Die Kombination aus Latzhose und Heugabel dürfte letztes Jahr eines der beliebtesten Halloween-Kostüme gewesen sein: Mit den Filmen „X“ und „Pearl“ schuf Ti West in kürzester Zeit zwei eindrucksvolle Genre-Beiträge, dessen beide von Mia Goth gespielte Hauptfiguren jetzt schon ikonisch geworden sind. Die lose miteinander verknüpften Werke schlagen einen weiten Bogen von den letzten Tagen des Ersten Weltkriegs zur amerikanischen Pornoindustrie der späten 70er-Jahre, belehnen gleichermaßen die Technicolor-Melodramen Hollywoods wie die Ästhetik von Slasherfilmen. Mit „MaXXXine“ beendet West die Trilogie nun mit einer wundervoll schäbigen und dunklen Vision der 80er, wie man sie in anderen Arbeiten über die Zeit längst nicht mehr zu sehen bekommt.
FILMSTARTS-Autor Kamil Moll hatte die Gelegenheit, den Filmemacher in Berlin zu einem Interview zu treffen und mit ihm über satanistische Gesellschaftspanik, VHS-Ästhetik und ein mögliches Sequel zu sprechen. Doch zuerst wollten wir von dem Regisseur ein paar Gedanken zur Pornofilmindustrie der 80er-Jahre hören und der Frage nachgehen, warum es so eine enge Verbindung zwischen Erotik- und Horrorfilmen gibt.
FILMSTARTS: Ein halbes Jahrzehnt nach den Ereignissen in „X“ sehen wir zu Beginn des Films, wie Maxine Minx, die inzwischen eine bekannte Pornodarstellerin ist, an einem Film-Casting teilnimmt, weil sie sich im Mainstream-Film einen Namen machen möchte. In den frühen 80er-Jahren gab es tatsächlich viele Schauspielerinnen aus dem sogenannten Golden Age of Porn, die versuchten, nach Hollywood zu wechseln. Aber am Ende ist es keiner von ihnen wirklich gelungen. Das bekannteste Beispiel ist wahrscheinlich Annette Haven, die ursprünglich die Hauptrolle in Brian De Palmas „Body Double“ spielen sollte, aber aufgrund von Produzentendruck durch Melanie Griffith ersetzt wurde. Wie sehr haben diese Biografien und Versuche dein Drehbuch beeinflusst?
Ti West: Horror und Pornografie hatten schon immer diese symbiotische Beziehung, da sie die am meisten verachteten Genres sind. Und Horror ist nur etwas angesehener als Pornos, besonders damals. In den 70er-Jahren waren das beides Genres, in denen man unabhängig Filme machen und vertreiben konnte. Und man konnte Teil des Filmgeschäfts sein, ohne mit Hollywood zu tun zu haben oder irgendetwas zu tun, was für anständig und respektabel gehalten wurde. Aber man konnte immer noch in gewisser Weise ein Teil davon sein und Filme machen. Ich glaube, das war für viele Leute sehr ermutigend.
Manchmal stößt man jedoch an Grenzen, wie weit man in diesem Geschäft wirklich kommen kann. Für Maxine ist diese Grenze im Erwachsenenfilmgeschäft erreicht, und sie möchte in echte Filme einsteigen, weil sie glaubt, dass sie das Talent dazu hat. Aber es gibt diese Art von Stigmatisierung, die sie nicht wirklich überwinden kann. Das war etwas, unter dem viele zu der Zeit gelitten haben. Die Horrorbranche haben sie wahrscheinlich als eine Möglichkeit gesehen, um hineinzugelangen. Aber sobald man im Horrorfilm angekommen ist und versucht, von dort aus weiterzukommen, ist es sehr schwierig, von der Öffentlichkeit oder der Industrie ernst genommen zu werden. Das ist sicherlich etwas, womit Maxine zu kämpfen hat. Ich hatte immer das Gefühl, dass der Kern ihres Charakters diese Entschlossenheit ist, sich davon nicht aufhalten zu lassen.
FILMSTARTS: „MaXXXine“ beginnt mit einem Zitat von Bette Davis: „In diesem Geschäft bist du erst dann ein Star, wenn du als Monster bekannt bist.“ Und der Film endet mit „Bette Davis Eyes“ von Kim Carnes, einem der am häufigsten zitierten und bekannten Lieder der frühen 80er-Jahre. Welche Bedeutung hat Bette Davis für dich als Hollywood-Ikone und warum hast du sie als wiederkehrenden Bezugspunkt für deinen neuen Film gewählt?
Ti West: Ich habe immer das Gefühl, dass man dem Publikum zu Beginn eines Films beibringen muss, wie es den Film sehen soll. Man muss die Zuschauer auf einen bestimmten Ton einstimmen. Dieses Zitat vermittelt ein Gefühl für den Umfang und die Geschichte des Films. Bette Davis ist wahrscheinlich einer der, wenn nicht sogar der beliebteste Filmstar überhaupt, wenn man sich zumindest ein eher klassisches Bild von einem Filmstar macht.
Ich fand dieses Zitat schon immer sehr treffend, denn das Interessante an Hollywood oder am Erfolg ist, dass es eine glamouröse Seite gibt, aber auch eine beängstigende. Ich habe damit die Stimmung des Films auf eine Art und Weise ausgedrückt, die ich nicht zu spezifisch ausformulieren wollte, weil ich Bette Davis keine Gedanken in den Mund legen wollte, aber es legt für den weiteren Film eine Art Empfindung vor. Was dann im Laufe des Films mit Maxine passiert, ihr Werdegang und wo sie am Ende landet, ob sie ein Monster ist oder nicht, darüber lässt sich dann ja streiten.
FILMSTARTS: Im Gegensatz zu „X“ und „Pearl“ ist „MaXXXine“ ein sehr urbaner Film – durch und durch ein Los-Angeles-Film. Wenn ich an einen Slasher denke, der am Hollywood Boulevard in den 80er-Jahren spielt, fallen mir sofort auch andere Genrebeiträge wie zum Beispiel "Vice Squad" ein. Welche Filme haben dich genau inspiriert? Und hast du im Nachhinein festgestellt, dass du auf bestimmte Werke eher unbewusst Bezug genommen hast?
Ti West: Einiges davon ist sicherlich unbewusst. Die 80er-Jahre sind mit der Zeit beliebter geworden. Früher waren sie es nicht, jetzt sind sie wieder sehr populär. Es ist schwer, etwas in den 80er-Jahren spielen zu lassen und es noch aus einer neuen Perspektive zu betrachten, weil diese Zeit mittlerweile schon so häufig nachgeahmt wurde. Aber eine Sache, die meiner Meinung nach nicht so oft nachgestellt wird, ist die dunklere, schmutzige Seite der 80er-Jahre. Denn normalerweise ist das, was jetzt gezeigt wird, die sehr kommerzielle, vorstädtische Popkultur der Zeit.
Wenn man sich Filme wie zum Beispiel „Vice Squad“, „Savage Streets“ oder „Angel“ anschaut, die in einem städtischen Umfeld spielen und dann noch in einem so spezifischen wie Hollywood, dann sind das Filme, die wie Zeitkapseln der damaligen Zeit wirken. Man sieht Los Angeles so darin, wie es auch wirklich war. Und es gibt nicht viele Filme, die das wirklich tun. Wenn jemand einen 80er-Jahre-Film macht, dann sieht man darin selten den schäbigeren Teil von Hollywood. Ich hatte immer das Gefühl, dass es mehr solcher Filme geben sollte.
Es gibt zum einen den Glanz und Glamour von Hollywood, aber es gibt auch eine andere Seite. Und das ist die Seite, auf der auch jemand wie Maxine lebt. Diese Gegenüberstellung von dem, was man sich unter Hollywood vorstellt, und dem, was Hollywood wirklich ist, war für die Geschichte sehr wichtig. Schon allein aus ästhetischen Gründen fand ich es großartig, diese Stimmung zu erzeugen, auch wenn es nicht ganz leicht war. Aber ich liebe diese Atmosphäre. Ich liebe das Hollywood der 80er-Jahre. Niemand sonst beschäftigt sich mehr damit, also dachte ich mir, es ist ein guter Zeitpunkt, das mal zu tun.
Wie viel Retro-Nostalgie ist gut für einen Film?
FILMSTARTS: „MaXXXine“ ist nicht wirklich nostalgisch. Ist Retro-Nostalgie für dich eine Falle, die du bewusst vermeiden wolltest?
Ti West: Teils ja, teils nein. Ich denke, es ist ein schmaler Grat, auf dem man sich bewegt. Es gibt in „MaXXXine“ eine Einstellung, die genauso gut eine Cola-Werbung sein könnte. Das ist wahrscheinlich die nostalgischste und kommerziellste Anlehnung an eine ganz bestimmte Zeit, die ich je in einen Film eingebaut habe. Aber es gibt auch Elemente, die so aussehen, als würden sie aus den 70ern stammen. Ich glaube, das ist die Herausforderung, wenn man ein sogenanntes „Period Piece“ [Anm.: einen Film also, der in einer konkreten Vergangenheit spielt] macht: Es muss sich authentisch, aber auch lebendig anfühlen.
Obwohl der Film im Sommer 1985 spielt, kann man nicht nur Dinge aus diesem Jahr einbauen. Die Autos müssen aus den 60ern, den 70ern und den 80ern stammen. Die Kleidung muss ein Mix sein. Ich habe bewusst versucht, alles zu vermeiden, was zu sehr an die 80er-Jahre erinnert, wie Stulpen, Pastellfarben oder Zebramuster. Das sollte viel stärker eine urbane Geschichte werden. Ich habe den Leuten, die daran mit gearbeitet haben, immer wieder gesagt: „The Breakfast Club“ ist zwar ein 80er-Jahre-Film, so etwas wie „Terminator“ aber eben auch. Bei dem einen denkt man automatisch an die 80er, bei dem anderen einfach an „Terminator“, dabei sind beides Filme aus der gleichen Dekade. Und gerade „Terminator“ ist ja eine sehr gute Referenz dafür, wie Los Angeles zu der Zeit wirklich aussah.
FILMSTARTS: Es gibt in dem Film ja eine Einstellung, da sieht man einen großen Kinoaushang für „St. Elmo's Fire“, aber Maxine geht in einen Stripclub hinein, der daneben ist. Und das ist ein viel schmuddeliger, heruntergekommener Laden. Was ich dich noch zu den Einflüssen des Films fragen wollte: Du nimmst auch mehrfach Bezug auf „Body Double“, oder? Es gibt den Lift, der zu einem Apartment in den Hollywood Hills führt, und dann tanzt Maxine auch in einem Nachtklub zu Frankie Goes To Hollywood.
Ti West: Ich habe das Album „Welcome To The Pleasuredome“ immer geliebt und wollte das schon lange in einem Film verwenden, aber es hat einfach nie wirklich gepasst. In „Body Double“ läuft ja „Relax“, das ist der berühmteste Song von Frankie Goes To Hollywood. Bei „MaXXXine“ stand ich irgendwann vor der Entscheidung: Wenn ich Musik von der Band benutze, besteht unmittelbar eine Beziehung zu „Body Double“ – will ich das oder lieber nicht?
Ein ähnlicher Fall war die Szene, in der Kevin Bacon ins Gesicht geschlagen wird und er ein Pflaster auf der Nase haben muss. Wir hätten auch ein normales Pflaster benutzen können, haben uns dann aber dafür entschieden, ihm die Nase so zu verbinden wie in „Chinatown“. Manchmal ist es das wert, direkter auf etwas Bezug zu nehmen. Es ist etwas abgewandelt, aber in beiden Fällen eine klare Verbeugung vor diesen Filmen. Dass so eine Seilbahn, die den Berg hinauffährt, auch in „Body Double“ vorkommt, ist mir übrigens erst später wieder eingefallen. Als ich nach L.A. gezogen bin, war ich mal auf einer Party in Beverly Hills und dort gab es diese Bahn, die zu einem anderen Haus am Fuße des Hügels hinunterführte. Das ist mir immer im Gedächtnis geblieben, weil es eine meiner ersten L.A.-Erfahrungen war.
FILMSTARTS: Der tatsächliche Zeitgeist spielt diesmal eine viel größere Rolle als in deinen vorherigen Filmen. Ereignisse wie die sogenannte „Satanic Panic“, die Serienmorde von Richard Ramirez oder die Parental Advisory Campaign, all diese Dinge haben auch etwas Groteskes und Unwirkliches an sich. War es reizvoll für dich, die Grenze zwischen wirklichen Ereignissen und Fantasie in dieser Geschichte verwischen zu können?
Ti West: Es schien mir die passende Kulisse zu sein, weil ich wusste, dass „MaXXXine“ in den 80er-Jahren spielen würde. Der Sommer 1985 war ziemlich einzigartig, denn man befand sich mitten im VHS-Boom, und in den USA gab es diese moralische Empörung gegen Musik und Filme und Gewalt und satanische Bildersprache und so weiter. Das hatte es bis hoch in die Politik und die Regierung geschafft. Im Vereinigten Königreich gab es wiederum Video Nasties [Anm: umgangssprachlicher Begriff, der sich auf eine Reihe von Filmen bezieht, die in den frühen 1980er-Jahren von der Presse und religiösen Organisationen wegen ihres gewalttätigen Inhalts kritisiert wurden] und solche Sachen – es war eine wirklich reaktionäre Zeit, voll mit moralischen Debatten.
Bei einem Film, für den das Kino und dessen Einfluss so zentral sind, war es notwendig, diesen reaktionären Zeitgeist mit einzubeziehen. Dann gab es im Sommer 1985 ja auch noch einen Serienmörder in Los Angeles. Richard Ramirez, der „Night Stalker“, war jemand, der nur schwer zu fassen war, und sie brachten ihn überall im Fernsehen und in den Zeitungen. Es war wirklich eine kollektive Fahndung, bei der man die Medien nutzte, um ihn so berühmt zu machen, dass er von der Allgemeinheit gefasst werden konnte, was auch letztlich gelang. Die Öffentlichkeit hat ihn schließlich geschnappt.
Los Angeles ist ein Ort, der für seinen Glamour bekannt ist und den amerikanischen Traum verkörpert, aber gleichzeitig war es zu der Zeit auch ein sehr gefährlicher Ort, an dem ein satanistischer Serienmörder Menschen ermordete. Dieses Nebeneinander hat mich interessiert. Ich denke, das alles ist Teil des Strebens nach Berühmtheit, und Filme und das Showbusiness sind in gewisser Weise auch ein Teil davon.
Nach Technicolor-Exess kommt VHS-Ästhetik
FILMSTARTS: Du hast gerade den VHS-Boom der Zeit erwähnt. Jeder Film der Trilogie hat seine eigene klare und unterscheidbare Ästhetik. Nach dem Technicolor-Exzess von „Pearl“ spielst du jetzt viel mit dem körnigen und farbreduzierten Look von VHS-Aufnahmen. Wie zentral war diese VHS-Ästhetik für die Geschichte des Films und wie hast du sie erschaffen? Hast du auch Szenen auf Video für den Film gedreht?
Ti West: Auf VHS haben wir nicht so viel gedreht. Wir hatten das Equipment und wir wollten es eigentlich tun. Wir haben dann einen Test gemacht, um zu sehen, wie gut wir es nachahmen können. Es war so nah dran, dass es keinen Sinn ergab, sich nur aus Nostalgiegründen einzuschränken. Wenn es deutlich besser gewesen wäre und wir das, was wir erreichen wollten, nicht hätten nachbauen können, hätten wir es sicherlich getan. Aber all die technischen Beschränkungen hätten dem Film nicht wirklich etwas hinzugefügt, außer dass wir eine Videokamera benutzt hätten, nur um zu zeigen, dass wir sie einsetzen. Letztlich haben wir eine alte Kamera genommen und sie ausgehöhlt und unser eigenes kleines Objektiv hineingesteckt und solche Sachen. Es waren keine brandneuen 4K-Kameras, es waren immer noch modifizierte Dinge, aber wir haben nicht unbedingt die tatsächlichen Kameras im Film verwendet. Alle drei Filme der Trilogie haben einen Mixed-Media-Ansatz, das sollte auch bei „MaXXXine“ so sein.
FILMSTARTS: Es hätte auch Schwierigkeiten bereitet, echtes VHS-Material auf einer Kinoleinwand wirklich adäquat abbilden zu können.
Ti West: Ja, das hätte im Kino zu einer extremen Bildverschlechterung geführt. So konnten wir es im Grunde genommen authentisch aussehen lassen, aber noch ein bisschen mehr an Details beibehalten. Auf einer großen Leinwand bekommt man so nicht das Gefühl, plötzlich nur Unschärfe zu sehen.
FILMSTARTS: Die Art und Weise, wie du Musik einsetzt, ist auch zentral für den Film. Du verwendest viel Popmusik der Zeit: populären Rock wie ZZ Top, Judas Priest oder Ratt, aber auch Synthpop-Hits wie „Obsession“ von Animotion. Und dann gibt es den Score von Tyler Bates, der manchmal wie aus einem Direct-to-Video-Film zu kommen scheint. Wie wichtig war es für dich, ein Gleichgewicht zwischen Originalmusik aus der Zeit und eigens für den Film komponierten Stücken zu finden?
Ti West: Die richtige Balance ist das, worauf es im Grunde beim Regieführen immer ankommt – und später dann bei der Postproduktion. Fast alle Songs waren auch schon bereits Teil des Drehbuchs und sie erfüllen alle eine bestimmte Funktion. Es ist einerseits ein ziemlich guter Soundtrack, den man sich auch einfach anhören kann, aber alle Tracks haben darüber hinaus etwas über den Charakter des Films oder die Filme der Zeit insgesamt zu sagen. Es war mir wichtig, dass sie alle die Geschichte widerspiegeln.
Tyler Bates und ich haben ja jetzt drei Filme hintereinander gemacht. Dieses Mal wollten wir einen Score haben, der sich nach dieser Zeit anfühlt, sich in sie einfügt. Man sollte beim Sehen nicht merken, wie sich die Musik einschleicht. Und auch da: Mal sollte das bombastisch und stylish klingen, dann wieder subtiler und atmosphärischer. Ich denke, der Einsatz des Saxofons ist etwas, das einen wirklich in eine bestimmte Zeit und an einen bestimmten Ort versetzt, so wie auch der Sound der Snare Drums. Wenn ich versuche, einen Film zu machen, frage ich mich immer: Was habe ich schon lange nicht mehr gesehen? Was habe ich schon lange nicht mehr gehört?
FILMSTARTS: Die beiden vorhergehenden Filme der Trilogie sind unmittelbar aufeinander folgend gedreht worden, d.h. „Pearl“ als Prequel war schon fertig, bevor „X“ überhaupt ins Kino kam. Nun hattest du mehr Zeit, „MaXXXine“ zu entwickeln. Haben die Erwartungen des Publikums, das beide Filme gesehen hat, deinen Ansatz in irgendeiner Weise beeinflusst, oder war das Konzept für „MaXXXine“ auch schon länger fertig?
Ti West: Ich hatte eine Vorstellung von der Geschichte, als wir "X" und "Pearl" gemacht haben, ich wusste nur nicht, ob wir das jemals so drehen würden. Mir war dann bei „MaXXXine“ klar, dass es Fans der vorhergehenden Filme gibt und damit zum ersten Mal auch eine gewisse Erwartungshaltung. Aber ehrlich gesagt, habe ich beschlossen, alles auszublenden, weil es mir nicht gut getan hätte, mich davon beeinflussen zu lassen.
Ich wollte das nicht zum Anlass nehmen, um zu entscheiden, wie der Film werden sollte. Für mich müssen alle drei Kapitel sehr unterschiedlich sein. Bei „MaXXXine“ wollte ich deswegen viel von dem aufgeben, was wir in den Vorgängern gemacht hatten. Ich wollte keinen Einfluss von außen darauf haben. Für mich war es wichtig, dass alle Teile für sich allein stehen und sich gegenseitig bereichern. Am Ende von „MaXXXine“ habe ich dann ich zum einen den Film selbst beendet, aber auch die ganze Trilogie. Das war ein viel größerer Druck.
FILMSTARTS: Wenn du ein Sequel drehen würdest, das heute spielt: Welche Stoffe und welche Ästhetik des zeitgenössischen Kinos würden dich interessieren? Was würde eine Figur wie Maxine an aktuellen Filmen reizen?
Ti West: Es ließe sich wahrscheinlich eine interessante Geschichte mit Maxine erzählen, die etwa 40 Jahre später spielt, weil das die nächste spannende Zeit in ihrem Leben ist, in der die Dinge relativ anders sein würden. Aber ich bin nicht so sehr an der Ästhetik von heute interessiert, vielleicht sehe ich das ja anders, wenn ich in 20 Jahren darauf zurückblicke. Wenn es sich um einen Film handelt, der in der Gegenwart spielt, gibt es nicht die kreative Zusammenarbeit wie bei einem „Period Piece“, bei dem man alles, was vor die Linse kommt, selbst wählen muss, weil es noch nicht vorhanden ist. Wenn man sich auf die Straße begibt, muss man jedes Auto, jede Requisite, jedes Kleidungsstück ändern.
Das kann man mit modernen Sachen auch machen, aber eben nicht auf die gleiche Weise. Diese ganzen Entscheidungen: Soll das rot sein oder blau? Soll es diese oder jene Marke sein? Das ist ein Teil des künstlerischen Prozesses beim Filmemachen, den ich sehr liebe. Womit ich auch ein Problem habe, ist die Tatsache, dass es so viel Technologie in unserem Leben gibt. Man muss zwangsläufig Computer und Telefone und solche Dinge mit einbeziehen. Ich möchte eigentlich nicht viel Zeit damit verbringen, Fotos von Bildschirmen zu machen. Vielleicht wäre das anders, wenn ich in 10 oder 20 Jahren auf die Mitte der 2000er zurückblicke. Aber im Moment bin ich von dieser Ära einfach nicht so angetan.
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