"Im Leben liegen Tränen und Lachen sehr nah beieinander": "Another German Tank Story"-Star Meike Droste im großen FILMSTARTS-Interview
Markus Tschiedert
Markus Tschiedert
Markus Tschiedert arbeitete schon während seines Studiums für die Berlinale und ist heute freier Journalist. Er leitet den ‚Club der Filmjournalisten Berlin‘, organisiert den Ernst-Lubitsch-Preis und veranstaltet Filmevents.

Im April haben wir uns die satirisch angespitzte Komödie „Another German Tank Story“ für unsere Initiative „Deutsches Kino ist [doch] geil!“ ausgewählt – da gehört ein Interview mit Hauptdarstellerin Meike Droste natürlich zwingend dazu...

Filmperlen

Mit ihrer kultigen Rolle als Polizeimeisterin Bärbel Schmied in der großartigen Krimi-Serie „Mord mit Aussicht“ wurde Meike Droste zum Star. Inzwischen ist sie in TV, Theater und Kino vielbeschäftigt – und wenn sie es sich gerade leisten kann, dann spielt sie auch mal in Abschlussfilmen wie Another German Tank Story“ (aktuell in den deutschen Kinos) mit. Da bekommt man zwar weniger Geld, kann sich dafür aber im besten Fall kreativ voll ausleben …

… und genau das haben Regisseur Jannis Alexander Kiefer und seine studentischen Mitstreiter*innen auch getan: In „Another German Tank Story“ fällt die Crew einer Hollywood-Serie über den Zweiten Weltkrieg in das kleine ostdeutsche Provinznest Wiesenwalde ein – und sorgt so für allerlei Chaos. Nur Meike Droste als Bürgermeisterin Susi sieht in dem hohen transatlantischen Besuch die Chance, endlich etwas aus ihrem Dorf zu machen…

FILMSTARTS: Was würdest du tun, wenn vor deiner Tür plötzlich ein Panzer stehen würde?

Meike Droste: Eine gute Frage. Wenn du mich so fragst und ich es mir unabhängig von der Weltlage anschaue, glaube ich, würde ich erst mal komisch gucken und lachen. Wenn ich aber die aktuelle politische Weltlage mit reinnehme, würde ich mir große Sorgen machen.

FILMSTARTS: Wie gefällt dir denn der Filmtitel?

Meike Droste: Der Arbeitstitel des Films war „Wiesenwood“. Intern gab es dann viele Diskussionen und herausgekommen ist „Another German Tank Story“. Der Film lief im Wettbewerb von Shanghai, wo wir alle hingeflogen sind. Das war toll. Mir gefällt es wirklich gut, dass dieser Film in der brandenburgischen Provinz spielt, aber einen englischen Titel hat. Außerdem ist der Titel auch ein kleines ironisches Spiel mit unserer Vergangenheit.

FILMSTARTS: Du spielst in dem Film die Bürgermeisterin des Dorfes. Was hat dich daran gereizt?

Meike Droste: Tatsächlich das Drehbuch und wie schön Janis Alexander Kiefer und Theresa Weininger diese Dorfgemeinschaft beschrieben haben. Die unterschiedlichen Charaktere, die ein Filmset in ihrem kleinen Dorf als ein großes Ereignis erleben. Das hat mir sehr gefallen im Zusammenspiel mit dem lakonischen Humor, mit dem sowohl über die Filmbranche als auch über die menschliche Existenz geredet.

FILMSTARTS: Wie siehst du dahingehend deine Rolle als Bürgermeisterin Susanne?

Meike Droste: An Susi hat mir unter anderem die Familienkonstellation sehr gefallen. Sie lebt mit ihrer Mutter Gloria und ihrem Sohn Tobi zusammen. Das ist wie eine kleine Notgemeinschaft. Bestimmt haben sich das alle drei ganz anders erträumt; in ihrem bescheidenen Tun versuchen sie aber damit gut umzugehen.

FILMSTARTS: Konntest du dich in dieser kleinen Dorfgemeinschaft irgendwie wiederfinden?

Meike Droste: Ich selbst bin in einer Kleinstadt bei Augsburg, aufgewachsen. Das lässt sich überhaupt nicht mit so einem Leben in einem Dorf vergleichen.

FILMSTARTS: Heute wohnst du in der Großstadt Berlin. Wäre es vorstellbar für dich, vielleicht irgendwann aufs Land zu ziehen?

Meike Droste: Ich bin schon eine große Naturliebhaberin, und wenn ich noch mehr Natur leben wollen würde, würde ich eher aufs Dorf ziehen als in irgendeine Vorstadt. Das ist für mich total klar. Aber ich weiß auch, dass das auch alles andere als nur romantisch sein kann.

FILMSTARTS: Woran denkst du dabei?

Meike Droste: Dort gibt es ganz andere soziale Themen, mit denen man zu tun hat. Es braucht viel Zeit, bis man von einer wirklichen Gemeinschaft reden kann. Beziehungen müssen gepflegt werden, und die Auswahl ist nicht groß. Wenn eine Beziehung auf dem Dorf nicht klappt, kannst du nicht sagen: ‚Macht nichts, ich gehe zum anderen Nachbarn.‘ Denn so viele andere Nachbarn sind da nicht.

Als ob Bürgermeisterin Susi (Meike Droste) sich nicht schon um genug kümmern müsste, hat sie plötzlich auch noch einen Panzer im Garten stehen. Filmperlen
Als ob Bürgermeisterin Susi (Meike Droste) sich nicht schon um genug kümmern müsste, hat sie plötzlich auch noch einen Panzer im Garten stehen.

FILMSTARTS: Wiesenwalde heißt das Dorf im Film. Ein fiktiver Ort. Wo habt ihr tatsächlich gedreht und wie war das?

Meike Droste: In Altfriedland konnten viele Außenszenen gedreht werden. Dort wurde auch der zentrale Brunnen aufgebaut. Unser Haus wiederum war in Leuenberg, gleich neben der freiwilligen Feuerwehr. Wir drehten dort nachts, und einmal war vorher ein Feuerwehrfest.

FILMSTARTS: Wie hast du die Atmosphäre empfunden? Gibt es diese Tristesse auf dem brandenburgischen Land tatsächlich so wie man sie in eurem Film spürt?

Meike Droste: Also ich empfinde die sehr stark, vielleicht aber auch nur, weil ich anders geprägt bin. Im Vergleich mit Dörfern in Süddeutschland, die ich aus meiner Kindheit kenne, nehme ich das so wahr. Ob das wirklich so ist, weiß ich nicht.

FILMSTARTS: Wahrscheinlich könntest du es dir gar nicht vorstellen, dort wirklich zu wohnen?

Meike Droste: Es fällt mir schwer, mir das vorzustellen. Aber ich finde es wirklich schön im Film, wie das ganze eingefangen wurde, ohne es zu bewerten. Es ist einfach eine Tatsache. An der Figur von Bert wird aber z.B. schon sichtbar, wie sehr manche da auch wegwollen. Aber was passiert dann? Diesen Aspekt kann man sehen im Film. Aber das „Raus-Wollen“ aus der Provinz gibt es denke ich überall auf der Welt in den ländlichen Regionen, das gilt nicht nur für Brandenburg.

Another German Tank Story
Another German Tank Story
Starttermin 10. April 2025 | 1 Std. 35 Min.
Von Jannis Alexander Kiefer
Mit Meike Droste, Monika Lennartz, Johannes Scheidweiler
User-Wertung
3,0
Filmstarts
4,0
Vorführungen (26)

FILMSTARTS: Getragen wird das im Film auch von einem sehr eigenwilligen Humor. Die Leute wirken recht schrullig. Inwieweit trifft das deinem eigenen Humor?

Meike Droste: Ich mag diese Art von Humor schon. In Deutschland ist es ja immer noch so, dass Komödien eher ein bisschen naserümpfend betrachtet werden, auch am Theater. Es ist dann nicht die wirklich ‚wahre Kunst‘, wenn etwas lustig ist. Das finde ich tatsächlich sehr seltsam, denn im Leben liegen Tränen und Lachen sehr nah beieinander. Ich finde es aber auch sehr schwer, eine gute Komödie zu drehen.

FILMSTARTS: Ist „Another German Tank Story“ hauptsächlich eine Komödie für dich?

Meike Droste: Nein, so würde ich den Film nicht beschreiben. Insgesamt gefällt mir, dass manches erst auf den zweiten Blick lustig ist, eben weil es so schrullig wirkt, und man denkt: ‚Hä, wie kann das denn jetzt sein?‘ Die Figuren werden ernst genommen. Wenn man auf ihre Welt blickt, wirkt das fürs Publikum vielleicht lustig, aber den Figuren selbst fällt das gar nicht auf.

FILMSTARTS: Jannis Alexander Kiefer liefert mit „Another German Tank Story“ als Regisseur sein Spielfilmdebüt ab. Wie hat er sich gemacht.

Meike Droste: Ich fand die Arbeit sehr kooperativ und extrem gut vorbereitet. Ich war beeindruckt von dem ganzen Team, das sich jeden Samstag zusammengesetzt hat, um zu besprechen, was in der letzten Woche gut oder schlecht gelaufen ist, und was verbessert werden könnte.

FILMSTARTS: Gleichzeitig war es sein Abschlussfilm an der Filmuniversität Babelsberg. Machst du das öfters mal, um den Nachwuchs zu fördern?

Meike Droste: Ja, das finde ich total wichtig. Oft basieren Abschlussfilme von Studierenden auf ganz tollen Drehbüchern, weil die noch nicht vom Marktsystem beschnitten sind, sondern einer unbegrenzten Kreativität entspringen. Oft ist das leider mit wenig oder gar keinem Geld verbunden. Da muss ich schauen, ob sich das gerade mit meinem Leben als freischaffende Schauspielerin vereinbaren lässt. Es ist aber inspirierend, mit der nachfolgenden Generation zusammenzuarbeiten.

Casting für die Hollywood-Produktion: Wer besonders ausgezehrt wirkt, hat die besten Chancen. Filmperlen
Casting für die Hollywood-Produktion: Wer besonders ausgezehrt wirkt, hat die besten Chancen.

FILMSTARTS: Nun gibt es in „Another German Tank Story“ auch etliche Seitenhiebe aufs Filmbusiness. Wie hat dir das gefallen?

Meike Droste: Sehr gut, das kann jeder nachvollziehen, der im Filmbusiness arbeitet (lacht). Jannis hatte noch viel mehr Storys in petto, weil er während des Studiums als Komparsen-Betreuer bzw. Crowd Marshal in den Filmstudios Babelsberg gearbeitet hat. Er konnte so lustige Geschichten aus dieser Zeit erzählen.

FILMSTARTS: Welche Szene findest du in dem Zusammenhang in eurem Film besonders lustig?

Meike Droste: Ich mag total gern das Interview von Bert, der sich als Journalist ausgibt, mit dem Licht-Double Jojo, den er für den Star hält. Aber auch die Szenen mit meinem Film-Sohn Tobi als Fahrer sind sehr lustig. ‚Die sind alle so schnell‘, sagt er einmal zu mir. Das ist ein typisches Merkmal von Filmsets. Es wirkt oft so, als würde den ganzen Tag am offenen Herzen operiert werden, alles muss immer irrsinnig schnell sein. Oder es wird Pseudo-Wichtigkeit aufgebaut, wie etwa in der Szene, in der man mich am Tor nicht reinlässt, obwohl ich einfach nur mit jemandem sprechen will, der verantwortlich ist (lacht).

FILMSTARTS: Aber kannst du es nachvollziehen, dass plötzlich das ganze Dorf verrückt spielt, weil quasi Hollywood vor der Tür steht?

Meike Droste: Na klar! Zwar hingen in meinem Jugendzimmer nie Poster von Stars an der Wand. Für viele Menschen ist es aber sehr wichtig, Vorbilder aus der Popkultur zu haben. Gerade Hollywood-Produktion sind ja immer irrsinnig abgeschirmt.

FILMSTARTS: Du selbst warst aber nie Zaungast, wenn irgendwo auf der Straße Filmarbeiten stattfanden?

Meike Droste: Nee, tatsächlich noch nie. Ich habe einmal vor dem Adlon in Berlin zufällig eine riesige Menschenmenge beim Joggen mitgekriegt. Ich fragte, was denn los sei. ‚Da kommt gleich ein Promi!‘ ‚Wer denn?‘ ‚Wissen wir auch nicht!‘ Ich weiß bis heute nicht, wer es war, der dann fotografiert und umschwärmt wurde. Aber ich fand es lustig.

FILMSTARTS: Du kennst es doch eher andersherum, dass du auf dem roten Teppich bist und Leute dir zuwinken…

Meike Droste: Wenn man einen Beruf macht wie wir, wo die Person und äußere Erscheinung Teil des Berufsbildes ist, kennen dich bestimmte Leute. Anfangs fand ich das noch sehr irritierend, weil ich zuvor überhaupt nicht darüber nachgedacht hatte, da ich vom Theater komme - und das meine ich nicht kokett. Heute sehe ich das als Wertschätzung des Publikums und als Teil meiner Arbeit.

Susis Sohn Tobi (Johannes Scheidweiler) wird von der Filmproduktion als Fahrer angeheuert - dabei ist er durch die Führerscheinprüfung gefallen. Filmperlen
Susis Sohn Tobi (Johannes Scheidweiler) wird von der Filmproduktion als Fahrer angeheuert - dabei ist er durch die Führerscheinprüfung gefallen.

FILMSTARTS: Warum bist du Schauspielerin und nicht Bürgermeisterin geworden?

Meike Droste: Tatsächlich ist es einfach so passiert. In meiner Kleinstadt gab es eine ehemalige Schauspielerin vom Augsburger Stadttheater, die eine Laienschauspielgruppe gründete. Da habe ich mit elf Jahren das erste Mal mitgespielt, dann zwischen 16 und 19, was mir wirklich großen Spaß machte, und ich spürte, wie gut ich mich in andere Menschen und Leben hineinspüren konnte. Danach habe ich Schauspiel studiert, und so kam eins zum anderen.

FILMSTARTS: Mit der Kultserie „Mord mit Aussicht“ bist du schließlich so richtig oben angekommen. Wie hat der Erfolg dein Leben verändert?

Meike Droste: Ich bin sehr dankbar, dass ich das machen durfte, weil ich dadurch sehr viel praktische Dreherfahrung sammeln konnte. Davor hatte ich ja nur einen Kinofilm gedreht. Und natürlich ist es für uns Schauspieler*innen wichtig, gesehen zu werden. Es gibt so viele gute Kolleg*innen, die nicht gesehen werden, obwohl sie toll sind. Sie hatten nicht das Glück. Ich bin das erste Mal mit „Mord mit Aussicht“ sichtbar geworden - dafür bin ich dankbar.

FILMSTARTS: Würdest du heute gern öfters fürs Kino arbeiten?

Meike Droste: Na klar, wir würden alle gern tolle, große Filme drehen. Mein größter Wunsch wäre es, nicht so viele Worte gebrauchen zu müssen. Im Kino kann man so viele Dinge durch Bilder erzählen, die Kamera folgt und beobachtet den Menschen. Man muss das nicht alles mit Worten erklären, sondern kann einfach spielen.

FILMSTARTS: „Another German Tank Story“ ist ja als Gewinner unserer Aktion „Deutsches Kino ist [doch] geil!“, in der wir jeden Monat einen deutschen Film – egal welcher Größe – redaktionell wie einen Blockbuster behandeln. Was könnte man deiner Meinung nach noch tun, damit das deutsche Kino hierzulande wieder so geschätzt oder gar gefeiert wird, wie es das in vielen Fällen auch einfach verdient hat?

Meike Droste: Seit zwei, drei Jahren bin ich in der Filmakademie Mitglied und finde ganz toll, was sie für eine gute Arbeit leistet. Ich bin ganz begeistert von den vielen Angeboten, die sie den Mitgliedern geben, die vielen Panels und die politischen Diskussionen. Ich habe mich schon oft mit Kolleg*innen unterhalten über diese Wertigkeit von Film innerhalb unserer Gesellschaft, zum Beispiel im Vergleich zu Frankreich. Ich habe die Tendenz, meine Person nicht so wichtig zu nehmen. Was grundsätzlich ja auch etwas Positives sein kann. Ich glaube, uns Deutschen fällt es auch aufgrund unserer Vergangenheit schwer, stolz auf uns zu sein, uns selbst zu feiern oder Erfolge zu zelebrieren. All das ist aber natürlich in einer gesunden Form ein wichtiger Teil einer gelebten Wertschätzung. Und die vermisse ich ganz oft, gerade in der Fernsehbranche. Da sind ja ganz viele tolle Leute unterwegs, doch man vermisst oft das Vertrauen der Sender für Filmschaffende vor und hinter der Kamera.

FILMSTARTS:Barbie“ und „Oppenheimer“ haben ja 2023 gezeigt, dass Kinofilme vom gegenseitigen Erfolg profitieren können. Die Leute haben wieder Bock aufs Kino. Welchen aktuellen deutschen Kinofilm sollten sie sich deiner Meinung nach „Another German Tank Story“ anschauen?

Meike Droste: Tatsächlich kommt mir gerade „Was Marielle weiß“ in den Kopf, der auf der Berlinale im Wettbewerb lief. Da dachte ich: Interessant, das ist wieder mal ein deutscher Filmemacher mit einer eigenen Film- und Bildsprache, die ich beeindruckend fand. Den würde ich jetzt spontan empfehlen.

„Another German Tank Story“ (» zur ausführlichen FILMSTARTS-Kritik) läuft seit dem 10. April in den deutschen Kinos. Und wenn ihr noch mehr über die Hintergründe der Komödie erfahren wollt, dann empfehlen wir euch unseren Podcast Leinwandliebe, denn darin stand uns Jannis Alexander Kiefer, Regisseur und Drehbuchautor von „Another German Tank Story“, ausführlich Rede und Antwort – u.a. auch darüber, wo man überhaupt man das Geld für einen Abschlussfilm herbekommt und was für eine Note er von seinem Professor er dafür bekommen hat:

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