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    I Spit on Your Grave
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    I Spit on Your Grave
    Von Asokan Nirmalarajah

    Dass es sich bei Steven R. Monroes Remake „I Spit On Your Grave" um einen jener frauenverachtenden Filme handelt, die Kritiker auch schon im berühmt-berüchtigten Rape-Revenge-Klassiker von 1978 erkannt haben wollen, legt bereits die Wahl des Titels nahe. Statt den feministisch konnotierten Originaltitel „Day Of The Woman" zu verwenden, haben sich die Produzenten der Neuauflage für den reißerischen Titel „I Spit On Your Grave" entschieden, den das Original bei seiner Wiederaufführung 1980 vom Verleih verpasst bekam. Tatsächlich wollte Regisseur Meir Zarchi seine amateurhaft inszenierte Low-Budget-Produktion, in der eine Frau drei Mal von denselben Männern brutal gedemütigt und vergewaltigt wird, woraufhin sie sich nicht minder grausam an ihren Peinigern rächt, damals tatsächlich als ambivalente Auseinandersetzung mit dem Leidensweg und den Rachegelüsten von Vergewaltigungsopfern verstanden wissen. Das Remake ist nun um einiges professioneller inszeniert. Allerdings bringen seine großzügigen Anleihen beim immer noch hoch in der Gunst des Publikums stehenden Torture-Porn-Genre einige fatale Verschiebungen mit sich, durch die das eigentliche Opfer selbst ein Stück weit zur Schuldtragenden wird.

    Auch das Update hält sich weitestgehend an die konventionelle Drei-Akt-Struktur des Rape-Revenge-Genres: 1. Eine Frau wird von einem Männerbund sexuell misshandelt, gequält und dem Tode nahe zurückgelassen. 2. Sie überlebt die Pein und plant einen Gegenschlag. 3. Sie setzt ihren Plan um und bringt alle Schuldigen nacheinander um. Wie die Hauptfigur im Original handelt es sich auch bei der jungen Schriftstellerin Jennifer (Sarah Butler) um eine attraktive, unbekümmerte Städterin, die sich eine Waldhütte anmietet, um dort an ihrem nächsten Roman zu schreiben. Aber schon bald wird sie von vier Hinterwäldlern aufgesucht. Ihr Anführer ist der charismatische Tankstellenwart Johnny (Jeff Branson), der seinem jungen, geistig verwirrten Kumpel Matthew (Chad Lindberg) zum ersten Geschlechtsverkehr verhelfen will. Doch Jennifer kann – und ab hier beginnt sich das Remake stärker vom Original abzusetzen – vor der Gruppe fliehen und wird vom örtlichen Sheriff Storch (Andrew Howard) aufgelesen. Doch damit hat der Albtraum gerade erst begonnen...

    Im originalen „I Spit On Your Grave" sind die Sympathien des Zuschauers noch klar verteilt. Opfer und Identifikationsfigur ist die junge Frau, Täter und Monster sind die gewissenlosen Männer. Die immer spektakulärer und absurder ausfallenden Mordszenen im dritten Akt fungieren nach der Logik des Films dann als kathartische Gewaltexzesse, durch die die Frau einen gewissen Grad an Erlösung erfährt. Darüber hinausgehende moralische Ambiguität oder psychologische Tiefe ist in der Vorlage nicht zu finden. Das Remake bemüht sich nun um realistischere Situationen, glaubwürdiger gestalteten Figuren (inklusive erklärender Monologe) und mehr Ambivalenz in ihrer Charakterisierung.

    Durch diese Veränderungen rückt kurioserweise der Männerbund ins Zentrum. Die eigentliche Gefahr geht nur noch oberflächlich von den ungebildeten, perspektivlosen Provinzlern aus. Schon früh wird um Verständnis für ihre männlichen Minderwertigkeitsgefühle geworben, die sie später zu ihrer Tat verleiten werden. Ihre Frustration richtet sich gegen die privilegierte Fremde, deren unbedachter Umgang mit ihrer körperlichen Attraktivität die Männer extrem irritiert. So erscheint gleich die erste Gewaltszene gegen die Frau wie der Racheakt verletzter Männer, die nur das Ansehen ihrer Kumpels und sonst nichts haben. Dieser Romantisierung des Männerbundes steht eine blasse, von Sarah Butler konturlos verkörperte Frauenfigur gegenüber, die noch bevor einer der Täter seine Kamera auf ihren Hintern richtet, anhand von voyeuristischen Nahaufnahmen als Lustobjekt der Kamera etabliert wird. In der zweiten Hälfte des Films ist sie dann fast gar nicht mehr präsent und taucht überwiegend als unsichtbares Waldmonster auf, das ihre Peiniger terrorisiert. Dabei erinnert ihr Vorgehen an das eines Jigsaw-Lehrlings aus der „Saw"-Reihe. Sie errichtet aufwendige Fallen für die hilflos agierenden Männer, bei einer ihrer Folterkonstruktion scheint sie sogar direkt von Dario ArgentosTerror in der Oper" inspiriert worden zu sein.

    Das Remake nimmt sich also eines verstörenden Rape-Revenge-Films an und arbeitet ihn um zu einem indifferenten Torture-Porn-Streifen. Ein aufgeregter Soundtrack, eine atmosphärische Hochglanzoptik und ausgedehnte Folterszenen richten sich an ein Publikum, das sich von psychischen und physischen Leidenserfahrungen Unterhaltung verspricht. Als kurzweiliger Genrefilm erfüllt der effizient erzählte, kompetent inszenierte Film sicherlich seine Funktion. Aber die subversive Kraft des Originals sucht man da natürlich vergeblich.

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