Bella Roma - Liebe auf Italienisch
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
2,5
durchschnittlich
Bella Roma - Liebe auf Italienisch

Nicht direkt al dente, aber wenigstens con vino

Von Gaby Sikorski

Der schönste und liebenswerteste aller Filme, die in Rom spielen, und nebenbei die Großmutter aller modernen romantischen Komödien, dürfte immer noch „Ein Herz und eine Krone“ sein – die Geschichte einer Prinzessin, die für 24 Stunden ihrem gestrengen Hofzeremoniell entkommt und gemeinsam mit einem Zeitungsreporter Rom und die Liebe entdeckt. Am Ende steht ein beiderseitiger Verzicht: Die Prinzessin entsagt ihrer Liebe aus Pflichtbewusstsein, und der Reporter verzichtet auf die Veröffentlichung seiner sensationellen Geschichte.

Als Prinzessin wurde Audrey Hepburn in ihrer ersten großen Filmrolle mit einem Schlag berühmt und gleich mit dem Oscar als Beste Hauptdarstellerin belohnt. An ihrer Seite verkörpert Gregory Peck den Reporter, nachdem Cary Grant abgelehnt hatte. Doch die dritte Hauptrolle spielte die Stadt Rom selbst – der Film wurde an Originalschauplätzen gedreht, was damals (1953) noch sehr ungewöhnlich war, aber letztlich einen großen Teil der Faszination des Films ausmacht.

Es fehlt an römischer Leichtigkeit

Nun wäre es wünschenswert gewesen, wenn sich dies auch über die ebenfalls größtenteils in Rom spielende Beziehungs-Dramödie „Bella Roma – Liebe auf Italienisch“ sagen ließe. Doch der Film von Niclas Bendixen („Families Like Ours – Nur mit Euch“) zitiert zwar einigermaßen unverfroren jede Menge Motive aus dem großen Vorbild – von der Fahrt mit der Vespa über die berühmte „Bocca della verità“ (den „Mund der Wahrheit“) bis zur Engelsburg im Hintergrund.

Doch was die Story sowie die allgemeine Atmosphäre angeht, kann es der dänische Film leider nicht mit William Wylers souveräner inszenatorischer Leichtigkeit aufnehmen. Das liegt vielleicht am skandinavischen Background der Geschichte. Wobei Lars von Trier und dänische Dogma-Vergangenheit hier ihre teils gar nicht mal so uninteressanten Spuren hinterlassen haben – denn speziell die Handkamera von Manuel Alberto Claro ist exquisit. Das größte Problem ist allerdings das Drehbuch, das erst in den letzten 30 Minuten so richtig in Fahr kommt, doch dann ist es beinahe schon beinahe zu spät.

Gerda (Bodil Jørgensen) liebt Rom, seit sie vor vielen Jahren Kunst studiert hat. 24 Bilder
Gerda (Bodil Jørgensen) liebt Rom, seit sie vor vielen Jahren Kunst studiert hat.

Zu Beginn wird in freundlicher Betulichkeit eine vorhersehbare Geschichte erzählt: Ein älteres Ehepaar ist gerade in Rom gelandet, der Urlaub ist ein Geschenk der Tochter zum 40. Hochzeitstag. Kristoffer (Kristian Halken) vermisst seinen Koffer, ohnehin hasst er das Fliegen. Aber Gerda (Bodil Jørgensen) hört ihm gar nicht zu, sondern blickt lächelnd und sehnsüchtig hinaus aufs wimmelnde Großstadtleben. Die Fronten sind schnell geklärt: Kristoffer ist ein Langweiler, der am liebsten über seine diversen Zipperlein spricht, vor allem die Verdauung! Gerda hingegen ist seine abenteuerlustige Frau, die einst in Rom Kunst studiert hat und immer noch fließend Italienisch spricht. Die Kluft zwischen ihnen wird immer tiefer, denn Kristoffer erweist sich als ungehobelter, kulturloser Banausentourist – und weil er schon eingeschlafen ist, läuft Gerda eben allein los.

Spätestens als Gerda ihren ehemaligen Lehrer Johannes (Rolf Lassgârd) wiedertrifft, wird Kristoffer klar, dass sich seine Frau aus ihrer römischen Zeit einige Geheimnisse bewahrt hat. Das gilt nicht nur für ihr künstlerisches Schaffen, sondern vor allem für ihre Beziehung zu dem schwedischen Kunstprofessor, der das genaue Gegenteil von Kristoffer zu sein scheint: ein kultivierter Gentleman, der mit einem pfiffigen Augenzwinkern Opern als die beste Musik zum Liebemachen bezeichnet. Zunächst verkumpeln sich die beiden Männer allerdings, wobei der Rotwein als Bindemittel gute Dienste leistet. Doch als Gerda mit Johannes tanzt, kapiert sogar Kristoffer, dass die beiden mehr verbindet als eine flüchtige Bekanntschaft zwischen Studentin und Kunstlehrer. So nimmt das Drama seinen Lauf, doch die Komödie läuft da bereits ein bisschen hinterher…

Viel zu viel Vorgeschichte

Die Geschichte ist ebenso klar wie üblich, prinzipiell also erstmal nichts Neues: Die ehemals begabte, lebenslustige Künstlerin Gerda hat sich seinerzeit für die sichere Seite des Lebens entschieden. Anstelle des Weiberhelden Johannes wählte sie den braven Postboten Kristoffer, und sie wurde Verlagssekretärin statt Malerin. Aus der geplanten romantischen Romreise zu zweit wird nach so vielen Jahren ungewollt eine Abrechnung mit der Vergangenheit inklusive Enthüllung diverser Beziehungsgeheimnisse – ein Großreinemachen für alle Beteiligten mit möglichen fatalen Folgen. „Wer zum Henker treibt es am Hochzeitstag mit einem anderen?“, brüllt Kristoffer zutiefst verletzt. „Und dann auch noch mit einem Schweden!“

Damit wird das erfreuliche letzte Drittel des Films eingeleitet. Diese unverhofft temperamentvolle Entwicklung nach einer gefühlt 60-minütigen Einleitung ist eine hübsche Idee, die allerdings darunter leiden könnte, dass möglicherweise schon einige im Publikum eingeschlafen oder gegangen sind, bevor es endlich interessant wird. Das geschieht dann aber tatsächlich einigermaßen unerwartet, denn der leicht tölpelhafte Kristoffer begreift tatsächlich, dass er um die Liebe seiner Frau kämpfen muss, wenn er sie halten will. Dabei helfen ihm nicht nur mehrere Tankladungen Grappa und Rotwein, sondern auch einige Einheimische, darunter ein verkleideter römischer Zenturio, der vor dem Pantheon für Touristen posiert und sich als wahrer Philosoph entpuppt.

Kristoffer (Kristian Halken) braucht viel zu lange, bis er kapiert, dass er um seine Frau kämpfen muss. 24 Bilder
Kristoffer (Kristian Halken) braucht viel zu lange, bis er kapiert, dass er um seine Frau kämpfen muss.

Jetzt stimmt endlich die Atmosphäre: Die Handlung bekommt immer mehr Tempo, Schwung und Drive, und das Lokalkolorit passt auch immer besser. Kristoffer wird zwar nicht zum Maniac, aber immerhin rappelt er sich so zusammen, dass er als 70-jährige dänische Version von Dustin Hoffmans Benjamin in „Die Reifeprüfung“ durchgehen könnte, wenn er über die Lautsprecheranlage des römischen Hauptbahnhofs Stazione Termini „Gerda!“ brüllt. Und Kristoffers schrecklicher Fauxpas in der Fontana di Trevi wird zu einem wirklich komischen Running Gag.

Die Hauptrollen sind dabei gut besetzt: Bodil Jørgensen („Idioten“) spielt Gerda als ältere Dame mit viel liebenswerter Sehnsucht und ohne falsche Emotionen. Kristian Halken („The Angel Maker“) macht aus Kristoffer einen ollen Zausel, der vielleicht zum ersten Mal im Leben Eigeninitiative entwickelt – eine schöne Rolle: vom Langeweiler zum Kämpfer. Und der routinierte Rolf Lassgârd („Ein Mann namens Ove“) spielt den kunstsinnigen Johannes als Wanderer zwischen den Welten: einer, der sich für die Lebenslust statt für den Altersfrust entschieden hat. Nicht die schlechteste Idee, wenn man in Rom lebt.

Fazit: Leider viel zu spät entwickelt die Beziehungskomödie ihre Qualitäten. Bis dahin dominieren vorhersehbare Entwicklungen. Verantwortlich für die Spätzündung sind allerdings weder die sehr guten schauspielerischen Leistungen noch die durchaus inspirierte Kameraarbeit, sondern ein unentschlossenes Drehbuch, das sich viel zu lange mit Vorgeplänkel und Erklärungen aufhält.

Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
Das könnte dich auch interessieren