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    Am Anfang war das Licht
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Am Anfang war das Licht
    Von Christian Horn

    Es soll Menschen geben, die jahrelang ohne Essen oder Trinken auskommen und sich ausschließlich vom Licht der Sonne ernähren. Eine schier unglaubliche Kuriosität, an deren Wahrheitsgehalt auch Regisseur Peter-Arthur Straubinger Zweifel hegte. In seinem Dokumentarfilm „Am Anfang war das Licht" nimmt er den Zuschauer mit auf seine Recherche, die ihn bis nach Asien führt und in deren Verlauf er sowohl erklärte Lichtesser, als auch Skeptiker zu Wort kommen lässt. Am Rande thematisiert Straubinger die Frage, warum das nicht erklärbare Phänomen in der westlichen Welt weitgehend unbekannt ist.

    In einem Off-Kommentar zu Beginn erklärt Regisseur Straubinger, dass er in seinem Bekanntenkreis auf einen Mann getroffen sei, der sich angeblich nur von Licht ernährt. Wirklich glauben konnte Straubinger das nicht, zur Seite schieben ließ sich die Faszination dieses Gedankens aber auch nicht. Im Internet fand der Filmemacher zahlreiche Hinweise, Erlebnisberichte und Forenbeiträge, die aber erwartungsgemäß widersprüchlich waren und deren Wahrheitsgehalt kaum überprüft werden konnte. Also sprach er mit Ärzten und Quantenphysikern, indischen Yogis und Lichtessern aus verschiedenen Ländern, und kommt dabei letztlich zu der Erkenntnis, dass eine reine Ernährung durch Licht bei manchen Menschen anscheinend tatsächlich funktionieren kann – wenngleich es dafür keine wissenschaftliche Erklärung gibt.

    Es ist schon sehr kurios, was Peter-Arthur Straubinger in seinem hauptsächlich aus Interviews bestehenden Dokumentarfilm darlegt – und leicht nachprüfen kann der Zuschauer die herausfordernden Erkenntnisse aus „Am Anfang war das Licht" freilich auch nicht. Grund zum Zweifel bietet jedoch der dramaturgische Aufbau des Films: In der ersten Hälfte sprechen vor allem Skeptiker, meist Mediziner, die ausführlich erklären, dass ein Überleben des Menschen ohne Nahrungsaufnahme unmöglich sei. In der zweiten Hälfte sucht Straubinger dann vermehrt praktizierende Lichtesser auf und zeigt eine Reihe wissenschaftlicher Experimente, bei denen Probanden über einen Zeitraum von zwei ernährungslosen Wochen beobachtet wurden, ohne dass gesundheitliche Probleme auftraten. Diesen Aufbau – erst Contra, dann Pro – kennen selbst Schüler aus der Struktur einer Erörterung: Das eigene Anliegen soll man zuletzt darlegen, da es dem Leser so besser im Gedächtnis haften bleibt. Die Art und Weise, in der Straubinger seine Recherchen montiert, kann dem Skeptiker also durchaus verräterisch erscheinen.

    Hinzu kommen einige der Protagonisten, die Straubinger zu wenig kritisch betrachtet. Das beste Beispiel hierfür ist die australische Esoterik-Autorin Ellen „Jasmuheen" Greve, die sich nach eigener Aussage seit 17 Jahren von Licht ernährt und als Erfinderin eines „Lichtnahrungsprozesses" gilt, der den menschlichen Organismus innerhalb von 21 Tagen auf Lichtnahrung umstellen soll. Straubinger verheimlicht zwar nicht, dass im Rahmen dieses Prozesses Menschen verhungert sind, tritt Greve aber allzu unkritisch gegenüber – dabei genügt eigentlich schon ein Blick auf die sektenähnlich aufbereiteten Homepages der Predigerin (www.jasmuheen.com, www.selfempowermentacademy.com.au), um deren Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen. In seiner Doku stellt Straubinger Greve jedoch nicht als die Quacksalberin dar, die sie mit ziemlicher Sicherheit ist, sondern lässt die Frage nach dem Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen weitgehend offen und macht seine Doku somit künstlich mysteriös – ein Bild, in das sich die „Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI"-mäßige Titelmelodie glänzend einreiht.

    Interessant ist das Phänomen der Lichtnahrung dennoch und viele der Interview-Partner machen einen seriöseren Eindruck als Ellen Greve. Obgleich die Aufbereitung der Informationen bisweilen die Objektivität des Regisseurs zweifelhaft erscheinen lässt, kann der Zuschauer das Phänomen am Ende daher nicht völlig abtun. Die Kraft des Geistes, der mit purer Willenskraft körperliche Bedürfnisse unterdrücken kann, könnte ein Schlüssel zur Erklärung der Lichtnahrung sein, was auch die sich aufdrängende Frage nach den vielen Hungertoten der Welt erklärt: Einfach in die Sonne legen reicht nicht, es gehört auch eine mentale Anstrengung dazu. Letztlich liefert Straubinger nur Denkansätze und schlägt bisweilen in unreflektierter Weise Profit aus dem Mystery-Aspekt – deswegen und weil die Interviews zum Ende hin zunehmend redundant werden, ist der Film über das Mysterium Lichtnahrung nur mittelmäßig geworden.

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