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    Captain Underpants - Der supertolle erste Film
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Captain Underpants - Der supertolle erste Film
    Von Christoph Petersen

    Die Kostüme vieler Comic-Helden sehen ja eh aus, als würden sich Superman und Co. in ihrer Unterwäsche dem Bösen entgegenstellen. Da ist es natürlich nur noch ein kleiner Schritt hin zu einem Superhelden, der tatsächlich in seiner Unterhose gegen eine außer Kontrolle geratene, King-Kong-große Turbo-Toilette ins Feld zieht: Die inzwischen zwölf Bände umfassende Kinderbuchreihe „Captain Underpants“ von Dav Pilkey ist zu gleichen Teilen fäkalhumorfixierte Superhelden-Parodie, vogelwilde Meta-Spielerei und mit satirischen Spitzen garnierte Ode an die Grundschulzeit. Ein abgefahrener Mix, den David Soren in seiner Kinoadaption „Captain Underpants – Der supertolle erste Film“ kongenial auf die große Leinwand bringt: Ohne allzu auffällige Zugeständnisse an ein klassisches Familienfilmpublikum zündet der „Turbo – Kleine Schnecke, großer Traum“-Regisseur ein knallendes Anarcho-Feuerwerk, das kleine Kinogänger schon allein durch sein schieres Tempo gut bei Laune hält, aber wohl vor allem etwas ältere (Nerd-)Zuschauer begeistern wird, die auch die doppelbödigen Popkultur-Anspielungen und subversiven Genre-Kommentare voll erfassen können.

    George (Stimme im Original: Kevin Hart) und Harold (Thomas Middleditch) sind beste Freunde, seit sie als einzige Kinder im Kindergarten laut losprusten mussten, als ihre Erzieherin ihnen etwas über den Planeten „Uranus“ (klingt im Englischen wie „Dein Anus“) erzählen wollte. Seitdem verfassen George als Autor und Harold als Zeichner regelmäßig gemeinsam kurze Comic-Hefte. Am stolzesten sind sie dabei auf ihre Schöpfung Captain Underpants, der wie Superman von seinen Alien-Eltern (mit einem Unterhosen-Katapult) ins All geschossen und anschließend auf der Erde von (Delfin-)Adoptiveltern großgezogen wurde. Als ihr fieser Schulleiter Mr. Krupp (Ed Helms) George und Harold wegen eins Streichs als Strafe in verschiedene Klassen versetzen will, hypnotisiert ihn George mit einem Hypno-Ring aus einer Cornflakes-Schachtel. Fortan verwandelt sich der strenge Direktor augenblicklich in den ebenso strohdummen wie überenthusiastischen Captain Underpants, sobald irgendjemand in seiner Nähe mit den Fingern schnippst…

    Nach dem im Vergleich zum kompletten Film eher straighten Trailer haben wir ehrlich gesagt ein konventionelleres Kinderabenteuer erwartet. Dabei hätte ein Blick auf die Liste der Beteiligten gereicht, um zu erkennen, wo die Reise wohl hingehen wird: Immerhin stammt das Drehbuch von „Nie wieder Sex mit der Ex“-Regisseur Nicholas Stoller, der sein Händchen für mitreißende Meta-Späßchen schon in seinem Skript zum oscarprämierten „Die Muppets“-Reboot hinreichend unter Beweis gestellt hat. Immer wenn man das Gefühl bekommt, dem Film könnte demnächst womöglich doch die Puste ausgehen, zaubert Stoller einen neuen überraschenden Einfall aus dem Hut – so fängt der Abspann schon nach wenigen Minuten das erste Mal an zu rollen und eine Rückblende ist plötzlich nicht wie der Rest des Films computeranimiert, sondern ein Realfilm mit Sockenpuppen. Ganz genau wie ihre Protagonisten George und Harold, die Delfine in ihre Comic-Geschichten einbauen, nur weil sie eben gerade Bock auf Delfine haben, setzen auch die Kinofilm-Macher ihrer umtriebigen Kreativität zum Glück kaum Grenzen.

    Am Schreibtisch von Schuldirektor Krupp hängt eine Plakette mit der Aufschrift: „Hope Dies Here“ („Hier stirbt die Hoffnung“). Und tatsächlich: Wenn die Schüler mit gesenkten Schultern und begleitet von tragischer Klassikmusik in ihre Klassenräume traben, dann erinnert das kurzzeitig sogar an die entsprechenden Szenen aus Fritz Langs Ausbeuter-Dystopie „Metropolis“. „Captain Underpants“ ist auch eine ebenso bissige wie treffende Satire auf das amerikanische Bildungssystem (wobei viele Gags auch eins-zu-eins zu deutschen Schulen passen) – und wenn George und Harold ihre Streiche selbst als letzte Verteidigungslinie gegen das kreativitätszerstörende System bezeichnen, muss man die beiden Grundschul-Guerillas einfach mögen. Das ist genau die Art von sympathischer Anarchie, die wir auch schon in zahlreichen (Nerd-)Serien von „Dexters Labor“ bis „Community“ kennen und lieben gelernt haben. Insgesamt ist „Captain Underpants“ dann zwar doch noch einen Tacken braver als viele der für ein nischigeres Publikum konzipierten TV-Vorbilder – aber das Herz und vor allem die rebellische Ader hat der Film auf jeden Fall am rechten Fleck!

    Fazit: Mit abgefahrenen Ideen vollgestopfter Meta-Spaß für Fans von Anarcho-Animationsserien wie „Dexters Labor“, „Adventure Time“ oder „Rick And Morty“.

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