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    Ostwind 4 - Aris Ankunft
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Ostwind 4 - Aris Ankunft

    Geglückte Staffelübergabe

    Von Antje Wessels

    2 x „Wendy“, „Rock My Heart“, 4 x „Bibi & Tina“, „Immenhof" – nachdem das Genre des Pferde-Films lange Zeit ein tristes Dasein auf dem Heimkino-Abstellgleis fristete, drängt es nun mit aller Macht auf die große Leinwand zurück. Den Grundstein für diesen Hype legte Katja von Garnier bereits 2013 mit ihrer Adaption von Lea Schmidbauers Jugendroman „Ostwind“. Auch „Ostwind 2“ und „Ostwind 3 – Aufbruch nach Ora“ inszenierte sie anschließend noch selbst, bevor sie das Regiezepter nun an ihre Kollegin Theresa von Eltz („4 Könige“) weiterreicht: „Ostwind 4 – Aris Ankunft“ ist dabei der erste Teil der Kinoreihe, der von der Chronologie der inzwischen sechsteiligen Romanreihe abweicht.

    Statt dem – vorerst – ausgelassenen vierten Buch „Auf der Suche nach Morgen“ wird hier der fünfte Band verfilmt. Das ist inhaltlich allerdings absolut nachvollziehbar, denn der vierte Kinofilm markiert nicht nur hinter den Kulissen, sondern auch auf der Leinwand eine Art Staffelübergabe: Die Zeit von Mika ist vorbei. Diesmal taucht sie fast ausschließlich als stumme Komapatientin und in wenigen Rückblenden auf. Die neue Heldin ist fortan die schwer erziehbare Ari. Doch die naheliegende Befürchtung, dass sich ja nun einfach nochmal alles wiederholen wird, nur eben mit einer anderen Hauptfigur, bewahrheitet sich zum Glück nicht. Schließlich sind Ari und Mika so unterschiedlich wie Ying und Yang.

    Nur Ari dringt zu Ostwind durch.

    Als Mika (Hanna Binke) ihren mittlerweile in der spanischen Wildnis lebenden Hengst Ostwind in ihrer Heimat besucht, kommt es zu einem dramatischen Zwischenfall, den das Mädchen und ihr Pferd nur schwer verletzt und traumatisiert überleben. Mika liegt fortan im Koma und Ostwind verweigert sein Futter. Da die beiden seelisch miteinander verbunden sind, scheint es aus diesem Zustand kein Entrinnen zu geben: Ostwind frisst nicht, weil Mika nicht aufwacht; und Mika wacht nicht auf, weil Ostwind nicht frisst. Doch dann taucht eines Tages die unberechenbare Ari (Luna Paiano) auf Kaltenbach auf. Mikas beste Freundin Fanny (Amber Bongard) lernt das schwer erziehbare Mädchen bei ihrem Praktikum kennen und bringt sie mit nach Kaltenbach, wo die Pferde plötzlich verrücktspielen. Alle bis auf Ostwind, zu dem sie eine ganz besondere Verbindung aufbaut. Ob ausgerechnet Ari Ostwind wieder zum Fressen bewegen kann?

    Im Zentrum von „Ostwind 4 – Aris Ankunft“ steht – wie der Tital ja schon andeutet – ganz klar Ari. Und obwohl ihre Figur in den bisherigen „Ostwind“-Filmen noch nicht aufgetaucht ist, sorgt das leidenschaftliche, völlig natürliche Spiel der Newcomerin Luna Paiano („Papa Moll und die Entführung des fliegenden Hundes“) sofort dafür, dass man mit der rebellischen Rabaukin auf einer Wellenlänge ist. Hanna Binke fungierte drei Filme lang als Identifikationsfigur für das junge Publikum und schien sich mit jedem Film wohler in Mikas Haut zu fühlen. Und trotzdem macht es absolut Sinn, dass sie sich langsam aus der Reihe verabschiedet. Immerhin wird die Schauspielerin in diesem Jahr 20 und allzu lange würde man ihr das verspielte Pferdemädchen wohl sowieso nicht mehr abnehmen.

    Altes Thema, frische Dynamik

    Doch das behutsame Umschwenken von ihr auf ihre Nachfolgerin ist geglückt –und das liegt vor allem an Paiano, die zu keinem Zeitpunkt versucht, ihre Vorgängerin zu kopieren. Zwar zitiert die zum vierten Mal an einem „Ostwind“-Film beteiligte Drehbuchautorin Lea Schmidbauer einige Szenen aus dem ersten Film, um zu zeigen, dass das Konzept von der ganz besonderen Beziehung zwischen einem menschlichen Wildfang und dem schwarzen Hengst Ostwind immer noch dasselbe ist. Aber in kleinen entscheidenden Nuancen zeigt sich, dass die beiden Mädchen eben doch exakt entgegengesetzt sind – wie Feuer und Wasser. Oder eben wie Schläfer und Krieger, wie es in der mongolischen Volkssage heißt, auf der auch in diesem Teil erneut Bezug genommen wird.

    Mit „Ostwind 4“ kehrt die Reihe zu ihren Ursprüngen zurück. Es ist spannend zu sehen, wie sich die Dynamik trotz bekanntem Thema und einiger fast identischer Szenen (wie etwa Herr Kaans unkonventionelle Reitunterrichtsmethoden) dramatisch verschiebt, nur weil der Charakter der Protagonistin diesmal ein ganz anderer ist. So hätte „Ostwind 4“ zum bislang besten Sequel der Reihe werden können. Aber nun bleibt dieser Titel zumindest vorerst doch noch bei „Ostwind 3“. Denn ganz so, als bräuchte jeder Pferdefilm unbedingt auch noch den Konflikt des sich kurz vor seiner Schließung befindlichen Reiterhofs, geht es auch diesmal nicht ohne diesen ultimativen Klischee-Konflikt des Pferde-Genres. Wenn jetzt wirklich weiterhin gefühlt im Monatstakt neue Reiterhof-Abenteuer ins Kino schwappen, dann muss damit langsam mal Schluss sein.

    Sieht man sofort: Der Typ ist durch und durch böse!

    Zumal der Subplot gerade in „Ostwind 4“ mehr als unnötig ist. Die Szenen, in denen die fiese Isabell (Lili Epply) und der noch fiesere Pferdetrainer Thordur Thorvaldson (Sabin Tambrea) auftreten, fallen nicht nur visuell aus dem Rahmen (weil Thordur ein ganz böser Typ ist, sind die Szenen mit ihm immer um ein Vielfaches dunkler als die anderen). Zudem wirken sie wie mit dem Vorschlaghammer in den Film gepresst und ließen sich auch ersatzlos streichen, ohne dass es Auswirkungen auf den eigentlichen Plot haben würde. Aber immerhin gibt es so mal wieder einige großartige Szenen zwischen der herrlich trockenhumorigen Fanny und dem verpeilten Sam (Marvin Linke), die sich ja schon seit Teil eins als heimliche Stars der „Ostwind“-Reihe etabliert haben – neben dem einmal mehr wunderschön märchenhaft eingefangenen Ostwind natürlich.

    Fazit: Die Staffelübergabe von Mika an ihre Nachfolgerin Ari ist geglückt. Man muss diesen rebellischen Wildfang einfach sofort in sein Herz schließen. Nur der Nebenhandlungsstrang rund um die böse Isabell und ihren überzeichneten Schurkenfreund Thordur wirkt total aufgesetzt.

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