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    Heimkino-Tipp: Der vielleicht beste Film der letzten zehn Jahre – der immer noch viel zu unbekannt ist!
    Daniel Fabian
    Daniel Fabian
    -Redakteur
    Kino aus aller Welt ist wie reisen, ohne vom Sofa aufzustehen. Fremde Kulturen und neue Sichtweisen – davon kann man nie genug haben.

    „Once Upon A Time In Hollywood“, „Everything Everywhere All At Once“ oder doch „Interstellar“? Nein, wenn es um das ultimative Film-Highlight der letzten Dekade geht, hat für FILMSTARTS-Redakteur Daniel Fabian ein echter Geheimtipp ganz klar Vorrang…

    Wenn ich mal einen Blick auf meinen Letterboxd-Account werfe, habe ich in den letzten zehn Jahren nicht allzu oft die Höchstnote vergeben. Neben Sci-Fi-Meisterwerken wie „Interstellar“ und „Blade Runner 2049“ und Hollywood-Hommagen wie „Once Upon A Time In Hollywood“ und „La La Land“ waren mir auch so unterschiedliche Filme wie „Blindspotting“ und „The Raid 2“ die vollen fünf Sterne wert. Geht es jedoch um meine absolute Nummer 1 der letzten Dekade, muss ich nicht allzu lange überlegen, um einem anderen Film die Krone aufzusetzen …

    … einem, der nicht bloß rundum gelungen ist, sondern außerdem auch das gewisse Etwas mitbringt, das anderen Filmen fehlt. Einem koreanischen Mystery-Thriller, der zwar mit Lobeshymnen überhäuft wurde, bis heute aber dennoch viel zu unbekannt ist – gerade wenn man ihn mit koreanischen Über-Hits wie „Oldboy“, „Parasite“ oder „Squid Game“ vergleicht. Einem, den es zwar auch bei Amazon Prime Video* und Co. als Stream gibt, der sich aus einem ganz bestimmten Grund aber besonders in der Collector's Edition lohnt: Burning“ von Lee Chang-Dong.

    Bevor es um den Film selbst gehen soll, kurz zur Heimkino-Empfehlung: Capelight Pictures hat den Film als edle, limitierte Collector's Edition veröffentlicht, die nicht nur mit einem schicken Cover daherkommt, sondern vor allem mit satten vier Discs ausgestattet ist – darunter die Blu-ray des Films sowie reichlich Bonusmaterial. Doch wo die Mediabook-Edition den Unterschied macht: „Burning“ liegt in der besten Bild- und Tonqualität (4K) vor – und hat zusätzlich die exklusive Deutschlandpremiere von Lee Chang-Dongs „Peppermint Candy“ an Bord!

    Dabei handelt es sich bis heute um die einzige hiesige Auswertung des durch Mark und Bein gehenden, ebenfalls unbedingt sehenswerten Dramas, in dem einem tragischen Selbstmord auf den Grund gegangen wird. Ähnlich wie einst bei Denis Villeneuves „Enemy“, der im Mediabook dessen „Polytechnique“ exklusiv mit drin hatte, bietet die Collector's Edition von „Burning“ also die perfekte Gelegenheit, auch gleich noch ein zweites Juwel von Meisterregisseur Lee Chang-Dong nachzuholen. Und „Burning“? Der ist sowieso über jeden Zweifel erhaben.

    "Burning": Liebesdreieck mit Folgen

    Jong-soo (Yoo Ah-in) bleibt nichts anderes übrig, als Gelegenheitsjobs anzunehmen, um sich über Wasser zu halten. Ganz entgegen seiner Vorstellung, wie er sich sein Leben einst ausgemalt hatte. Schließlich hat er doch eigentlich studiert, um Schriftsteller zu werden. Doch das ist einfacher gesagt, als getan. Schließlich bezahlen sich Wohnung, Essen und Co. nicht von selbst.

    Als er eines Tages zufällig auf seine ehemalige Klassenkameradin Hae-mi (Jeon Jong-seo) trifft, scheint sich das Blatt jedoch zu wenden. Die beiden freunden sich an, verbringen sogar eine gemeinsame Nacht, bevor die Freundin von einst für eine Weile nach Afrika verschwindet. Aber egal: Die neue alte Bekanntschaft gibt Jong-soo Auftrieb, sodass er es kaum mehr erwarten kann, nach Hae-mis Rückkehr dort weiterzumachen, wo sie vor dem Trip aufgehört haben. Als Jong-soo seine Angebetete vom Flughafen abholt, folgt jedoch die böse Überraschung: Hae-mi hat Ben (Steven Yeun) im Gepäck – eine Bekanntschaft, die sie auf ihrer Reise gemacht hat.

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    Ben ist gutaussehend, erfolgreich, offensichtlich wohlhabend und schüchtert Jong-soo damit vom ersten Moment an ein. Und doch hält es ihn nicht davon ab, immer wieder Zeit mit den beiden zu verbringen – bis Ben eines Tages von seinem Hobby erzählt, Gewächshäuser in Brand zu stecken…

    Vom Mystery-Thriller zum Mysterium

    „Burning“ kann ganz klar als Mysteryfilm, als psychologischer Thriller definiert werden – und das nicht nur wegen der „poetisch-melancholischen Bildern“ von „Snowpiercer“-Kameramann Hong Kyong-pyo, die eine dichte Atmosphäre heraufbeschwören und auch in der 5-Sterne-FILMSTARTS-Kritik lobend hervorgehoben wird. Vor allem Lee Chang-Dongs Erzählung, die übrigens auf Haruki Murakami gerade einmal zehn Seiten umfassenden Kurzgeschichte „Barn Burning“ basiert, stellt die Weichen für Spannungskino der besonderen Sorte.

    Er nutzt die die komplexen Figuren von Jong-soo und Hae-mi für seinen Spannungsbogen. Verrät gerade so viel über sie, um sie interessant zu machen – und im Laufe des Films immer mehr zutage zu fördern. Während er dem Publikum so ermöglicht, die beiden weiter kennenzulernen, gelingt „Burning“ das Kunststück, auf der anderen Seite mit drastischen Wendungen neue Fragen aufzuwerfen. Und das Beste daran: Der Film spielt mit der Unwissenheit seines Publikums, macht sich das damit einhergehende Unbehagen zunutze – und wird damit vom Mysteryfilm selbst zum Mysterium. Hier werden keine plumpen Lösungsansätze breitgetreten, nichts Offensichtliches toterklärt – und einem stattdessen selbst überlassen, wie man bewusste Unklarheiten interpretiert. Und in welche Richtung man die Geschichte damit lenkt.

    Typisch Südkorea: Die volle Ladung Sozialkritik!

    Während es fast unmöglich ist, über den eigentlichen Plot des Films zu sprechen, ohne dabei zu viel zu verraten, ist „Burning“ – übrigens genauso wie die eingangs erwähnten Megahits „Parasite“ und „Squid Game“ sowie auch „Peppermint Candy“ – nicht zuletzt ein Spiegel der koreanischen Gesellschaft. Wer noch nie dort war, mit dem Kino von Bong Joon-Ho, Park Chan-Wook und Co. jedoch vertraut ist, kann das Land und seine Leute durch wiederkehrende Themen in ihren Filmen nämlich ein Stück weit kennenlernen.

    Die Zweiklassengesellschaft ist eines der gängigsten Motive des südkorenischen Kinos – und wird in „Burning“ auf erschütternde Weise auf die Spitze getrieben. Denn Lee Chang-Dong ist nicht um Lösungsansätze bemüht, nicht um Erklärung, will kein Allheilmittel präsentieren. Stattdessen lässt er sein Publikum die erst schmerzliche und irgendwann nur noch betäubende Machtlosigkeit spüren, mit der man sich seinem vermeintlich in Stein gemeißelten Schicksal letztlich stellen muss. In diesem Fall eben das Schicksal von Jong-Soo, der in eine mittellose Familie geboren wurde und von dieser Ungerechtigkeit zu immer drastischeren Taten getrieben wird – fest entschlossen, sich sein eigenes Glück zu nehmen. Zur Not mit Gewalt.

    Ach, und weil der Cast an dieser Stelle natürlich auch gewürdigt werden sollte: „The Walking Dead“-Star Steven Yeun spielt stark wie immer, tritt an der Seite von Yoo Ah-in („Hellbound“), vor allem aber neben der charismatischen Jeon Jong-seo völlig in den Hintergrund. Als moralisch flexibler Freigeist übt diese fast eine hypnotisierende Wirkung aus, brennt sich mit vielen kleinen Gesten und Blicken nachhaltig ins Gedächtnis – sowie letztlich mit einer der vielleicht besten Schauspielleistungen der 2010er. Kein Wunder, dass sie sich seitdem kaum vor Rollenangeboten retten kann – und seitdem unter anderem „Mona Lisa And The Blood Moon“, das koreanische „Haus des Geldes“ und den Netflix-Actionkracher „Ballerina“ anführen durfte...

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