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    Adèle und das Geheimnis des Pharaos
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Adèle und das Geheimnis des Pharaos
    Von Christian Horn

    Nachdem Luc Besson in den Achtzigern und Neunzigern mit einigen höchst eigenwilligen und visuell herausragenden Produktionen für Cineasten aufgefallen ist – etwa „Subway", „Im Rausch der Tiefe" oder „Léon - Der Profi" – scheint er sich im neuen Jahrtausend auf Familienunterhaltung festzulegen. „Arthur und die Minimoys" sowie dessen Nachfolger (ein dritter Teil ist in der Mache) markierten nach sechs Jahren Leinwand-Abwesenheit den Anfang dieser Entwicklung. Auch Bessons aktueller Film, der auf Comics von Jacques Tardi basierende „Adèle und das Geheimnis des Pharaos" mit dem schönen Originaltitel „Les aventures extraordinaires d'Adèle Blanc-Sec", fügt sich in dieses Bild, wenngleich das Fantasy-Abenteuer auch ein oder zwei für Kinder weniger geeignete Szenen parat hält. Die frühere narrative Eleganz, die beeindruckenden Bilder und Inszenierungs-Einfälle des französischen Regisseurs lässt „Adèle" zwar nur in einigen Momenten durchblicken, unterhaltsames Abenteuer-Kino beherrscht er aber auch so . Es scheint, als sei Luc Besson – und dabei ist er nicht der erste seiner Zunft, dem dieses Schicksal widerfährt – nicht mehr durchgehend in der Lage, seinem teils beeindruckenden Oevre noch etwas Meisterhaftes hinzuzufügen.

    Die so attraktive wie schlagfertige Adèle Blanc-Sec (Louise Bourgoin) lebt als emanzipierte Reporterin und Teilzeit-Archäologin im Paris des Jahres 1912. In Ägypten gelingt sie auf abenteuerliche Weise – und gegen den Willen ihres Konkurrenten Dieuleveult (Mathieu Amalric) – in den Besitz einer Mumie, die sie in ihre Heimatstadt verschifft. Sie hofft, die Mumie mit Hilfe der telekinetischen Fähigkeiten eines steinalten Professors (Jacky Nercessian) auferstehen zu lassen, damit diese ihrer Schwester dank antiker Medizin-Geheimnisse aus dem Koma hilft. Doch Paris steht gerade Kopf: Ein Flugsaurier ist aus einem Millionen Jahre alten Ei des Naturkundemuseums geschlüpft und versetzt die Großstädter in helle Aufregung. Inspektor Caponi (Gilles Lellouche) übernimmt die Ermittlungen und macht alsbald den Telekinese-Professor dingfest, dessen Fähigkeiten das Unheil zu verantworten haben. Das harsche Urteil: Enthauptung durch die Guillotine. Das verträgt sich jedoch gar nicht mit den Erweckungs-Plänen Adèles und so schnell gibt die rasende Reporterin nicht auf.

    Das Epizentrum des Films ist ohne Frage die titelgebende Adèle Blanc-Sec, die Luc Besson als eine Art weiblichen Indiana Jones oder eben ein französisches Äquivalent zu Lara Croft zeichnet. Zwischen „Nikita" und „Johanna von Orléans" hat Besson schon des Öfteren seine Vorliebe für starke Frauenfiguren bewiesen und zumindest in diesem Aspekt schließt der Film an seine früheren Werke an. Die Figur der Adèle ist nicht nur die wesentliche Identifikationsfigur des Films, sondern auch eine der größten Stärken desselben. Louise Bourgoin, deren Debüt in Anne Fontaines „Das Mädchen aus Monaco" in gar nicht weit entfernter Vergangenheit liegt, bereichert die Figur mit einer charismatischen Präsenz und ihren unverkennbaren erotischen Reizen, die Besson in der einen oder anderen Szene betont. Mathieu Amalric, ansonsten ein fraglos talentierter Schauspieler, bleibt hingegen etwas blass. Das liegt zum einen daran, dass er als Antagonist nur wenige Auftritte absolviert, und zum anderen an der Maske, hinter der er kaum auszumachen ist. Amalric kommt so selten über eine Funktion als Schießbudenfigur hinaus.

    Aber auch die Präsenz von Louise Bourgoin kann das mitunter zerfahrene Werk nicht auf die Stufe früherer Besson-Meisterstücke hieven. Das liegt nicht nur an der nicht sonderlich einfallsreichen Story (eine solche ist in diesem Genre schließlich keine Seltenheit), sondern auch an der Inszenierung. Auffällig sind vor allem die Spezialeffekte, die sich unter dem gegenwärtigen Standard bewegen und daher nicht immer begeistern. Die zahlreichen humorvollen Szenen wirken ab und dan albern: Stärken offenbaren hingegen die schwarzhumorigen Einschübe – etwa ein ungewollt abgefeuerter Schuss, der ausgerechnet ein süßes Schaf tötet. Davon abgesehen bietet „Adèle" einige Schauwerte wie tolle Kostüme oder die in der Tat lustigen Mumien, die später Paris bevölkern. Die Bilder der französischen Hauptstadt um 1900 bleiben jedoch seltsam unspektakulär.

    Fazit: Langweilig wird „Adèle und das Geheimnis des Pharao" dank der rasenden Abfolge der Ereignisse, der teils skurrilen Situationen und den gnadenlos überzeichneten Figuren nie – und es gibt durchaus Momente, die vollends überzeugen. Insgesamt legt Luc Besson einen ordentlichen Blockbuster vor, der die inszenatorischen Stärken seiner klassischen Filme nur ab und zu durchscheinen lässt. Der beste Grund, sich „Adèle" im Kino anzuschauen, bleibt aber die überragende Louise Bourgoin.

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