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    Felon
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Felon
    Von Anna Lisa Senftleben

    Manche Fehler bringen einen in Situationen, auf die man in seinen kühnsten Albträumen nicht gefasst war. Da legt man sich abends ohne bösen Gedanken mit seiner Frau schlafen und landet am nächsten Morgen für drei Jahre im Knast. In seinem Gefängnisdrama „Felon“ erzählt Ric Roman Waugh, der bisher vor allem als Stuntman, aber auch als Schauspieler tätig war, die Geschichte eines unbescholtenen Bürgers, der sich plötzlich als Häftling im Hochsicherheitstrakt eines amerikanischen Gefängnisses wiederfindet. Trotz eines minimalen Budgets von gerade einmal 2,9 Millionen Dollar holt der Regisseur dank seiner glaubwürdigen Hauptdarsteller und einer authentischen Kulisse einiges an Spannung aus dieser nicht gerade taufrischen Storyidee heraus.

    Für Wade Porter (Stephen Dorff, Blade) könnte es kaum besser laufen: Er besitzt eine eigene kleine Firma und lebt zusammen mit seiner wunderschönen Frau Laura (Marisol Nicholas) und Sohn Mickey (Vincent Miller) im eigenen Heim. Doch eines Nachts bricht die Katastrophe in Form eines Einbrechers über der Kleinfamilie herein. Um seine Familie zu schützen, verfolgt Wade den Eindringling und schlägt ihn im Garten nieder. Dummerweise hat der Schlag tödliche Folgen. Außerhalb der eigenen vier Wände gilt das allerdings nicht mehr als Notwehr, sondern als Totschlag. Wade muss, nachdem er sich auf Anraten seiner Pflichtverteidigerin schuldig bekannt hat, für drei Jahre in den Knast. Als ob dies nicht schon schlimm genug wäre, gerät Porter gleich auf der Busfahrt ins Gefängnis auch schon in den nächsten Schlamassel: Ein Mithäftling wird angegriffen und Wade die Sache in die Schuhe geschoben. Nun droht noch eine zusätzliche Strafe. Der Knastalltag bedeutet ein Leben geprägt von den Quälereien des sadistischen Oberwärters Lt. Jackson (Harold Perrineau, serie,12) und den Rivalitäten zwischen den diversen Gangs. Erst Wades neuer Zellenkumpan John Smith (Val Kilmer, Heat, Kiss, Kiss, Bang, Bang), ein 16-facher Mörder, scheint einen Ausweg aus diesem Gewaltsumpf zu kennen…

    Ohne großes Vorgeplänkel oder bremsende Rückblenden erzählt „Felon“ die geradlinige Geschichte eines Mannes, der in die Fänge der US-amerikanischen Justiz gerät und sich fortan im knallharten Gefängnismilieu – im wahrsten Sinn des Wortes – durchboxen muss. Regisseur Waugh reicht eine Mini-Zelle und ein Hoftrakt, in dem es regelmäßig zu Schlägereien zwischen den Mitgliedern der verschiedenen Gangs kommt, um ein stimmiges Bild des brutalen Knastalltags zu entwerfen. Um das Gefängnisleben möglichst realistisch darstellen zu können, legte Waugh großen Wert darauf, dass die meisten Nebendarsteller wirkliche Ex-Knackis und ihre farbenprächtigen Ganzkörpertattoos alle echt sind. Gedreht wurde außerdem in einem ehemaligen Gefängnis in Santa Fe, New Mexico, um den realen Anstrich der Produktion noch zu verstärken.

    Doch „Felon“ ist mehr als ein Porträt des brutalen Knastalltags, der Film konzentriert sich genauso auch auf das Innenleben seiner beiden Hauptfiguren Wade Porter und John Smith. Auch ihr sadistischer Gegenspieler Lt. Jackson kommt nicht zu kurz. Alle drei Figuren kommen in ihrer Zerrissenheit dank der Darstellungskunst von Dorff, Kilmer und Perrineau glaubwürdig rüber. Besonders realistisch wirken auch die Kampfsequenzen, weil diese mit Handkameras gefilmt wurden und der Zuschauer sich so beinahe als Teil des Geschehens fühlt. „Felon“ zeigt dabei jedoch nicht einfach nur, wie sich Knastbrüder gegenseitig die Schädel einschlagen, sondern funktioniert auch als bissige Kritik an einem Justizsystem, in dessen Fänge man beim besten Willen nicht geraten möchte. Um diese Kritik so authentisch wie möglich zu gestalten, verfolgte Waugh einen dokumentarisch angehauchten Stil, wie er im DVD-Extra „Das Haifischbecken: Hinter den Kulissen“ erklärt.

    Waugh ist es gelungen, die ausweglose Gewaltspirale, in die Wade gerät, mit all ihrer Brutalität und Ohnmacht darzustellen. Das ist auch der beklemmenden Kulisse zu verdanken: Der Hof ist ein Platz voller brutaler Schläger, Gangs, die sich aus den unterschiedlichsten ethnischen Gruppen zusammensetzen, tummeln sich hier, und die Wärter beobachten alles durch eine Glasscheibe und versüßen sich mit Wetten auf die Kontrahenten im Hof den Arbeitsalltag. Spielen die Insassen nicht nach ihren Regeln, rufen sie sie kurzerhand mit Gummigeschossen zur Raison. Auch Dorffs glaubhafte Darstellung trägt hier dazu bei, dass man sich mit dem ausweglosen Leid der Häftlinge identifizieren kann. Ein wenig unbeholfen wirken lediglich jene Szenen, die das Privatleben des Sadisten-Aufsehers Lt. Jackson ausleuchten.

    Am Ende des Films geht dann alles ein wenig zu schnell, was ein Teil der Glaubwürdigkeit kostet. Insgesamt bleibt „Felon“ aber dennoch ein spannendes Drama um einen Mann, der sich plötzlich in der Hölle wiederfindet. Dies ist in erster Linie dem Spiel von und vor allem zwischen Val Kilmer und Stephen Dorff zu verdanken. Trotzdem fehlt im Endeffekt ein wenig an Hintergrundstory und poetischer Linie. Zweitere bieten auch Smiths eingestreuten Lebensweisheiten nicht. Im Gefängnisfilm-Genre hat sich „Felon“ so seinen Platz verdient, auch wenn er mit der Brillanz prominenter Vorbilder wie Die Verurteilten oder Flucht von Alcatraz natürlich längst nicht mithalten kann. Zumindest den Steven-Seagal-Schrott Halb tot steckt er aber mehr als locker in die Tasche.

    Fazit: „Felon“ ist gelungene Direct-to-DVD-Unterhaltung mit viel Action, ein wenig Tiefgang und stimmigen Darstellerleistungen.

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