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    Der Dieb der Worte
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Der Dieb der Worte
    Von Lars-Christian Daniels

    Schriftsteller zu sein ist mitunter kein Zuckerschlecken. Schreibblockaden, kreative Durchhänger, der Druck der Deadlines, die Suche nach marketingtauglichen Erzählstoffen – manchmal wollen die Worte einfach nicht fließen. Auch der junge Autor Rory Jansen, Hauptfigur in Brian Klugmans und Lee Sternthals „Dieb der Worte", hat damit zu kämpfen, dass er zwar schreiberisches Talent, aber kein Gespür für rentable Stoffe mitbringt. Das mit klangvollen Namen besetzte Drama, das beim Filmfestival in Zürich seine Europapremiere feierte und in den USA bereits nach wenigen Tagen seine Produktionskosten von sechs Millionen Dollar wieder einspielte, überzeugt zwar mit starken Darstellern und einer stimmigen Inszenierung, aber die beiden Regisseure und Drehbuchautoren bürden sich eine vermeidbare dramaturgische Last auf: Drei verschiedene Erzählebenen, die Klugman und Sternthal nur in der ersten halben Stunde stimmig miteinander verweben, bremsen „Dieb der Worte" im Mittelteil aus und danach kommt der Film nie wieder richtig in Schwung.

    Rory Jansen (Bradley Cooper) ist ein junger, talentierter Schriftsteller, der noch auf den Durchbruch wartet, weil er keinen Verlag für seinen gesellschaftskritischen Erstlingsroman findet. Obwohl er reichlich Zeit in sein Buch investiert und ihm seine Freundin Dora (Zoe Saldana) nach Kräften den Rücken freihält, muss er seinen Vater (J.K. Simmons) immer wieder um Geld anpumpen. Als Rory und Dora in einem Antiquitätenladen nach ausgefallenen Möbelstücken für die erste gemeinsame Wohnung suchen, entdeckt Dora eine alte Ledertasche, die fortan für Rorys Unterlagen bestimmt sein soll. In einem versteckten Fach findet der Autor eines Tages unverhofft das Manuskript eines Kriegsromans aus den 1940er Jahren. Zur Verzweiflung über seine Erfolglosigkeit kommt die Begeisterung über das unveröffentlichte Werk: Rory beschließt, den fremden Stoff unter eigenem Namen zu veröffentlichen – und ist schon bald der gefragteste Schriftsteller des Landes...

    Brian Klugman und Lee Sternthal führen bei ihrem Hollywooddebüt – dessen Handlung stark an den von Alain Gsponer verfilmten Erfolgsroman „Lila, Lila" erinnert – nicht nur Regie, sondern schrieben auch dreizehn Jahre lang gemeinsam am Drehbuch. Anders als ihre Hauptfigur geraten sie damit also nicht in den Verdacht, heimlich abgeschrieben zu haben, begannen sie ihre Arbeit am Skript doch schon viele Jahre bevor das Buch von Martin Suter die Bestsellerlisten stürmte. Ihre Handlung gliedern sie dabei in drei komplex miteinander verbundene Ebenen: Auf der ersten geht es um Clay Hammond (Dennis Quaid), der seinen Roman „Dieb der Worte" im Rahmen einer Lesung vorstellt und dabei die Bekanntschaft der hübschen Daniella (Olivia Wilde) macht. Die beiden anderen Ebenen sind der Stoff dieses Romans: das Herzstück des Films ist die Geschichte um Rory und Dora, die von Hammond erzählt und regelmäßig durch Lesepausen und Rückblenden unterbrochen wird. In denen wiederum wird auf einer dritten Ebene vom Schicksal und von der Vergangenheit des namenlosen alten Mannes (Jeremy Irons) erzählt, der das Manuskript, das Rory als sein eigenes ausgibt, nach dem Tod seines Kindes verfasste und den jungen Autor nun mit den Plagiatsvorwürfen konfrontiert.

    Der ständige Wechsel zwischen der ersten und zweiten Ebene funktioniert anfangs noch gut: Gekonnt verknüpfen Klugman und Sternthal Hammonds Ausführungen vor der Leserschaft mit der Geschichte von Rory und Dora. Problematisch wird es aber spätestens bei der ersten Begegnung mit dem alten Mann: Nachdem der schwere Schicksalsschlag, den der rechtmäßige Autor des gefeierten Romans nach Kriegsende erleiden musste, zu Beginn des Films nur kurz angedeutet wird, breiten Klugman und Sternthal diesen nun in aller Ausführlichkeit aus. Die eigentliche Antriebsfeder des Films – das Schicksal von Rory und Dora – gerät durch diese viel zu lang geratene Rückblende völlig aus dem Blickfeld. Eine gefühlte halbe Stunde lang sinniert der alte Mann auf einer Bank im New Yorker Central Park vor sich hin und schwelgt in tragischen Erinnerungen, nimmt sich gar noch Zeit für Smalltalk, um Rory dann genüsslich damit zu konfrontieren, dass sich der junge Autor mit Lorbeeren schmückt, die eigentlich ihm zustünden.

    Diese Rückblende in die 40er Jahre ließe sich problemlos auf schnörkellose fünf Minuten straffen und die Zeit auf die Skizzierung der Nebenfiguren der beiden anderen Ebenen verwenden: Daniella beispielsweise bleibt vollkommen profillos, so dass Olivia Wilde („Tron: Legacy", „Cold Blood") verschenkt wird und lediglich schmückender Blickfang ist. Und auch über Dennis Quaids („The Day After Tomorrow", „G.I. Joe") Clay Hammond erfährt der Zuschauer kaum mehr, als dass er guten Rotwein im Keller lagert. Immerhin: Die kriselnde Beziehung zwischen Rory und Dora, die durch das Eingeständnis des Plagiats auf eine harte Belastungsprobe gestellt wird, arbeiten Klugman und Sterntahl ausführlich heraus. In den emotionalen Streitgesprächen glänzt vor allem Zoe Saldana („Avatar", „Colombiana") als gebeutelte Partnerin eines Betrügers, die die gemeinsame Zukunft nach dem Vertrauensbruch in Frage stellt.

    Fazit: Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Diese Frage müssen sich Brian Klugman und Lee Sternthal angesichts ihres überfrachteten Drehbuchs gefallen lassen. Drei Erzählebenen sind mindestens eine zu viel, so dass „Dieb der Worte" trotz klangvoller Besetzung und einem spannenden Auftaktdrittel früh als mittelmäßiges Drama versandet.

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