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    Prometheus - Dunkle Zeichen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Prometheus - Dunkle Zeichen
    Von Christoph Petersen

    Am Anfang stand die Idee, in zwei Kinofilmen die Vorgeschichte von „Alien" zu erzählen. Doch dann nahm das Projekt immer mysteriösere Züge an: Zunächst nur als Produzent an Bord, übernahm „Alien"-Schöpfer Ridley Scott schließlich doch selbst die Regie. Zudem wurde das ursprüngliche Skript von Jon Spaihts („Darkest Hour") an „Lost"-Mastermind Damon Lindelof weitergereicht, der es noch einmal grundlegend überarbeitete. Zuletzt bezeichnete Ridley Scott „Prometheus – Dunkle Zeichen" nicht mehr als „Alien"-Prequel, sondern als Film mit „Alien"-DNA. Plötzlich war also nicht einmal mehr sicher, ob „Prometheus" überhaupt noch etwas mit Scotts Klassiker zu tun hat oder nicht. Im fertigen Film sind die Zusammenhänge weit weniger rätselhaft. Trotzdem hätte Scott besser ganz auf sie verzichtet: „Prometheus" ist ein visuell berauschender Science-Fiction-Horror-Blockbuster mit einer ganz eigenen Themenpalette. Die eingestreuten „Alien"-Verweise lenken da nur von den eigentlichen Stärken des Films ab.

    Im Jahr 2089 entdecken die Wissenschaftler Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) und Charlie Holloway (Logan Marshall-Green) das letzte fehlende Puzzlestück: Rund um den Erdball haben die Forscher übereinstimmende Höhlenmalereien eines fernen Sternenbildes entdeckt, die sie als Einladung einer höherentwickelten Alien/Götter-Rasse deuten. Vier Jahre später befindet sich das Raumschiff Prometheus auf einer Forschungsmission zu einem erdähnlichen Planeten innerhalb eben jenes Sternenbildes. Neben Shaw und Holloway befinden sich noch 15 weitere Crewmitglieder an Bord. Darunter der Android David (Michael Fassbender) und die Unternehmensrepräsentantin Meredith Vickers (Charlize Theron), die die Mission im Sinne des geldgebenden Wirtschaftsmagnaten Peter Weyland (Guy Pearce) anführen. Während sich das Wissenschaftlerteam erhofft, in den Höhlensystemen des Planeten nicht weniger als das Geheimnis der Herkunft der Menschheit zu lüften, scheinen David und Vickers ihre ganz eigene Agenda zu verfolgen...

    Ridley Scott eröffnet „Prometheus" mit atemberaubenden Kamerafahrten entlang eines reißenden Flusses, der sich durch eine karge Felsenlandschaft schlängelt. Ein milchig weißes Wesen wird von einem Raumschiff abgesetzt, nimmt eine fruchtartige Substanz zu sich und zerfällt dann langsam, wobei sich seine DNA in dem Fluss auflöst. In wenigen Szenen skizziert Scott („Blade Runner") das, wofür Terrence Malick in „The Tree of Life" vor einem Jahr noch eine knappe halbe Stunde benötigt hat: die Entstehung der Menschheit. Im Zentrum von „Prometheus" steht das Verhältnis von Schöpfer und Schöpfung. Ein brennend interessantes und hochkomplexes Thema, dem Scott und Drehbuchautor Lindelof am Ende aber nur bedingt gerecht werden.

    Dass der Film in dieser Hinsicht mehr Fragen aufwirft als beantwortet, hängt zum einen sicherlich mit der Aussicht auf eine mögliche Fortsetzung zusammen. Aber eben auch damit, dass viel Zeit darauf verwendet (oder verschwendet) wird, die Erzählwelten von „Alien" und „Prometheus" miteinander zu verknüpfen. Selbstverständlich ist es für Fans schön zu sehen, wie sich die Lücke zwischen den beiden Filmen langsam schließt, doch zur Handlung von „Prometheus" selbst tragen die Querverweise absolut nichts bei. Hier wird an einer allumfassenden Mythologie auf Kosten des alleinstehenden Films gearbeitet. Das hat Marvel mit seinen „Avengers" deutlich eleganter hinbekommen.

    Abseits des thematisch-motivischen Überbaus gibt's hingegen wenig zu meckern. Deutlich mehr in Richtung Blockbuster-Spektakel abzielend als es die Trailer vermuten ließen, hat Ridley Scott auch mit 74 Jahren nichts von seiner visuellen Kraft eingebüßt. In den unterirdischen Höhlengängen beschwört er jene intensive klaustrophobische Atmosphäre herauf, die das 1979er-Original überhaupt erst zum Klassiker machte. Und auf der Planetenoberfläche fackelt der Altmeister mit spektakulären Sandstürmen und einem epischen Raumschiffabsturz ein 3D-CGI-Effektfeuerwerk ab, das neue Maßstäbe für das Genre setzt. Allenfalls das Verhalten einiger Teammitglieder der Eine-Billion-Dollar-Mission, die immerhin – so will es das Drehbuch - zu den brillantesten Köpfen ihres Fachs zählen sollen, sich aber immer wieder wie dumme Teenager in einem schlechten Horrorfilm verhalten, sorgt für zwischenzeitigen Unmut.

    In vielen „Prometheus"-Kritiken ist zu lesen, dass es unfair wäre, die Darstellung von Noomi Rapace („Verblendung", „Sherlock Holmes 2") mit der von Sigourney Weaver in der originalen „Alien"-Tetralogie zu vergleichen. Aber warum eigentlich? Was den Badass-Faktor angeht, kann es Elizabeth Shaw nämlich durchaus mit Weavers ikonischer Weltraum-Amazone Ellen Ripley aufnehmen! Vor allem in einer für einen Mainstreamfilm unheimlich krassen Abtreibungsszene zeigt die Wissenschaftlerin im wahrsten Sinne des Wortes, was alles in ihr steckt. Nach ihrem hemmungslosen Overacting als böse Hexe in „Snow White & the Huntsman" agiert Oscar-Preisträgerin Charlize Theron in ihrer zweiten Antagonisten-Rolle des Sommers deutlich subtiler. Als der Weyland Corporation treu ergebene Geschäftsfrau kalkuliert sie dermaßen kühl, dass Kapitän Janek (Idris Elba) sie einmal sogar fragt, ob sie nicht auch ein Roboter sei.

    Obwohl der Zuschauer weiß, dass sich David nicht bewusst entscheiden kann, etwas „Gutes" oder etwas „Böses" zu tun, bleibt ausgerechnet der Android die unberechenbarste Figur von allen – und das ist in erster Linie dem gewohnt brillanten Spiel von Michael Fassbender („X-Men: Erste Entscheidung") zu verdanken. Hinter seiner freundlich-höflichen Art scheinen sich in dem nur seiner Programmierung und der Logik verpflichteten Elektronengehirn düsterste Abgründe aufzutun. Um euch einen ersten Eindruck von Fassbenders grandioser Darstellung zu verschaffen, schaut euch am besten vorab dieses virale Promo-Video mit ihm an. Wenn man überhaupt an der begeisternden Darstellerriege herummäkeln möchte, dann allenfalls an der Besetzung von Guy Pearce („Memento"). Warum muss man einen 44-Jährigen mit Alters-Make-up mehr schlecht als recht wie einen 90-Jährigen aussehen lassen, wenn man genauso gut auch einfach einen Schauspieler im passenden Alter hätte engagieren können?

    Fazit: „Prometheus" ist ein spektakuläres Science-Fiction-Horror-Spektakel in teils berauschenden Bombast-Bildern, das seinem eigenen Anspruch, mehr als „nur" ein Sommer-Blockbuster zu sein, nicht immer gerecht wird.

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