gehalten. Aber dann kleistert sie nicht nur ihr ganzes Zimmer mit Zeichnungen eines merkwürdigen Symbols voll, ohne sich anschließend daran erinnern zu können, ihre Mutter Jocelyn (Lena Headey) wird auch noch von zwei ungewöhnlich gekleideten Schlägertypen verschleppt. Ob das wohl etwas mit dem hageren Emo-Jungen aus der Disco zu tun hat, den Clary am Abend zuvor dabei beobachten konnte, wie er jemanden mit einem Schwert niederschlug? Zumindest taucht der nun wieder auf und stellt sich als Schattenjäger Jace (Jamie Campbell Bower) vor: Offenbar war Jocelyn einst auch eine Schattenjägerin und wurde nun von Dämonen entführt. Clary erfährt, dass neben der alltäglichen noch eine Parallelwelt existiert, in der es nicht nur Dämonen, sondern auch Zauberer, Vampire und Werwölfe gibt. Fortan muss sie sich ihren eigenen Erinnerungen stellen, die bisher von Jocelyn aus Angst um ihre Tochter versiegelt wurden. Mit Hilfe ihrer neuen Mitstreiter will Clary verhindern, dass ein mächtiger Kelch der Engel in die Hände des in Ungnade gefallenen Schattenjägers Valentine (Jonathan Rhys Meyers) gerät…

    Offenbar hat Clary ihre Jugend damit verbracht, einen Fantasy-Roman nach dem anderen zu verschlingen - anders ist es kaum zu erklären, dass die nichtsahnende junge Frau es einfach so hinnimmt, als Jace ihr das Parallelwelt-Manhattan der Schattenjäger und Dämonen offenbart. Schwule Vampire, hilfsbereite Werwölfe, magische Portale, legendäre Artefakte – nichts entlockt dem Teenager mehr als ein kurzes Schulterzucken. Stattdessen himmelt sie lieber den stets entblößten Waschbrettbauch ihres Beschützers an. Das Problem daran: Während Clary ihre Ungläubigkeit in Rekordzeit abstreift und sich ins Schlachtengetümmel (CGI-Effekte und Ausstattung sind trotz des für einen Fantasy-Film eher knappen Budgets sehr gelungen, auch wenn die Ganz-nah-am-Geschehen-Wackelkamera mitunter nerven kann) stürzt, bleibt der Zuschauer außen vor.

    Nach den noch normal getakteten ersten 15 Minuten wird praktisch in jeder Szene eine neue Figur, eine neue Zauberkraft, ein neues magisches Element oder eine weitere Wendung präsentiert – auf diese Weise bekommt nichts davon die Bedeutung und das erzählerische Gewicht, die eigentlich angemessen wären. Natürlich tut es immer weh, bestimmte Bestandteile einer Vorlage bei der Bearbeitung fallenzulassen, aber ein mehr als 500 Seiten starker Roman lässt sich nun einmal nicht ohne Verluste auf einen 130-Minuten-Film eindampfen -zumal Cassandra Clare den Plot schon im Buch in einem Wahnsinnstempo vorantreibt. Hier fehlt einfach der Mut zu Kürzungen, obwohl weniger wieder einmal definitiv mehr gewesen wäre. So fühlt man sich am Ende von Zwarts „City Of Bones“ regelrecht erschlagen - fast so, als hätte man sich gerade alle acht „Harry Potter“-Filme am Stück und im Zeitraffer reingezogen.

    Obwohl sich „Chroniken der Unterwelt“ als wahres Schlaraffenland für Emo-Jünger entpuppt (die Klamotten der Schattenjäger sind kurz, eng und schwarz, viele Accessoires aus Leder), ist es eher unwahrscheinlich, dass Lily Collins („Spieglein Spieglein“) und Jamie Campbell Bower (der in kleinen Rollen bereits in jeweils mehreren „Harry Potter“- und „Twilight“-Filmen mitgespielt hat) zukünftig ähnliche Kreischkonzerte wie Kristen Stewart und Robert Pattinson oder Jennifer Lawrence und Josh Hutcherson heraufbeschwören werden. Und das liegt weniger an den beiden selbst, die hier einen soliden Job abliefern, sondern vielmehr an der unbeholfenen Art, mit der Drehbuchautorin Jessica Postigo und Regisseur Harald Zwart das Liebesdreieck zwischen Jace, Clary und deren menschlichem besten Freund Simon (Robert Sheehan) handhaben.

    Wenn sich Bella und Edward in diversen „Twilight“-Teilen eine gefühlte Ewigkeit in einem lilafarbenen Blumenfeld anschmachten, dann mag das den einen oder anderen Zuschauer irgendwann nerven, aber zumindest wird klar, welche großen Gefühle dort dahinterstecken. In „Chroniken der Unterwelt“ sollen dagegen wenige kurze Blicke und kleine Bemerkungen reichen, damit das Publikum den Figuren ihre ewige Liebe abkauft. Und als ob das nicht schon genug Wohlwollen erfordert, gerät der erste Kuss von Clary und Jace dann dank eines peinlich-aufdringlichen Popmusikeinsatzes auch noch unfreiwillig komisch (der zweitgrößte Lacher nach der gelungenen Idee, Johann Sebastian Bach als Dämonenkiller zu entlarven). Der Liebesgeschichte hätte ein wenig mehr Raum zur Entfaltung gutgetan, aber stattdessen wird dem amourösen Dreieck noch der Großteil des Plots von „Star Wars – Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ obendrauf gesattelt – inklusive Jonathan Rhys Meyers („Die Tudors“) als völlig übertrieben aufspielendem, aber trotzdem kein bisschen schaurigem Darth-Vader-Verschnitt Valentine.

    Fazit: Statt dem Zuschauer auch mal die Zeit zu geben, die vogelwilde Fantasy-Story um sexy Emo-Krieger, magische Portale und verzwickte Liebesdreiecke auf sich wirken zu lassen, feuert Regisseur Harald Zwart die üblichen Genre-Zutaten ohne jedes Gespür für Timing wie Maschinengewehrsalven auf sein Publikum ab.

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