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    Spiral - Das Ritual
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Spiral - Das Ritual

    Gut gemeinter "Get Out"-Klon

    Von Thorsten Hanisch

    Bei Filmen wie „Spiral – Das Ritual“ gerät man als Filmkritiker immer ein wenig in einen Zwiespalt: Es ist natürlich toll, dass ein Horrorfilm ein schwules Paar in den Mittelpunkt stellt und die (gelegentlich etwas überbetonte) LGBTQ-Agenda dieser kanadischen Low-Budget-Produktion wirkt tatsächlich ehrlich und aufrichtig. Dazu wissen auch auch die charismatischen Hauptdarsteller – allen voran Jeffrey Bowyer-Chapman aus den Serien „Unreal“ und „American Horror Story: Apocalpse“ – zu überzeugen.

    Man will Kurtis David Harders „Spiral“ so eigentlich gerne mit Inbrunst weiterempfehlen, kommt aber nicht um die Erkenntnis rum, dass es sich in der Summe um einen zwar gut gemeinten, aber dennoch mittelmäßigen Abklatsch deutlich besserer Filme handelt: Harders dritte Regie-Arbeit orientiert sich dabei überwiegend an Jordan Peeles „Get Out“ und mischt im letzten Drittel dann noch einen ordentlichen Schuss von Ari Asters „Hereditary“ bei.

    Die Nachbarschaft wirkt zu Beginn so freundlich...

    Erzählt wird von Malik (Jeffrey Bowyer-Chapman) und Aaron (Ari Cohen), die mit ihrer gemeinsamen Tochter, der 16-jährigen Kayla (June Laporte), in eine Kleinstadt ziehen und fortan ein ruhigeres Leben führen wollen. Beide haben in ihrem Leben aufgrund ihrer sexuellen Orientierung schon viel Ablehnung erfahren müssen, Malik leidet immer noch an einer posttraumatischen Störung, da er in seiner Jugend mitansehen musste, wie eine Gruppe homophober Männer seinen Freund totprügelten.

    Der Start in der idyllischen Stadt verläuft prima – die Nachbarschaft ist nett, niemand scheint sich dran zu stören, dass die neue Familie aus zwei Männern und einem Mädchen besteht. Doch häufen sich schon bald mysteriöse Vorfälle und Malik muss realisieren, dass hinter der freundlichen Oberfläche der übrigen Bewohner*innen ein tiefer Abgrund lauert….

    Das große Vorbild heißt "Get Out"

    2017 veröffentlichte Schauspieler, Komiker und Drehbuchautor Jordan Peele sein Regie-Debüt „Get Out“ und landete einen oscargekrönten Superhit, der von einem jungen Schwarzen (Daniel Kaluuya) handelt, der mit seiner weißen Freundin (Allison Williams) deren Eltern besucht und auf eine auf den ersten Blick freundliche und aufgeschlossene Gemeinschaft stößt, die allerdings nach und nach ihre Schattenseiten offenbart.

    Peele mischt geschickt klassischen Horror mit einer gesellschaftspolitischen Ebene (Alltagsrassismus) fasst diese aber nicht allzu eng, sondern schlachtet sie auch für Ängste allgemeiner Natur aus – das Gefühl, irgendwo falsch zu sein, dürfte wohl keinem unbekannt sein. Sprich: Der Film funktioniert auf mehreren Ebenen und das macht ihn auch anschlussfähig für Zuschauer, die einen Horrorfilm normalerweise nicht mit der Kneifzange anfassen würden.

    Bald ist aber Angst angesagt.

    „Spiral“ ist weitaus weniger elegant gestrickt. Während „Get Out“ sich viel Zeit lässt, seiner Hauptfigur und damit auch dem Zuschauer den Boden unter den Füßen wegzuziehen, geht hier alles zackig vonstatten. Das frühwinterlich-frostige Kleinstadt-Idyll ist so wenig einladend, die Nachbarin so überfreundlich, dass man sich kaum wundert, dass Malik schon nach kurzer Zeit eine in blutroten Lettern an die Wohnzimmerwand gepinselte Schwulenfeindlichkeit wegwischen muss. Und nur wenige Minuten später wird entdeckt, dass im Nachbarhaus seltsamen Rituale abgehalten werden und da ist erst ein Drittel der Laufzeit vorbei.

    Harders Film ist gradliniger, temporeicher Routine-Horror mit donnernden Jump-Scares und zwei Figuren im Mittelpunkt, die – und das ist gut so - nicht durch ihr Schwulsein definiert werden, sondern halt einfach zufällig schwul sind. Aber „Spiral“ ist auch null originell. Dank hohem Tempo und einer überzeugenden Besetzung ist das Geschehen trotzdem unterhaltsam, aber Harder will einfach immer mehr. So haut er uns mit ein paar bleiernen Dialogen darüber, dass man sein Leben möglichst laut und stolz leben sollte oder die Stadt und das Land nicht sicher für aus der Masse hervorstechende Leute sind, seine Anliegen um die Ohren. Diese Ebene fügt sich nicht organisch ein. Sie ist aufgesetzt und an diesen –zum Glück wenigen - Stellen knickt der Geschehen dann auch jedes Mal total ein. Es wäre womöglich die bessere Idee und der Sache sogar weitaus dienlicher gewesen, die Sexualität der Hauptfiguren nur mitzuerzählen. Gerade weil die intoleranten Kleinstädter hier keine degenerierten Hinterwäldler sind, wäre die Botschaft auch so glasklar gewesen.

    Fazit: „Spiral – Das Ritual” ist ein geradliniger, temporeicher und gut gespielter Routine-Horror, der sich aber so stark an besseren Vorbildern orientiert, dass die mangelnde Originalität wie auch die eigentlich positive, aber überbetonte Botschaft zu deutlich heraussticht.

     

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