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    Hustle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Hustle

    Adam Sandler will uns allen noch etwas beweisen

    Von Sidney Schering

    Eigentlich gibt es längst keinen Grund mehr, warum sich Adam Sandler weiterhin beweisen müsste: Mit Filmen wie „Happy Gilmore“ wurde er zum Comedy-Superstar, der das US-Kinopublikum auch noch bei Stange hielt, als die Filmpresse kaum noch ein gutes Haar an seinen Komödien ließ. Als die Kinoeinnahmen schließlich doch sanken, wechselte er zu Netflix, wo er mit Filmen wie „Murder Mystery“ weiterhin verlässlich Topzahlen generiert. Und dann hat der mit Blödel-Komödien berühmt gewordene Schauspieler wiederholt gezeigt, dass er auch ernstere Rollen beherrscht:

    Ob Paul Thomas Andersons bittersüßer „Punch-Drunk Love“, das Post-9/11-Drama „Die Liebe in mir“ oder Judd Apatows „Wie das Leben so spielt“ über einen milde gewordenen Stand-up-Komiker – die Meinungen zu diesen Filmen mögen variieren, aber Sandlers Performances wurden praktisch überall gelobt. Spätestens der ruhelose Geniestreich „Der schwarze Diamant“ sollte dann gar keine Zweifel mehr an Sandlers Können übergelassen haben – für viele war es die beste Schauspielleistung des Jahres, die Nicht-Oscarnominierung ein Witz. Und trotzdem wirkt sein neuer Film nun so, als wolle Sandler sich und uns weiterhin noch etwas beweisen: Jeremiah Zagars Netflix-Sport-Drama „Hustle“ ist sowohl eine Basketball-Underdog-Geschichte als auch eine Erzählung über einen Mann, der langsam sein Alter zu spüren bekommt.

    "Hustle" fühlt sich an, als wolle es Adam Sandler allen noch mal zeigen - und das gelingt ihm mit seiner betont zurückgenommenen Performance auch.

    Die Glanzzeiten von Basketball-Scout Stanley Beren (Adam Sandler) liegen zwar hinter ihm. Aber als er in Spanien den überaus vielversprechenden Basketballspieler Bo Cruz (Juancho Hernangomez) entdeckt, sieht er in ihm sein Rückfahrticket in die Welt des Erfolgs. Obwohl Stanleys Vorgesetzte nicht an Bo glauben, nimmt er den Bauarbeiter mit in die USA. Denn Stanley will mit aller Kraft beweisen, dass er immer noch ein Top-Gespür für besondere Talente hat – und dass es närrisch ist, nicht auf ihn und seine Erfahrung zu zählen...

    Adam Sandler wurde im Laufe seiner Karriere wiederholt vorgeworfen, in seinen Rollen als erwachsenes Kind meistens bloß Varianten seiner selbst zu spielen. Trotzdem lässt sich argumentieren, dass er nie zuvor eine Figur verkörpert hat, die so nah an ihm dran ist wie Stanley Beren: Ein schluffiger Kerl mit Charisma, der sich seinen albern-jugendlichen Sinn für Humor auch in seinen Fünfzigern noch bewahrt hat – was manchmal lustig-komisch und manchmal seltsam-komisch ist. Stanley teilt sich auch seine Begeisterung für Basketball mit Sandler, der dem Ballsport schon eigene Stand-up-Routinen widmete und über den zahlreiche Geschichten kursieren, wie er sich mit Fans freundlich-ehrgeizige Battles auf öffentlichen Basketballplätzen lieferte.

    Adam Sandler passt Vorlagen, statt selbst Körbe zu werfen

    Und auf die Gefahr hin, hier jetzt zu viel hineinzuinterpretieren: Wenn Stanley, der in seinem Job bereits viel geleistet hat, einmal mehr auf seine jüngste Fehlentscheidung reduziert wird, wirkt es glatt so, als wäre es der echte Sandler, der daraufhin zerknautscht ins Leere schaut, sich aber um ein höfliches Lächeln bemüht. Insofern ist „Hustle“ quasi sowas wie der filmische Bruder von „Out Of Play – Der Weg zurück“, dem Basketballdrama mit Ben Affleck als alkoholsüchtiger Trainer, der sein Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken versucht. Die beiden Filme eint schließlich auch eine bemerkenswerte Uneitelkeit ihrer namhaften Stars:

    Während Afflecks filmische Therapiesitzung auch in den unbequemen Momenten einer Entzugsgeschichte draufhält und überraschend wenig um Mitleid, sondern in erster Linie um Verständnis bittet, darf Sandler in „Hustle“ zwar einen Sympathieträger spielen. Trotzdem gibt sich Sandler damit zufrieden, in „Hustle“ durch zahlreiche Assists aufzufallen, statt sich ständig selbst nach vorne zu drängeln, um einen Slam Dunk nach dem nächsten zu landen. Sandler spielt Stanley als Talentsucher (und Karriereberater), der sich müde gearbeitet hat und gelegentlich auch kurzzeitig die Lust verliert – sich aber sofort wieder in die Sache verbeißt, wenn er glaubt, das nächste große Ding gefunden zu haben. Sobald Stanley aber Bo Cruz gefunden hat, versteht er sich nicht etwa als Mittelpunkt seiner eigenen Comeback-Geschichte, sondern schaut beratend und ermunternd vom Seitenrand zu.

    Adam Sandler muss sich in "Hustler" nicht immer in den Mittelpunkt spielen, sondern gibt sich mit einem beobachtenden Platz an der Seitenlinie zufrieden.

    Das größte Problem an „Hustle“ ist, dass Sandlers zurückhaltende Performance die von Taylor Materne und Will Fetters routiniert verfasste Story trotzdem schultern muss, als sei er allein ihr Dreh- und Angelpunkt: Juancho Hernangomez, auch im echten Leben ein in Spanien entdeckter NBA-Star, bringt zwar wenig überraschend die Physis eines Basketball-Naturtalents mit. Und Bos Unentschlossenheit, ob er von Stanleys Methoden angespornt, amüsiert oder genervt sein soll, bringt er glaubwürdig rüber. Doch davon abgesehen beweist er in „Hustle“ leider weder die mimische Komplexität noch die fesselnde Kamerapräsenz, um den „Rocky“-haften Aufstieg seiner Figur vom ungeschliffenen Niemand mit Potential zum fähigen Sportler zu vermitteln.

    Basketballfans werden dabei mit einer Vielzahl von Cameos bekannter Gesichter entschädigt, die – was in einer Sandler-Produktion nicht selbstredend ist – allesamt so nahtlos in die Story eingewoben werden. So werden ahnungslose Zuschauer*innen nicht ständig aus dem Film gerissen, nur weil sie jemanden nicht sofort erkennen. Auf der Schauspiel-Profiseite hinterlassen Queen Latifah als Stanleys gleichermaßen gewitzte wie nachdenkliche Frau Teresa, Ben Foster als arrogant-schmieriger Teamchef und Robert Duvall in einer kleinen Rolle als Stanleys vehementer Unterstützer zwar einen positiven, aber eher nicht bleibenden Eindruck.

    Eine zurückhaltende Regie für eine zurückhaltende Performance

    Jeremiah Zagars Regieführung ist da schon prägnanter: Der „We The Animals“-Regisseur inszeniert den Stoff betont unspektakulär, ganz so, als wolle er gegen die eine oder andere im Skript verankerte Konvention steuern. Selbst das nahezu obligatorische Treppenlauf-Training inklusive „Rocky“-Pose filmt er so distanziert, als wäre die Kamera Stanleys stiller Assistent, der außer Puste hinter dem Scout herrennt und ihn dabei beobachtet, wie er seinen Schützling erschöpft, aber stolz aus der Ferne bewundert.

    Diese auf Pathos verzichtende Bildsprache nimmt zwar etwas Schwung aus den Sportszenen, in denen Zagar außerdem mit großer Unschärfe spielt, um Bos Fokussierungsprobleme zu unterstreichen. Allerdings unterstreicht sie zuverlässig die Gefühlswelt der beiden Hauptfiguren, und sie vermag es sogar, durch ihre Distanznahme manch eine ungelenke, forciert wirkende Dialogpassage angenehm zu erden. Ähnliches gilt für Dan Deacons eingängige, pulsierende, an Genremaßstäben gemessen dennoch angenehm unkonventionelle Filmmusik.

    Fazit: Adam Sandler und ernstere Stoffe – ein Team, das einmal mehr gewinnt: „Hustle“ ist zwar konventioneller als „Der schwarze Diamant“ oder „Punch-Drunk Love“. Aber die gekonnt inszenierte Underdog-Geschichte gibt Sandler genügend Raum für eine ebenso charismatische wie authentisch wirkende Performance.

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