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    Invisible Sue - Plötzlich unsichtbar
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Invisible Sue - Plötzlich unsichtbar

    Der erste deutsche Superheldinnenfilm

    Von Jörg Brandes

    Die Initiative „Der besondere Kinderfilm“ fördert speziell Kinoprojekte, die nicht auf bekannten Buchvorlagen, sondern auf originären Stoffen basieren. Zuletzt erschien etwa Markus H. Rosenmüllers mild-gruselige Komödie „Unheimlich perfekte Freunde“ unter diesem Banner. Hätte es die Initiative damals schon gegeben, wäre vermutlich auch „Sputnik“ ein potenzieller Förderkandidat gewesen. In seinem Langfilmdebüt von 2013 verbindet Markus Dietrich schließlich sein Interesse an der Raumfahrt mit einer fantasievollen Story über den Fall der Berliner Mauer, konsequent aus Kindersicht erzählt. Mit seinem neuen Werk, in dem er nun seinem Faible für Superhelden-Comics frönt, kam der Regisseur und Autor nun aber tatsächlich in den Genuss von Mitteln aus dem Fördertopf: „Invisible Sue – Plötzlich unsichtbar“ ist allerdings aus mehr als nur einem Grund ein „besonderer Kinderfilm“, so wird er zum Beispiel als der erste deutsche Superheldinnenfilm beworben. Aber wie dem auch sei: „Invisible Sue“ ist jedenfalls nicht nur besonders, sondern auch gelungen. Und das nicht nur, weil die Hauptdarstellerin in ihrer Rolle so hervorragend funktioniert.

    Die zwölfjährige Susanne (Ruby M. Lichtenberg), genannt Sue, ist ein großer Fan der Comic-Heldin SuperMoon. Sie selbst wird jedoch oft übersehen. Nicht bloß von ihren Mitschülern, sondern auch von ihrer vielbeschäftigten Mutter Maria (Victoria Mayer), die für das Unternehmen von Dr. Jonas Drill (Patrick Hastert) an einer Wundheilungssubstanz forscht. Die ehrgeizige Wissenschaftlerin fühlt sich dann auch eher gestört denn geehrt, als ihre Tochter und ihr Mann Christoph (Luc Schiltz) ihr ausgerechnet bei einer Forschungsveranstaltung zum Geburtstag gratulieren wollen. Als sich Sue im Labor ihrer Mutter umsieht, kommt es plötzlich zu einer Explosion. Durch eine Berührung mit dem Serum wird Sue für einen Moment unsichtbar. Diesmal buchstäblich. Offenbar hat die Wundheilungssubstanz eine mutagene Wirkung. Das weckt neue Begehrlichkeiten. Bald darauf wird Maria vor den Augen ihrer Tochter entführt. Mit Hilfe ihrer neu erworbenen Fähigkeit, die sie allmählich zu kontrollieren lernt, macht sich Sue auf die Suche nach ihrer Mutter. Dabei bekommt sie Unterstützung von ihrem neuen Mitschüler Tobi (Lui Eckardt) und Computertüftlerin Kaya alias App (Anna Shirin Habedank) …

    Eben noch Comic-Fan, plötzlich selbst Superheldin: Invisible Sue.

    Erst im Juli lief bei uns „Electric Girl“ von Ziska Riemann in den Kinos an. Darin glaubte eine junge Frau, die eine japanische Anime-Heldin synchronisiert, in ihrem Wahn allerdings nur, dass sie plötzlich selbst außerordentliche Kräfte hätte. Markus Dietrich meint es da mit dem Superhelden-Genre schon ernster – auch wenn er dabei augenzwinkernd vorgeht. So ist die schnelle Abfolge von Comic-Bildern zum Auftakt eine humorige Referenz an den Vorspann von Werken aus dem Marvel Cinematic Universe. Ins Reich des Marvel-Konkurrenten DC Comics wiederum führt eine launige Hommage an Christopher Nolans „Dark Knight“-Trilogie. Das holografische Assistenzsystem von Sues Mutter heißt nicht nur Alfred, also genauso wie Batmans Butler. Es spricht auch mit der deutschen Synchronstimme (Jürgen Thormann!) von Alfred-Darsteller Michael Caine.

    Die Sinnhaftigkeit eines „E.T.“-Zitats erschließt sich indes nicht unbedingt. Und wie bei den Verweisen herrscht hier auch an Handlungstwists ebenfalls kein Mangel. Auch wenn die Story überwiegend vertrauten Pfaden folgt, sollte man sich auf Überraschungen gefasst machen. Wer gehört zu den Guten, wer zu den Bösen? Gerade im – vielleicht etwas zu forcierten – Schlussdrittel werden die Überzeugungen des Zuschauers wiederholt über den Haufen geworfen. Dabei kommt dem Film zugute, dass auch die Erwachsenen-Charaktere nie der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Umso stärker ist es dann nämlich einzuschätzen, wenn Sue & Co. über ihre ernstzunehmenden erwachsenen Widersacher (statt nur über dämliche Knallchargen) triumphieren.

    Mitschüler Tobi und Computertüftlerin Kaya alias App erweisen sich als wichtige Verbündete...

    Was die Effekte angeht, kann der Film natürlich nicht mit Hollywood-Produktionen konkurrieren. Muss er aber auch nicht. Was die Computertrickser hier hinbekommen haben, ist im Rahmen der Handlung völlig überzeugend. Ebenso die Auftritte von Hauptdarstellerin Ruby M. Lichtenberg. Die Newcomerin macht sich echt gut als lernfähige Superheldin, verleiht aber auch dem Coming-of-Age-Anteil der Geschichte Glaubwürdigkeit. Starke Akzente an ihrer Seite vermag auch Anna Shirin Habedank als clevere Kaya zu setzen, während Lui Eckardt als Tobi etwas überengagiert wirkt. Doch das lässt sich verschmerzen.

    Fazit: Ihre Geschichte mag gen Ende etwas hektisch erzählt sein. Dennoch macht Invisible Sue als erste deutsche Superheldin mit eigenem Film eine starke Figur. Vor einer eventuellen Fortsetzung, für die Markus Dietrich das Tor zumindest storytechnisch weit aufstößt, muss es einem jedenfalls ganz und gar nicht grausen.

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