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    Leif Eriksson im Netflix-Hit "Vikings: Valhalla" erklärt: Mehr Fantasy als wahre Geschichte
    Björn Becher
    Björn Becher
    -Mitglied der Chefredaktion
    Schaut Serien am liebsten bei Streaming-Diensten wie Netflix, AppleTV+, Disney+ oder Prime Video. Seine besten Serien 2023 sind "The Bear", "Shrinking" und "Star Wars: The Bad Batch".

    In „Vikings: Valhalla“ gibt es mit (scheinbaren) Geister-Erscheinungen Fantasy-Elemente. So bezeichnen könnte man auch Hauptfigur Leif Eriksson: Obwohl der legendäre Seefahrer eine historische Persönlichkeit ist, passt seine Rolle nicht zur Realität.

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    Die Geschehnisse von „Vikings: Valhalla“ beginnen Anfang des 11. Jahrhunderts mit dem St.-Brice's-Day-Massaker, bei welchem der englische König Æthelred (Bosco Hogan) alle noch in seinem Land lebenden Nachkommen der Wikinger niedermetzeln lässt. Das veranlasst den dänischen König Knut alias Canute (Bradley Freegard) im Norden eine Armee aufzustellen, um gen London zu segeln und England zu erobern.

    Schon hier weicht „Vikings: Valhalla“ in vielen Details von der wahren Geschichte ab: Das angesprochene Massaker gab es 1002 zwar wirklich, doch es ist mehr als umstritten, ob – wie in der Serie – auch all die Siedlungen wie das Danelag zerstört wurden. Und den anschließenden Krieg gegen England führte zu Beginn auch erst einmal nicht der in Wahrheit zu dieser Zeit noch im Kindesalter befindliche Knut, sondern sein in „Vikings: Valhalla“ erst viel später auftretender Vater Sven Gabelbart (Soren Pilmark) an.

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    Wie schon bei der Vorgängerserie „Vikings“ werden natürlich auch in „Vikings: Valhalla“ wahre Ereignisse aus Spannungsgründen dramatisiert und vor allem verdichtet. Ein sich über ein Jahrzehnt erstreckender Eroberungsfeldzug, bei dem mittendrin dann der nun erwachsene Sohn Knut von Papa Sven übernimmt, ist einfach weniger mitreißend zu erzählen.

    Schon bei „Vikings“ wurde daher die Entscheidung gefällt, Kriege und Schlachten, die eigentlich mehrere Jahrzehnte auseinanderlagen, zeitlich nah zusammen zu bringen, um sie mit weitestgehend denselben Personen erzählen zu können. Daher verzichtet man in „Vikings: Valhalla“ nun auch erneut auf konkrete Zeitangaben. Bei der ohnehin in einem Affenzahn erzählten ersten Staffel wirkt es deswegen auch teilweise so, als würden die Wikinger hier in wenigen Wochen erreichen, was in Wahrheit weit über zehn Jahre dauerte.

    Doch während bei all dem noch wahre Ereignisse kondensiert werden, weicht man bei einer Figur ganz weit von der Vorlage ab: Leif Eriksson (Sam Corlett), der Grönländer.

    Leif Eriksson, der heldenhafte Eroberer Englands?

    Leif gehört mit seiner Schwester Freydis (Frida Gustavsson) und dem Norweger Harald Sigurdsson (Leo Suter) zum aufrecht für Gerechtigkeit kämpfenden Trio im Zentrum der Geschichte. Schon bei der ersten Szene, in der er sein Schiff durch einen Sturm manövriert, erleben wir Leif als mutigen und klugen Anführer.

    Wenn er sich danach widerwillig dem Kampf gegen England anschließt, wird immer wieder herausgestellt, wie furchtlos, kampfstark und schlau er ist. Mehrfach gewinnt er herausfordernde Zweikämpfe und kommt vor allem immer wieder mit den rettenden Ideen, um die Engländer zu überlisten.

    Allerdings hat Leif Eriksson – wie übrigens auch der in Wirklichkeit erst 1015 geborene Harald – eigentlich rein gar nichts beim Angriff auf England und bei den Ereignissen von „Vikings: Valhalla“ verloren. Der rund um das Jahr 970 geborene Leif Eriksson lebte zwar zu jener Zeit, der Grönländer war aber anderweitig beschäftigt.

    Nein, Leif Eriksson, der furchtlose Entdecker Amerikas!

    Heute können wir mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass Leif Eriksson schon knapp 500 Jahre vor Christoph Kolumbus das heutige Amerika fand und dort die erste europäische Siedlung gründete – also etwa zu der Zeit, zu welcher „Vikings: Valhalla“ beginnt. Leif Eriksson gilt damit als erster Europäer, der amerikanisches Land betreten hat.

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    „Vikings: Valhalla“-Macher Jeb Stuart wollte wohl einfach einen der berühmtesten Wikinger jener Zeit in seine Geschichte einbauen – und konnte natürlich nicht einen Nebenhandlungsstrang aufmachen, der fernab von der eigentlichen Story spielt und nichts damit zu tun hat. Der Autor hinter Action-Klassikern wie „Stirb langsam“ und „Auf der Flucht“ dreht so die reale Geschichte einmal durch den Fleischwolf – wobei wir uns gut vorstellen können, dass in späteren Staffeln womöglich dann auch die Amerika-Entdeckung noch eine Rolle spielt.

    Leif Eriksson, Sohn von Erik, der Rote aus "Vikings"

    Schließlich verwebt Stuart die realen Ereignisse immer wieder in seine fiktive Erzählung, was aber auch zu zeitlichen Paradoxen führt. So wird immer wieder Leifs berühmter Vater erwähnt: Erik, der Rote, der auch in Wahrheit Leifs Vater war. Allerdings haben wir den berühmten Wikinger (gespielt von Eric Johnson) bereits in der finalen sechsten Staffel von in „Vikings“ begleitet. Mit dem zeitlichen Abstand macht es eigentlich keinen Sinn, dass nun der Sohn von Erik, der Rote aktiv ist. Also doch Fantasy? Nein, wohl einfach nur das Ergebnis der maximalen Verdichtung von rund 300 Jahren Wikinger-Geschichte auf zwei Serien.

    Innerhalb der ersten Staffel von „Vikings: Valhalla“ sehen wir daneben auch, wie Leif das Christentum für sich entdeckt, nachdem er glaubt, dass ein Kreuz erst ihn und dann seine Liebe Liv (Lujza Richter) vor dem sicheren Tod bewahrt hat.

    Hier gibt es einen realen Angriffspunkt: In Wirklichkeit konvertierte Leif schon einige Jahre früher zum Christentum, brachte seine Religion bereits mit nach Amerika (sodass die erste europäische Siedlung dort auch die erste christliche war) und machte es sich zur Aufgabe, auch seine Landsmänner und -frauen zu konvertieren.

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    Sollte er trotz der (hier natürlich nicht enthüllten) Ereignisse im Finale von „Vikings: Valhalla“ weiter den Weg Richtung Christentum einschlagen, wäre das wiederum ein interessanter Konflikt für die nächsten Staffeln – gerade auch im Zusammenspiel mit seiner Schwester Freydis.

    Mit dem gemeinsamen Kampf der Geschwister könnte es in Zukunft vorbei sein. Schließlich wird Freydis im Verlauf der ersten Staffel zur Verteidigerin des alten Glaubens, die das Schwert Odins gegen die Christen führt. Ihr Hass auf diese nimmt ob all deren Gräueltaten zu. Wenn nun Leif ein Christ wird, könnte sie das zu Kontrahenten machen.

    Doch das ist noch Zukunftsmusik, zu der wir aber vielleicht bald mehr bekommen. Denn auch wenn „Vikings: Valhalla“ gerade erst erfolgreich angelaufen ist, rechnen wir damit, dass eine zweite Staffel noch 2022 folgen wird:

    2. Staffel "Vikings: Valhalla" auf Netflix: So bald geht es womöglich schon weiter
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