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    Your Place Or Mine
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Your Place Or Mine

    Nicht nur auf dem Roten Teppich gibt es ein Problem mit der Chemie

    Von Christoph Petersen

    Die Weltpremiere des Netflix-Originals „Your Place Or Mine“ hat vor allem deshalb für Schlagzeilen gesorgt, weil die Stars Reese Witherspoon und Ashton Kutcher beim Posieren auf dem Roten Teppich ungewöhnlich viel Abstand gehalten haben. Ihr Auftritt wurde daraufhin sogar von Kutchers Ehefrau Mila Kunis in einer neckischen E-Mail als „unbeholfen“ bezeichnet. Dabei war die Pose exakt so geplant – schließlich spiegelt sie den Plot des Films wider, in dem ihre Figuren sich zwar heimlich lieben, aber an den verschiedenen Küsten der USA Tausende Kilometer voneinander entfernt ihre kleinen (romantischen) Abenteuer erleben.

    Und trotzdem: In der romantischen Komödie selbst stimmt die Chemie zwischen der Oscar-Gewinnerin („Walk The Line“) und der Sitcom-Legende („Die wilden Siebziger“) ebenfalls nicht – weder ihre Freundschaft noch ihre Liebe nimmt man den beiden so recht ab. Dazu ist der Film auch einfach nicht lustig. Für die Lacher sollen hier vor allem die Nebenfiguren sorgen, die allerdings eher angestrengt als unterhaltsam auf skurril getrimmt sind. Und dann gibt es da auch noch einen eher verzweifelt wirkenden Running Gag, der sich ganz um die Evolution eines Rollkoffers dreht: Statt zwei haben die meisten Koffer inzwischen nämlich vier freischwingende Rollen, weshalb sich diese sogenannten Spinner viel leichter hinter sich herziehen lassen.

    Zumindest zu Beginn sehen wir Ashton Kutcher und Reese Witherspoon öfter gemeinsam auf dem Bildschirm – aber ihr angebliche Liebe nimmt man ihnen trotzdem nicht ab.

    Debbie (Reese Witherspoon) lebt mit ihrem Sohn Jack (Wesley Kimmel), den sie überfürsorglich vor allem und jedem beschützt, in Los Angeles. Aktuell steht eine einwöchige Reise nach New York an, um dort die Abschlussprüfung für ihren College-Kurs zu absolvieren. Zugleich kann Debbie so den millionenschweren Marketing-Guru Peter (Ashton Kutcher) endlich mal wieder persönlich treffen: Die beiden hatten vor vielen Jahren mal einen One-Night-Stand, sind danach aber nur beste Freunde geworden, als Peter vor den dauernden Erdbeben aus Kalifornien an die Ostküste geflüchtet ist.

    Doch dann die Katastrophe: Babysitterin Scarlet (Rachel Bloom) bekommt eine Ein-Satz-Sprechrolle in einem Film – und muss deshalb sofort nach Kanada abreisen. Debbie will ihren Trip schon absagen, als Peter ihr spontan anbietet, selbst nach L.A. zu reisen und für die Zeit auf Jack aufzupassen. Gesagt getan: Nun finden sich die besten Freunde, die insgeheim wohl noch mehr füreinander empfinden, als sie es sich eingestehen wollen, erneut an unterschiedlichen Küsten wieder – nur eben jeweils in der Wohnung des anderen, was beiden noch einmal eine ganz neue Perspektive auf sich selbst und ihre Gefühle eröffnet…

    Klischee-Figuren ohne Kniff

    Peter ist dermaßen bindungsunwillig, dass nicht nur jede Beziehung zu einer Frau nach spätestens sechs Monaten auseinandergeht, sondern auch seine Geschäftsbeziehungen auf maximal ein halbes Jahr ausgelegt sind. Seine Partner fangen dann sogar an zu weinen, wenn er sie tatsächlich verlässt, weil er einfach so ein geiler Typ ist, der zudem auch noch einen Jahrhundertroman geschrieben und das Manuskript unter seinem Bett versteckt hat. Weil ein Protagonist aber auch seine Ecken und Kanten braucht, ist zwischendrin ein paar Mal von zwei Aufenthalten in Entzugsklinken die Rede. Das ist freilich ähnlich glaubhaft wie der superkünstliche Green-Screen-Ausblick auf seiner New Yorker Luxusbude, die dermaßen unpersönlich eingerichtet ist, dass selbst der Besteckkasten noch in Plastik eingewickelt in der Küchenschublade steht.

    Debbie wiederum ist in Los Angeles die Helikoptermutter, die ihrem Sohn allerlei Allergien einredet und ihm das Hockeytraining nicht zutraut – und in New York die angehende Power-Lektorin, die den superattraktiven und superverständnisvollen Verleger Theo (Jesse Williams) mit klassischen literarischen Zitaten um den Finger wickelt. Reese Witherspoon und Ashton Kutcher spielen ihre Klischee-Rollen dabei ohne jedes Augenzwinkern geradlinig herunter – es gibt kaum Gags und noch weniger echte Emotionen, schon gar nicht zwischen den beiden. Das liegt auch daran, dass die extrem erfolgreiche RomCom-Autorin Aline Brosh McKenna („Der Teufel trägt Prada“) in ihrem Spielfilm-Regiedebüt die Splitscreen-Spielereien, mit denen sie die Stars trotz der räumlichen Distanz anfangs noch zusammen zeigt, anschließend schnell wieder links liegen lässt.

    Steve Zahn soll mit seinen skurrilen Gastauftritten für den nötigen Humor sorgen – erntet aber stattdessen vor allem Kopfschütteln.

    Während Peter die Probleme von Jack, der in seiner Klasse keine Freunde findet, vor allem mit haufenweise Geld und noch mehr Marketing-Floskeln zu regeln versucht, was vom Film merkwürdigerweise kaum kritisch hinterfragt wird, landet die Humorlast vor allem bei den Nebenfiguren, die immer mal wieder eher unmotiviert vorbeischauen: Während Tig Notaro („Army Of The Dead“) als dauerkaffeetrinkende Mutter eines Mitschülers mit ihren staubtrockenen Anti-Onelinern zumindest noch den einen oder anderen Schmunzler beisteuert, erweist sich Steve Zahn („Rescue Dawn“) als humortechnischer Totalausfall: Sein frühverrenteter Tech-Millionär, der zur Entspannung ständig Debbies Garten pflegt, während er im selben Moment seinen eigenen von einem Gärtner bestellen lässt, ist neben den Rollkoffern der offensichtlichste Ausdruck davon, wie hier verzweifelt versucht wurde, noch irgendwie die eine oder andere Pointe unterzubekommen.

    Fazit: So gut wie nichts an diesem Film fühlt sich echt an, am allerwenigsten die Gefühle zwischen Debbie und Peter.

     

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