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    Eyjafjallajökull - Der unaussprechliche Vulkanfilm
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Eyjafjallajökull - Der unaussprechliche Vulkanfilm
    Von Carsten Baumgardt

    Es ist Mitte 2010, das beschaulich-abgelegene Island mischt halb Europa auf. Der Vulkan Eyjafjallajökull sabotiert für Tage und Wochen den Flugverkehr, weil die gigantische Aschewolke des Lavaspuckers aus Sicherheitsgründen nicht durchflogen werden darf. Regisseur Alexandre Coffre („Borderline“) nutzt dieses Szenario nun als Hintergrund für seine Roadmovie-Komödie „Eyjafjallajökull - Der unaussprechliche Vulkanfilm“, ein cleverer Schachzug, denn das spektakuläre Naturereignis, an dem wochenlang niemand vorbeikam, setzt die Handlung in Gang, aber der Vulkan selbst spielt überhaupt keine Rolle. Diesem durchaus originellen Aufhänger lässt Coffre dann aber wenig Erbauliches folgen: Er setzt auf aggressiv-unsympathische Figuren und hetzt dieses Personal, das jeglichen Witz im Keim erstickt, durch eine formelhafte, aberwitzig-alberne Story.

    Einst waren die kesse Tierärztin Valérie (Valérie Bonneton) und der duckmäuserische Fahrlehrer Alain (Dany Boon) verheiratet, doch inzwischen vereint sie nur noch der gegenseitige, abgrundtiefe Hass aufeinander. Für die Hochzeit ihrer Tochter Cécile (Bérangère McNeese) müssen sich die Eltern allerdings zusammenreißen – theoretisch! Die junge Dame Anfang 20 heiratet in Griechenland ihren Freund Stavros (Bartholomew Boutellis). Doch die Hochzeitsgäste haben mit erheblichen Problemen bei der Anreise auf die Insel Korfu zu kämpfen, als der isländische Vulkan Eyjafjallajökull ausbricht und sein Ascheregen den Flug von Paris aus behindert. Die Maschine mit Valérie und Alain an Bord muss in München notlanden, wo das Zoffpaar erst einmal strandet. Alle Züge sind schnell ausgebucht, Alain schafft es aber, den letzten Mietwagen bei der Autovermietung zu ergattern. Im letzten Moment bekommt Valérie dies spitz und kapert den Leihporsche. Unterwegs verschlimmert sich die Stimmung zwischen den Ex-Eheleuten rapide und als es zu Morddrohungen kommt, sucht Alains Onkel Roger (Albert Delpy), der ebenfalls mitfährt, das Weite…

    In den Worten von Alexandre Coffre hatten der Regisseur und seine Co-Drehbuchautoren Yoann Gromb („Der Nächste, bitte!“) und Laurent Zeitoun („Der Auftragslover“) eine „anti-romantische“ Komödie vor dem Hintergrund des Vulkanausbruchs im Sinn, eine Art zeitgenössische Version von „Der Rosenkrieg“ mit einem Hauch von „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“ und mit ähnlichem High-Concept-Touch. Herausgekommen ist bei „Eyjafjallajökull“ jedoch statt einer flotten Genrevariation ein weitgehend lebloser 20-Millionen-Euro-Reißbrettfilm, dessen Vorzüge rein äußerlich sind: Die sommerlich-frischen Cinemascope-Bilder von Kameramann Pierre Cottereau („Die Perlenstickerin“) machen Lust auf Urlaub, doch jede einzelne Szene der episodenhaften von Frankreich über Deutschland, Österreich, Slowenien und Albanien schließlich nach Griechenland führenden Handlung fühlt sich konstruiert an. Es ist immer zu merken, was sich die Autoren dabei wohl gedacht haben und wo das Publikum lachen soll. Das Ganze läuft in der Beziehung ähnlich mechanisch ab wie eine Sketchparade, doch während es bei einer gelungenen Comedyshow jede Menge zu lachen gibt, zünden hier nur sehr wenige von den so absichtsvoll platzierten Gags. Dabei sind die mehr oder weniger missratenen Pointen noch nicht einmal das Hauptproblem, das liegt vielmehr in den alles andere als liebenswerten Figuren, die zu grotesken Karikaturen verkommen.

    Die Schauspieler sind gegen die eindimensionalen und einseitigen Drehbuchvorgaben machtlos und geben sich bald selbst der effekthascherischen Hemmungslosigkeit hin. Bei den Kabbeleien zwischen den verfeindeten Ex-Partnern fragt man sich daher lediglich, wen man unsympathischer finden soll: den von Frankreichs Komödien-Superstar Dany Boon („Willkommen bei den Sch’tis“) verkörperten Alain oder seine Gegenspielerin Valérie. Während Boon den peniblen Super-Spießer spielt, der nie etwas wagt, gibt Valérie Bonneton („Kleine wahre Lügen“) die skrupellose Karrierefrau mit dem exzessiven Männerverschleiß – mehr Klischee geht kaum. Und in ihrer geradezu beängstigenden Fähigkeit zur Boshaftigkeit nehmen sich die beiden nichts. Wer hier allerdings auf satirische Schärfe oder entlarvende Einsichten hofft, wird enttäuscht. Die Geschichte und damit auch die Figuren finden keinerlei Halt in der Realität. Die allermeisten Gags sind nicht nur extrem durchschaubar und vorhersehbar, sondern auch hemmungslos albern und kindisch. Zündende Witze sind dabei absolute Mangelware, das diabolische Aufeinandertreffen des Chaos-Paars mit einem zum Jesus-Freak mutierten Massenmörder namens Ezéchiel (Denis Ménochet) in einem noch freakigeren Jesus-Wohnmobil gehört zu den seltenen Highlights. Auch ein bemitleidenswerter albanischer Adler landet einen kleinen Lacherfolg, das war’s dann aber auch schon in anderthalb Stunden!

    Fazit: Alexandre Coffres „Eyjafjallajökull – Der unaussprechliche Vulkanfilm“ stammt aus derselben Produktionsschmiede wie „Ziemlich beste Freunde“, aber ein neuer Überraschungssuperhit und Publikumsliebling wird die Roadmovie-Komödie garantiert nicht – dazu fehlt es ihr ganz entschieden an Witz und vor allem an Charme.

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