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    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
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    Von Lars-Christian Daniels

    Berlin, 9. November 1989: Die Mauer ist gefallen, Menschen aus Ost- und Westdeutschland feiern ausgelassen auf den Straßen. Die Hauptstadt ist wiedervereint! Emotionale Bilder, die um die Welt gingen und bis heute ihren festen Platz in der deutschen Geschichte einnehmen. Wenn es nach Filmemacher Markus Dietrich geht, sind für den Mauerfall aber nicht etwa die demonstrierende Bevölkerung und die Politik verantwortlich, sondern ein eingeschworenes Erfindertrio aus der brandenburgischen Provinz: In seiner DDR-Komödie „Sputnik“ sorgen drei abenteuerlustige Kinder für reichlich Chaos in der Welt der Erwachsenen, die sich auf der Schwelle zum wiedervereinigten Deutschland noch nicht so recht zwischen SED-Staat und Kapitalismus entscheiden können. Dietrichs Langfilmdebüt punktet mit sympathischen Hauptfiguren und einer erfrischenden Grundidee, fällt aber recht harmlos aus und so ist die Familienkomödie für das junge Publikum von deutlich größerem Unterhaltungswert als für das erwachsene.

    Herbst 1989, wenige Tage vor dem Fall der Berliner Mauer: Im beschaulichen Dörfchen Malkow geht mitten im Herzen der DDR alles seinen sozialistischen Gang. Der linientreue Volkspolizist Mauder (Devid Striesow) hat ein scharfes Auge auf alles, was nicht im Sinne der Partei sein könnte. Doch die zehnjährige Rike (Flora Thiemann) bastelt gemeinsam mit ihren zwei besten Freunden Fabian (Finn Fiebig) und Jonathan (Luca Johannsen) heimlich an einer spektakulären Erfindung: Inspiriert von ihrer Lieblingsfernsehserie „Raumschiff Interspace“ bauen die drei Kosmonauten in spe an einem Teleporter. Damit soll Rikes Onkel Mike (Jacob Matschenz), der sich zum großen Bedauern der Zehnjährigen nach West-Berlin abgesetzt hat, zurück in die brandenburgische Provinz gebeamt werden. Der freundliche Tante-Emma-Laden-Besitzer Herr Karl (Andreas Schmidt) versorgt die drei Jungerfinder mit Baumaterialien. Was die Kinder nicht ahnen: Der argwöhnische Mauder ist ihrem Treiben bereits auf der Spur, und Rikes Eltern Katharina (Yvonne Catterfeld) und Torsten (Maxim Mehmet) spielen selbst mit dem Gedanken, „rüberzumachen“...

    Blond, frech und wahrlich nicht auf den Mund gefallen: Die aufgeweckte Rike ist so etwas wie die frühreife DDR-Variante von Magdalena (Emma Schweiger) aus den Publikumshits „Kokowääh“ und „Kokowääh 2“. Doch während Filmemacher Til Schweiger („Keinohrhasen“) genau weiß, wie er die Zuschauer mit seinem familienkompatiblen Erfolgsrezept in die Kinos lockt, ist der bisher nur durch Kurzfilme in Erscheinung getretene Markus Dietrich bei seinem Debüt noch auf der Suche nach der richtigen Mischung. Seine Gags sind vor allem für junge Zuschauer konzipiert, wenngleich Dietrich zumindest auf müde Slapstick-Einlagen verzichtet. Erst auf der Zielgeraden wird „Sputnik“ auch für das erwachsene Publikum interessant: Die Idee, die sich überschlagenden Ereignisse im Dorf parallel zum dramatischen Showdown in Berlin zu montieren und historische Originalbilder („Nach meiner Kenntnis ist das... sofort!“) in die Handlung einzuflechten, funktioniert richtig gut – mal vorausgesetzt, man lässt sich auf die Prämisse ein, dass drei Dreikäsehochs mit ein paar Glühlampen und reichlich technischem Schnickschnack die Stromversorgung eines ganzen Dorfes lahmlegen, während ihre Eltern sie auf der kollektiven Fahrt nach Berlin daheim ihrem Schicksal überlassen.

    Beim Blick auf die vier Jungschauspieler, zu denen auch Emil von Schönfels in der Rolle als fieser Mitschüler Olli Krischewski zählt, enttäuscht trotz der mangelnden Leinwanderfahrung keiner, wenngleich Rotschopf Luca Johannsen gelegentlich zu dick aufträgt und in einigen Szenen nicht ganz mit seinen gleichaltrigen Kollegen mithalten kann. Hauptdarstellerin Flora Thiemann, die bereits eine Minirolle in Doris Dörries „Glück“ ergattern konnte, ist der Spaß an ihrer kecken Figur vor allem in den Streitgesprächen mit Ritas Erzfeind und heimlichem Verehrer Olli anzumerken, während die erfahrenen Charakterköpfe Devid Striesow („Die Fälscher“, „Transpapa“) und Andreas Schmidt („Sommer vorm Balkon“, „Fleisch ist mein Gemüse“) mit ihren klischeebeladenen Figuren in „Sputnik“ jederzeit unterfordert sind. Die Striesow-Szenen zählen dennoch zu den besseren: Mauders Dauerfehde mit den cleveren Kids, die im Eifer des Gefechts schon einmal das teure Zuchtkaninchen des Dorfpolizisten in die Freiheit entlassen, entschädigt zumindest ein Stück weit für die harm- und einfallslosen Familienszenen mit Yvonne Catterfeld („Das Leben ist zu lang“) und Maxim Mehmet („Männerherzen“), in denen von vorpubertärem Querdenken, ostalgieschwangeren Mittagstischgesprächen, der omnipräsenten Großmutterproblematik und dem langersehnten Traum von der Freiheit so ziemlich alles dabei ist.

    Fazit: Traum vom Beamen statt Traum vom Fliegen – in Markus Dietrichs Familienkomödie „Sputnik“ verändern drei aufgeweckte DDR-Kinder den Lauf der deutschen Geschichte. Das Ergebnis ist ein sympathischer, aber nur bedingt origineller Film, der vor allem auf das junge Publikum abzielt.

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