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    Die Frau im Mond - Erinnerung an die Liebe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Die Frau im Mond - Erinnerung an die Liebe
    Von Christoph Petersen

    In dem Roman „Die Frau im Mond“ von Milena Agus berichtet eine Ich-Erzählerin von ihrer forschen Großmutter, die in einem sardischen Dorf Ende der 1930er ihre Verehrer mit allzu feurigen Liebesgedichten in die Flucht schlägt, weshalb ihre Eltern sie in ein Irrenhaus abschieben wollen… Eine perfekte Vorlage für ein feministisches Drama sollte man meinen, aber Nicole Garcia („Weekend für zwei“) setzt ihre sehr freie und erschreckend emotionslose Leinwandadaption völlig in den Sand. „Die Frau im Mond“ (im Original: „Mal de Pierres“) feierte seine Weltpremiere zwar im prestigeträchtigen Wettbewerb von Cannes, aber die 70-jährige Regisseurin bietet nur generisch-schön anzusehende Arthouse-Konfektionsware für alle, die am Sonntagabend eine etwas ambitioniertere Alternative zum Rosamunde-Pilcher-Film der Woche suchen. Nicht einmal Frankreichs aktuell erfolgreichster Kinostar Marion Cotillard („Inception“) kann da noch etwas retten.

    Ein kleines Städtchen im Süden Frankreichs: Weil sie dem verheirateten Dorflehrer hinterhersteigt, stehen ihre Eltern kurz davor, Gabrielle (Marion Cotillard) in ein Irrenhaus einzuweisen. Aber dann haben sie eine bessere Idee und verheiraten ihre Tochter kurzerhand mit dem tüchtigen spanischen Erntehelfer José (Alex Brendemühl). Der weiß zwar, dass Gabrielle ihn nie lieben wird, aber zumindest erhält er so die Chance auf sein eigenes kleines Bauunternehmen. Einige Zeit später fährt Gabrielle für mehrere Wochen zur Kur in die Schweizer Alpen, um sich dort wegen Nierensteinen behandeln zu lassen. Dort verliebt sie sich in den schwerkranken Indochina-Veteranen André (Louis Garrel)...

    Vom Feuer in Gabrielles Liebesbriefen aus der Vorlage ist in der Verfilmung wenig bis gar nichts übriggeblieben. Stattdessen erstickt Regisseurin Nicole Garcia mit ihrer bieder-gediegenen Inszenierung jedes aufkommende Gefühl direkt im Keim. Provokantere Elemente des Buchs wie die sexuellen Rollenspiele zwischen Gabrielle und José oder ihre Selbstverletzungen werden weichgewaschen oder gleich ganz ausgespart. Selbst zwischen Gabrielle und André sprüht kein einziger glaubhafter Funken - auch weil Oscarpreisträgerin Cotillard (für „La Vie En Rose“) diesmal ungewohnt mechanisch agiert. Die naiv-unbändige Romantik, die ihre Figur in der Romanvorlage auszeichnet und die ihr die übrigen Dorfbewohner als Wahnsinn auslegen, kommt im Film nie rüber - dafür spielt Cotillard einfach zu kontrolliert und ohne den nötigen Mut, sich auch mal fallenzulassen.

    Erst kurz vor Schluss hat die dröge Langeweile endlich ein Ende - stattdessen wird es auf der Zielgeraden noch einmal richtiggehend ärgerlich. Zum sehr freien Umgang mit dem Roman zählt nämlich auch ein hinzugedichteter finaler Twist, der sich für die Aussage des Films als fatal erweist (Spoiler), weil er Gabrielle im Gegensatz zur Vorlage tatsächlich als geistesgestört entlarvt. Haben die Gesellschaft und ihre Familie also doch Recht gehabt, als sie sie ins Irrenhaus stecken wollten, nur weil sie etwas forscher als allgemein geduldet auf Männer zugeht? Ja ne, is klar!

    Fazit: Ein Drama ohne jeden Funken Leben in sich, bei dem mit einer ärgerlichen Wendung kurz vor Schluss auch noch die zugrundeliegende feministische Idee verraten wird.

    Wir haben „Die Frau im Mond“ im Rahmen der 69. Filmfestspiele von Cannes gesehen, wo der Film im Wettbewerb gezeigt wurde.

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