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    Mavericks
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Mavericks
    Von Tim Slagman

    Rein gefühlsmäßig müsste es Dutzende, ja Hunderte von Surffilmen geben. So prägnant sind Allegorien, Schauwerte und Standardsituationen in das Gedächtnis der Popkultur eingeschrieben, dass man die Anzahl der tatsächlich existierenden Wellenreiter-Balladen leicht überschätzt. Kathryn Bigelows „Gefährliche Brandung" fällt den meisten wohl als erstes ein, vielen vielleicht auch noch John Milius‘ „Tag der Entscheidung" aus dem Jahre 1978, aber mit „Blue Crush" von 2002 war der Geschmack von Freiheit und Abenteuer dann eher zur schicken Pose verkommen. Kein Wunder, dass das Surfen in jüngster Zeit eher im Dokumentarfilm vorkam, etwa in Björn Richie Lobs großartigem Szene-Porträt „Keep Surfing" über die Jungs vom Münchner Eisbach. Eine wahre Geschichte war auch der Ausgangspunkt von „Mavericks", für den sich Curtis Hanson („L.A. Confidential") den Regiestuhl krankheitsbedingt mit Bond-Veteran Michael Apted („Die Welt ist nicht genug") teilte. Das kurze Leben von Jay Moriarity wird hier recht oberflächlich durch die Klischeemühle Hollywoods gedreht – dafür gibt es sehr beeindruckende Aufnahmen von den titelgebenden wilden Wellen, die einiges wettmachen.

    Der 15-jährige Jay Moriarity (Jonny Weston) steht jede freie Minute auf dem Surfbrett seit sein Nachbar Rick „Frosty" Hesson (Gerard Butler), eine Legende des Wellenreitens, ihn vor Jahren einmal aus dem Meer vor Santa Cruz gezogen hat. Freie Minuten allerdings hat Jay nicht viele: Wenn er nicht gerade seine alkoholkranke Mutter Kristy (Elizabeth Shue) aus dem Bett zerrt, damit sie nicht schon wieder gefeuert wird, schiebt er Extraschichten in der Pizzabude und überlegt sich, wie er seiner Sandkastenfreundin Kim (Leven Rambin) seine Liebe gestehen soll. Eines Nachts jedoch folgt er Frosty an einen entlegenen Strand, wo dieser die größten Wellen der Region reitet - die ehrfurchtgebietenden „Mavericks". Nichts für Teenies, findet Frosty – doch Jay lässt nicht locker. Er überzeugt den Älteren, ihn zu trainieren. Die beiden haben zwölf Wochen Zeit, bis das Klimaphänomen El Niño die Küste in ein ebenso verlockendes wie potenziell tödliches Surferparadies mit nie gesehenen Monsterwellen verwandeln wird...

    Der echte Jay Moriarity starb einen Tag vor seinem 23. Geburtstag beim Tauchen vor den Malediven, vermutlich hatte er seine Fähigkeiten überschätzt, die Luft anzuhalten. Luft anhalten, das ist auch ein Teil des harten Trainingsregimes von Frosty, das Jay im Film soweit treibt, dass er in der Schule schon mal ohnmächtig vom Stuhl fällt, was ein Mitschüler mit den Worten „Nicht schon wieder" kommentiert. Das Training ist recht behäbig inszeniert, umso eindrucksvoller wird dagegen die düstere, aber auch faszinierende Bedrohlichkeit des wilden Meeres in den Blick genommen. Idyllische Bilder von glücklichen Menschen auf dem Gipfel der Wellen gibt es hier zwar auch – doch im Gedächtnis bleiben die unbezähmbaren Ungetüme, die dunkelblau, beinahe schwarz und schaumgekrönt-tosend die Leinwand in jeder Richtung ausfüllen.

    Doch der durchaus überwältigende Eindruck der tosenden Wellen bleibt vor allem ein ästhetischer Genuss, denn die Handlung strotzt nur so von den typischen Mustern seichter Coming-of-Age-Geschichten. Dass Jay mit seiner Leidenschaft auch scheitern könnte, dass er ein vielleicht nicht nur positiv Besessener ist, dass seine Faszination sich schließlich als eine tödliche erwies – diese spannenden Fragen und das sich daran entzündende dramaturgische Potential werden ignoriert. An anderer Stelle wiederum wirkt „Mavericks" thematisch überfrachtet: Da wird dann überdeutlich von der Zerbrechlichkeit von Familien erzählt, von abwesenden Vätern und von deren Ersatzfiguren. Die Annäherung zwischen Frosty und Jay nimmt viel Raum ein, dafür wird Jays überforderte Mutter Kristy arg an den Rand gedrängt. Frostys eigene Kinder wiederum verschwinden mit Jays Erscheinen fast vollständig aus dem Film. Insgesamt fehlt die dramaturgische Ausgewogenheit, statt einer organisch wirkenden Erzählung gibt es eine Aneinanderreihung unterschiedlich gelungener Einzelszenen – bevorzugt in der Pizzabude oder bei Strandpartys am Lagerfeuer.

    Fazit: Die wahre Geschichte der Surflegende Jay Moriarity hinterlässt in der dramaturgisch schwachen Version von Curtis Hanson und Michael Apted trotz eindrucksvoller Bilder von Monsterwellen einen durchwachsenen Eindruck.

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