Turin am 3. Januar 1889: Friedrich Nietzsche tritt durch die Tür des Hauses Via Carlo Alberto 6. Nicht allzu weit entfernt hat der Kutscher einer Pferdedroschke etwas Ärger mit einem widerspenstigen Pferd. Trotz jedwediger Ermahnungen weigert sich das Pferd strikt, sich zu bewegen, woraufhin dem Kutscher der Kragen platzt und er zu seiner Peitsche greift. Nietzsche nähert sich dem aufkeimenden Gerangel und beendet das brutale Verhalten des Kutschers, indem er schluchzend seine Arme um den Hals des Pferdes legt. Sein Vermieter bringt ihn anschließend nach Hause, und zwei ganze Tage lang liegt er ohne Bewegung und wortlos auf dem Sofa, ehe er berühmte letzte Worte von sich gibt ...
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
2,5
durchschnittlich
Das Turiner Pferd
Von Christoph Petersen
Im Vorspanntext seines nach eigenem Bekunden letzten Films beschreibt der 1955 in Ungarn geborene Regisseur Bela Tarr eine Anekdote, die sich am 3. Januar 1889 zugetragen haben soll. Friedrich Nietzsche beobachtet einen Kutscher dabei, wie er die Geduld verliert und auf sein störrisches Pferd eindrischt. Um dem brutalen Treiben ein Ende zu bereiten, wirft sich der Philosoph dem Pferd um den Hals. Die folgenden zwei Tage liegt Nietzsche ohne etwas zu sagen auf dem Sofa, bevor er seine letzten Worte spricht und die verbliebenen zehn Jahre seines Lebens stumm und wirr unter der Aufsicht von Mutter und Schwester verbringt. Aber das sakral aufgeladene Schwarz-Weiß-Drama „Das Turiner Pferd" handelt nicht etwa vom Niedergang des berühmten Philosophen, sondern vom Kutscher und seinem Pferd. In sechs Kapiteln, die jeweils einem Tag entsprechen, zeigt Bela Tarr einen quälend eintönigen und harten
Bela Tarrs Das Turiner Pferd schildert in diesem in sechs Episoden, die jeweils einem Tag entsprechen, die monotone Trostlosigkeit eines Mannes und seiner Tochter, die in ihrer kleinen Hütte unter ärmlichen Verhältnissen ihren Alltag bewältigen und versuchen, einem Sturm standzuhalten. Dabei enthält sich Tarr (vom recht unnötigen Intro abgesehen) jeglicher Intellektualisierung. Tarr bringt den Zuschauer zu einem Punkt, die Handlung sinnlich ...
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Tobi-Wan
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2,0
Veröffentlicht am 16. Februar 2011
Gott ist tot und die Welt kein lebenswerter Ort mehr. Draußen bloß Sturm, drinnen im kargen Haus zwei Menschen – ein alter Kutscher und seine Tochter – die sich nichts zu sagen haben. Was ihnen bleibt, ist ein störrischer Überlebenswille, der sie Tag aus, Tag ein ihren Gewohnheiten folgen lässt. Ist die Welt drinnen nicht schon mehr untergegangen als draußen? Ja, „Das Turiner Pferd“ schafft es formal vorbildlich, einen Zustand ...
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