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    Der kleine Nick
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Der kleine Nick
    Von Christian Horn

    Alfred Hitchcock hat einmal gesagt, man solle nach Möglichkeit nicht mit Kindern (und Tieren) drehen. Zu groß sei die Gefahr, dass sie am Filmset partout nicht das machen, was man von ihnen will. In der französischen Komödie „Der kleine Nick" von Laurent Tirard („Molière") treten jedoch recht charismatische Kinderdarsteller auf, die in diesem Fall sogar den Großteil des Charmes des Films ausmachen. Es liegt wohl an ihnen, dass der auf Kinderbüchern von René Goscinny („Asterix") basierende Film in seinem Heimatland, wo er bereits vergangenen Sommer in den Kinos lief, rund 5,5 Millionen Besucher anziehen konnte – die Inszenierung und der Plot wissen nämlich nur in Maßen zu überzeugen.

    Der kleine Nick (Maxime Godart) lebt mit seinen Eltern im Frankreich der Sechzigerjahre. Als er in der Schule einen Aufsatz darüber schreiben soll, was er später einmal werden will, findet er keine Antwort: Nichts will er werden – alles soll genauso bleiben, wie es ist. Nicks Vater (Kad Merad, „Willkommen bei den Sch'tis") verdient das Geld, während seine Mutter (Valérie Lemercier, „Ein perfekter Platz") den Haushalt regelt und den Sohn mit viel Liebe umsorgt. Die heile Welt des Protagonisten gerät ins Wanken, als Papa und Mama plötzlich gar nicht mehr streiten. Anstatt sich darüber zu freuen, vermutet Nick nämlich, dass ein kleiner Bruder unterwegs ist und er selbst – da er dann ja nicht mehr gebraucht würde – als ausgesetztes Kind im Wald endet. Gemeinsam mit seinen Schulfreunden unternimmt er eine Reihe chaotischer Gegenmaßnahmen...

    Im Kern ist „Der kleine Nick" ein Film über die sehr menschliche Angst vor Veränderung – im konkreten Fall bedeutet das: Nick fürchtet, dass die Eltern ihm wegen des neuen Kindes jegliche Aufmerksamkeit und Liebe entziehen. Diese Angst ist das – selbstredend nicht sonderlich komplex verhandelte – Thema des Films, das durch den Aufhänger mit der geschwisterlichen Konkurrenz eine Situation beschreibt, die dem angepeilten Zielpublikum möglicherweise aus eigener Erfahrung bekannt ist. Nick ist geprägt von einem Sicherheitsdenken, verfügt also, wenngleich noch ein kleiner Junge, über eine ziemlich konservative Gesinnung - ganz im Gegensatz zum typischen Kinderfilm-Star, man denke nur an Pippi Langstrumpf, die Wilden Hühner oder Bart Simpson. Am Ende aber entdeckt Nick die Fähigkeit zur Anpassung an neue Umstände – und versteht, dass Veränderung eben dazugehört und Stillstand keine Option ist.

    Aus dieser Situation heraus reiht Laurent Tirard teils überzogene und nicht immer komische Szenen aneinander, in denen Nick dem drohenden Unheil vorbeugen will. Letztlich setzen er und seine Freunde einen vermeintlichen Auftragsmörder – der in Wahrheit ein Kfz-Mechaniker ist – auf den noch ungeborenen Bruder an. Die verlangte Geldsumme wollen die Jungs die zweite Filmhälfte über auftreiben, etwa mit illegalen Glücksspielen auf dem Schulhof oder einem zusammengepanschten Zaubertrunk, der angeblich besonders stark macht (eine Referenz an „Asterix"). Spannend oder von besonderem Unterhaltungswert sind diese Versuche jedoch selten: Dafür sind sie schlicht zu beliebig und auch ein Stück zu harmlos, selbst wenn eine Blumenverkäuferin unter einem Berg Kakteen landet. Recht schön anzusehen ist hingegen die Ausstattung: Eingefangen von einer unaufgeregten Kamera liefern die Kostüme und Kulissen von „Der kleine Nick" ein zuverlässiges Bild der konservativen Gesellschaft der Sechziger.

    Die Kurve bekommt Tirards Publikumserfolg letztlich nur wegen der Kinder. Maxime Godart, der zum ersten Mal in einem Film auftritt, scheint die Rolle des Nick wie auf den Leib geschrieben. Ganz unverkrampft und mit kindlicher Sorglosigkeit, also ganz anders als seine Figur, geht er die Szenen an. Hinzu kommt, dass er ein recht goldiger Kerl ist und schon allein deshalb die Sympathien auf sich zieht. Auch die an seiner Seite spielenden Kinder (ebenfalls süß) füllen ihre Rollen gut aus, wobei nicht verschwiegen werden soll, dass all diese Figuren reine Klischees sind (der Dicke, der Streber, der (Schul-)Versager, der Sohn reicher Eltern), die keine weitere Ausdifferenzierung erfahren. Die Besetzung erfolgte also nach Typen - eine Rechnung, die schlussendlich aufgeht. Besonders fällt Victor Carles auf, der als schrulliger Sidekick Chlodwig vielleicht sogar der heimliche Star des Films ist – die meisten der tendenziell rar gesäten Lacher gehen jedenfalls auf sein Konto. Ob das aber reicht, um „Der kleine Nick" auch in Deutschland – wo er ohne weitreichende Bekanntheit der adaptierten Kinderbuchreihe startet – zum Kassenerfolg zu machen, erscheint durchaus fraglich.

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