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    Suicide Squad
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Suicide Squad
    Von Christoph Petersen

    Comic-Blockbuster von DC hatten es zuletzt echt nicht leicht – und das liegt nicht nur daran, dass man erst einige Jahre nach der Konkurrenz von Marvel begonnen hat, mit dem DC Extended Universe ein eigenes umfassende Erzähluniversum zu kreieren und diesen Rückstand nun aufholen muss. Es hat auch viel damit zu tun, dass die Filme immer wieder gigantischen Erwartungen standhalten mussten: Schon als Christopher Nolan noch vor den DCEU-Zeiten mit „The Dark Knight“ die beste Comic-Verfilmung aller Zeiten rausgehauen hat, war ziemlich klar, dass er das mit „The Dark Knight Rises“ nicht einfach wiederholen wird. Und von der Sekunde an, in der im Saal H der Comic-Con das Logo von Superman mit dem von Batman überdeckt wurde, galt „Batman V Superman: Dawn Of Justice“ als DAS Kinoereignis 2016 – diesem Druck konnte Zack Snyders Film am Ende einfach nicht standhalten. Immerhin hatten sich die Erwartungen nach dieser Ernüchterung endlich auf ein Normalmaß eingependelt – es wäre der perfekte Zeitpunkt gewesen, um uns alle mit „Suicide Squad“ mal so richtig zu überraschen. Aber dann gab es die grandiose Trailer-Kampagne (wir meinen die mit den Popsongs) und prompt schlug das Erwartungspendel wieder ins Extrem aus: Die Fans erhofften sich nun nicht weniger als den abgefahrensten, krassesten, lustigsten Shit ever. Um es kurz zu machen: David Ayers „Suicide Squad“ hält, was die Trailer versprechen – aber leider nur im ersten Drittel.

    Die Welt hat sich verändert, als Superman am Himmel geflogen ist. Und sie hat sich wieder verändert, nun da Superman nicht mehr am Himmel fliegt.

    - Amanda Waller

    Nach dem Tod von Superman braucht die Erde eine neue Waffe, um sich auch zukünftig gegen mögliche Angriffe von übermächtigen Außerirdischen oder Metawesen schützen zu können. Deshalb gründet die Regierungsbeamtin Amanda Waller (Viola Davis) eine Spezialeinheit aus Superschurken wie dem zielsicheren Auftragskiller Deadshot (Will Smith), der wahnsinnig gewordenen Psychiaterin Harley Quinn (Margot Robbie) oder dem kannibalischen Kanalisationsbewohner Killer Croc (Adewale Akinnuoye-Agbaje). In ihre Hälse implantierte Mini-Sprengsätze sollen dafür sorgen, dass die bösen Buben (und das böse Mädel) bloß nicht auf dumme Gedanken kommen. Aber dann entkommt die uralte Hexe Enchantress, die sich im Körper der Archäologin June Moone (Cara Delevingne) eingenistet hat, trotz der ständigen Aufsicht von Wallers bestem Mann Rick Flag (Joel Kinnaman) und befreit auch noch ihren kaum minder mächtigen Bruder Incubus (erst Alain Chanoine, dann Robin Atkin Downes). Als das Geschwisterpaar mitten in Midway City eine magische Maschine errichtet, mit der es die gesamte Menschheit auslöschen will, hat Wallers Selbstmordkommando seinen ersten Einsatz…

    Letztendlich gibt es nur zwei Arten, eine Story wie „Suicide Squad“ umzusetzen. Entweder erforscht man tatsächlich das Abgründige und Böse in den Figuren – dann wird das Ergebnis absolut düster und nihilistisch (Regisseur David Ayer hat genau so einen Film mit seinem Söldner-Action-Bastard „Sabotage“ sogar schon einmal gedreht). Aber eine solche Umsetzung passt weder zu DCs „PG 13“-Politik (alle Filme müssen fürs Kino eine Jugendfreigabe erhalten), noch hätte man dann Will Smith für die Rolle als Deadshot bekommen, denn der „Men In Black“-Star weigert sich bekanntlich, „echte“ Killer zu spielen (auch einer der Gründe, warum er die Rolle des Django in Quentin Tarantinos „Django Unchained“ abgelehnt hat). Also bleibt nur der andere Weg übrig: Man macht aus den Mördern, Kannibalen und Psychopathen einfach einen Haufen sympathischer Antihelden, denen das Publikum im Kampf gegen das Noch-Bösere die Daumen drückt. Nach einem durchaus vergleichbaren Prinzip funktioniert etwa das „Fast & Furious“-Franchise, nur hatten da die Macher etliche Filme hindurch Zeit, die „Familie“ um Dominic Toretto (Vin Diesel) aufzubauen, während David Ayer in „Suicide Squad“ erst einmal zig neue Figuren einführen muss.

    Wenn Feuerteufel Diablo (Jay Hernandez) im letzten Drittel nun plötzlich davon spricht, dass das Suicide Squad für ihn zu einer Ersatzfamilie geworden sei, fragt man sich als Zuschauer schon, ob man da etwas nicht mitbekommen hat. Immerhin haben die sich doch alle gerade erst kennengelernt und zwischen all dem Rumgeballer kaum mehr als ein paar Sätze miteinander gewechselt. Aber während die Teamchemie – auch wegen der knappen Zeit – eher noch auf Sparflamme köchelt, macht die stakkatoartige Vorstellung der Figuren zu Beginn definitiv Lust darauf, sehr viel mehr Zeit mit solchen degenerierten Typen wie dem dauersaufenden Kneipenschläger Captain Boomerang (im Original mit einem herrlich dicken australischen Akzent: Jai Courtney) oder natürlich der unschuldig-mädchenhaften und zugleich aufreizend-aufdringlichen Baseballschläger-Psychopathin Harley Quinn (Margot Robbie stiehlt erwartungsgemäß allen die Show) zu verbringen. Auch Will Smith kommt in seiner Auftaktszene, in der er nach harten Preisverhandlungen seinem Ziel um mehrere Ecken einen Kopfschuss verpasst, als echter Badass rüber, selbst wenn bei der anschließenden Geschichte um seine Filmtochter Zoe (Shailyn Pierre-Dixon) wohl auch deshalb so dick aufgetragen wird, weil Smith dermaßen bedacht auf seinen Saubermannruf ist.

    Nachdem er die Pflicht der Figureneinführung mit Bravour erfüllt hat, könnte David Ayer nun in der Kür einfach nur jede Menge Spaß mit seinem abgefahrenen Personal haben. Aber Pustekuchen! Stattdessen schickt er das Suicide Squad völlig unverständlicherweise auf eine austauschbare CGI-Baller-Mission, die darin besteht, dass sich die Anti-Helden durch ein Bürohochhaus schießen und dann ein paar Straßenzüge weiter einen Endgegner besiegen. Was wie das erste Level eines 3D-Shooters wirkt, ist tatsächlich (fast) die gesamte Handlung des Films. Zudem bleibt zwischen den hektisch geschnittenen Shootouts kaum einmal Zeit für die Teaminteraktion – und selbst die speziellen Fähigkeiten der einzelnen Protagonisten kommen nur sehr selten zum Einsatz. Es ist zwar ganz amüsant zu sehen, wie sich Captain Boomerang wiederholt sein runtergefallenes, abgöttisch geliebtes rosafarbenes Einhorn zurück unter die Lederjacke steckt, aber davon abgesehen könnte man die Figur auch komplett streichen und es würde gar nicht weiter auffallen. Selbst die bewusst anachronistisch eingesetzten Popsongs und Harley Quinns trockene Oneliner können da irgendwann nicht mehr über die Monotonie der Action hinwegtäuschen. Und doch gibt es inmitten des Effekt-Gewitters einen starken Moment, in dem sich die Anti-Helden für einige Minuten an eine Cocktailbar zurückziehen und unerwartet ernsthaft über ihre Träume und Ziele sprechen. Ein kurzer Hoffnungsschimmer – denn das sind die Augenblicke, von denen wir in möglichen Sequels bitte sehr viel mehr sehen wollen.

    Der eine Aspekt, in dem DC dem Konkurrenten Marvel schon immer überlegen schien, sind die Bösewichte. Aber was passiert, wenn die meisten Bad Guys plötzlich für die gute Sache kämpfen? Leider nichts Gutes: Die Haupt-Antagonistin ist in jeder Hinsicht eine Vollkatastrophe! Nach ihrer zumindest zufriedenstellenden Leistung in „Margos Spuren“, enttäuscht Topmodel Cara Delevingne hier schauspielerisch auf ganzer Linie. Und visuell erinnert ihre Enchantress mit ihrer über der Stadt schwebenden CGI-Weltzerstörungsmaschine im großen Finale an einen ganz billigen „Ghostbusters“-Abklatsch. Lediglich der erste kurze Auftritt ihres Bruders wartet mit einer netten inszenatorischen Überraschung auf (Stichwort: einfahrende U-Bahn). Zum Glück gibt es da ja aber auch noch zwei weitere „Bösewicht“-Figuren, selbst wenn sie in diesem Film keine klassischen Antagonisten sind: Zum einen liefert Jared Leto (nein, er kommt nicht an Heath Ledger ran, aber gerade zwischen ihm und Margot Robbie herrscht dennoch eine fantastische Chemie) als der Joker immer wieder abgefahren-nihilistische Störfeuer und zum anderen entpuppt sich die von Viola Davis („How To Get Away With Murder“) verkörperte Amanda Waller als der ruchloseste Badass-Charakter, den das DC-Kinouniversum je gesehen hat. Gegen sie wirken alle Mitglieder des Suicide Squad wie kleine ungezogene Lausebengel.

    Fazit: „Suicide Squad“ ist kaum mehr als ein durchschnittlicher CGI-Zerstörungsorgien-Blockbuster voller verpasster Chancen, der aufgrund seiner so viel mehr versprechenden Figuren aber trotzdem Lust auf eine Fortsetzung macht.

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