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    Die Geschichte meiner Frau
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Die Geschichte meiner Frau

    Ein Mann, seine Eifersucht und nicht viel mehr

    Von Teresa Vena

    Mit ihrer ungewöhnlichen, leicht befremdlichen und durchaus gewagten Liebesgeschichte „Körper und Seele“, die 2017 auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde, hat der neue Film der ungarischen Regisseurin Ildikó Enyedi nicht mehr viel gemeinsam – außer vielleicht, dass er wieder von der Liebe handelt. Bereits „Körper und Seele“ forderte dem Publikum mit seiner zweistündigen Laufzeit und dem eher gemächlichen Erzählrhythmus einiges an Geduld ab, machte dies aber mit originellen dramaturgischen und formalen Einfällen wieder wett.

    Die Geschichte meiner Frau“ verfällt im Vergleich dazu aber nun fast schon in einen lethargischen Zustand, der zudem auch noch über knapp drei Stunden hinweg andauert. Als Inspiration diente der gleichnamige, 1942 erschienene Roman des ungarischen Schriftstellers Milán Füst. Am Originaltext habe Enyedi, ihrer eigenen Aussage nach, insbesondere dessen Vielschichtigkeit und Humor fasziniert - nur schade, dass sich beides nicht auf den Film übertragen hat. Entstanden ist vielmehr eine blasse Studie über männliche Eifersucht und eine schematische Rekonstruktion der 1920er Jahre in Europa, die vermutlich auch wegen der Beteiligung von vier Produktionsländern (Ungarn, Deutschland, Italien, Frankreich) zu viele Kompromisse eingeht.

    Jakob Störr (Gijs Naber) wird immer mehr von seiner Eifersucht zerfressen...

    Jakob Störr (Gijs Naber) ist Kapitän auf Handelsschiffen. In eine tiefe Melancholie versunken, bekommt er den Rat, doch einfach zu heiraten – und so lässt er sich auf den Vorschlag ein, die nächste Frau zu heiraten, die ins Café kommt. Auf diese Weise lernt Jakob die attraktive Lizzy (Léa Seydoux) kennen, die sich nicht lange bitten lässt. Weil Lizzy Französin ist, verlegen die beiden ihren Lebensmittelpunkt nach Paris, wobei Jakob immer wieder monatelang beruflich unterwegs ist. Anders als erwartet ist es jedoch nicht Lizzy, die an den wiederholten langen Trennungsphasen leidet, sondern Jakob selbst.

    Anfänglich ist dem stoischen Niederländer kaum eine Gefühlsregung anzumerken, doch dann wird er bei seinen kurzen Aufenthalten zu Hause immer mehr von Eifersucht ergriffen, als er sieht, wie sich Lizzy unabhängig von ihm in ihrem großen Bekanntenkreis bewegt. Insbesondere die Nähe zu Dedin (Louis Garrel), einem intellektuellen, ehemals wohlhabenden Franzosen, wird Jakob ein Dorn im Auge. Um die beiden zu trennen, entscheidet er sich, mit seiner Frau umzuziehen. Die neue Stelle an Land im Hamburger Hafen erfüllt ihn jedoch beruflich nicht und belastet das Paar finanziell…

    Von Kulissen und Marionetten

    „Die Geschichte meiner Frau“ ist geradezu ein Paradebeispiel für eine missglückte Literaturverfilmung. Gerade innere Monologe und Erfahrungsberichte laufen große Gefahr, trocken, fantasielos und langwierig zu werden, wenn sie auf die große Leinwand gehievt werden. Um dem entgegenzuwirken, hätte die monotone Erzählstimme der Hauptfigur als Kontrast eine dichtere Inszenierung der äußeren Geschehnisse erfordert. Durch die Wiederholung immer ähnlicher Motive und dem verlangsamten Rhythmus maximiert die Regisseurin sicherlich das Ohnmachtsgefühl larmoyanten und hilflosen Mannes, dessen Ehe einem Teufelskreis gleicht – zugleich wirken der Film und seine Liebesgeschichte so aber auch ebenso leblos wie uninspiriert.

    Sowohl inhaltlich wie formal bietet der Film kaum interessante Entwicklungen. Stattdessen geht Enyedi, vielleicht auch aus übermäßigem Respekt vor der geschätzten Vorlage, äußerst konventionell vor, indem sie beispielsweise Szene um Szene auserzählt und großes Augenmerk auf eine opulente Ausstattung legt, die die Zeitepoche zwar evoziert, aber eher klischiert und damit steif wiedergibt. Eine ähnliche Steifheit legt sich auch über das Spiel und Zusammenspiel des recht umfangreichen Schauspielerensembles. Dazu trägt sicherlich auch die Nutzung des Englischen als Kompromisssprache bei. Hier hat der Regisseurin der Mut gefehlt, dem Publikum ruhig etwas mehr zuzumuten und die europäische Vielfalt auch sprachlich wiederzugeben. Auf ähnliche Weise weiß sie die unterschiedlichen Schauplätze nicht für einen kulturellen Mehrwert zu nutzen, weswegen sie zur schlichten Kulisse herabsinken, in der die Figuren nur noch mehr wie Marionetten wirken.

    "Die Geschichte meiner Frau" wurde in verschiedenen europäischen Ländern gedreht - u.a. auch in Hamburg...

    Dem Film fehlt es definitiv an Leichtigkeit und Ironie, die sich nur in einzelnen Figuren wie etwa der des schrulligen Hamburger Vermieters (Josef Hader) zeigt, dort jedoch derart isoliert ist, dass sie zu gewollt erscheint. Statt sich komplett auf das wenig inspirierende Innenleben des Schiffskapitäns zu konzentrieren, hätte man einen Schritt zurücktreten und den Plot mit einem etwas breiteren, womöglich sogar gesellschaftlichen Fokus behandeln sollen – gerade in Bezug auf die Geschlechterrollen der damaligen Zeit steckt da nämlich doch einiges drin: Jakob hat das damals übliche Bild der devoten Ehefrau im Kopf, bevor er Lizzy kennenlernt – und ist dann doch gerade wegen ihrer Unabhängigkeit und ihres frechen Auftretens von ihr fasziniert. Aber selbst das ändert nichts daran, dass er schließlich doch vor allem Treue und Ergebenheit von ihr erwartet…

    Fazit: Durch den neuen Film von Ildikó Enyedi quält man sich drei Stunden lang regelrecht hindurch, während das Innenleben eines schweigsamen und darüber hinaus auch wenig interessanten Mannes verhandelt wird. Vor der Kulisse der 1920er Jahre erzählt „Die Geschichte meiner Frau“ eine banale Geschichte von Liebe und Eifersucht mit einem vielversprechenden europäischen Ensemble, aus dem am Ende aber kein Darsteller und keine Darstellerin so richtig zur Geltung kommt.

    Wir haben „Die Geschichte meiner Frau“ auf dem Filmfestival in Cannes gesehen, wo er als Teil des offiziellen Wettbewerbs gezeigt wurde.

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