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    William S. Burroughs - A Man Within
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    William S. Burroughs - A Man Within
    Von Christian Horn

    Der 1914 in Saint Louis geborene und im August 1997 verstorbene Schriftsteller William S. Burroughs zählt zwar zu den einflussreichsten Literaten des 20. Jahrhunderts, blieb aber stets ein Außenseiter im Kulturbetrieb. Von daher ist es zunächst einmal begrüßenswert, dass dem Autor von „Naked Lunch" mit „William S. Burroughs: A Man Within" endlich ein abendfüllender Dokumentarfilm gewidmet wird. Doch schon nach wenigen Minuten ist klar, dass Regiedebütant Yony Leyser seinem schillernden Protagonisten und dessen Vermächtnis als Autor nicht gerecht wird. Sein konventioneller Dokumentarfilm erscheint beinahe wie eine Fernsehreportage, die ihren Gegenstand bloß distanziert beschreibt, statt in die Tiefe vorzudringen. So bleibt die im Titel angekündigte Reise ins Innere von William Burroughs zu sehr an der Oberfläche verhaftet – auf der Habenseite verbleiben allenfalls die überblickartige, mit teils ungesehenen Fotos und Videos illustrierte Zusammenschau der wichtigsten Lebensdaten und Themen des Schriftstellers.

    Zusammen mit Allen Ginsberg („Howl") und Jack Kerouac („On the Road") ist William S. Burroughs ein zentraler Vertreter der „Beat Generation", einer Gruppe von Künstlern, die in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und in der Folge von Autoren wie F. Scott Fitzgerald („Der große Gatsby") oder Ernest Hemingway („Der alte Mann und das Meer") eine neue Stilrichtung begründeten, die gemeinhin als „erste moderne literarische Subkultur" gilt. Burroughs Werke thematisieren Tabuthemen wie Homosexualität und Heroin in einer Weise, die im Kontext der Entstehungszeit hochgradig subversiv war und ihn zur Ikone der Queerbewegung und einem (Anti-)Helden der Junkies machte. Seine eigene Drogenabhängigkeit, die Burroughs lebenslang beschäftigte, und seine Vorliebe für Waffen thematisiert „A Man Within" mit gutem Grund, denn beides fällt in einem tragischen Ereignis zusammen: Im betrunkenen Zustand wollte Burroughs mit seiner Ehefrau die berühmte Apfelschussszene aus der Wilhelm-Tell-Sage nachstellen und verletzte sie dabei tödlich. Für den Unfall musste er nur zwei Wochen ins Gefängnis, die literarische Produktion des Autors aber wurde bis zu seinem Tod von diesem Unglück überschattet.

    In weitgehend chronologischer Folge schreitet Yony Leyser die Burroughs' Biografie ab, um die wichtigsten Einschnitte im Privatleben und die großen literarischen Wegmarken seines Protagonisten herauszustellen. Peter Weller, der die Hauptrolle in David Cronenbergs Adaption von „Naked Lunch" spielte, spricht einen Begleitkommentar, der das Gezeigte einordnet, Überleitungen schafft oder zentrale Punkte zusammenfasst. Daneben gibt es viele Interviewausschnitte, in denen prominente Weggenossen wie Patti Smith, Iggy Pop, Gus Van Sant („Drugstore Cowboy") oder John Waters („Pink Flamingos") ihr Verhältnis zu Burroughs darlegen und seinen Einfluss auf ihr eigenes Werk beschreiben. Dazu zeigt Leyser thematisch passende Fotografien und Privataufnahmen, Buchcover oder Zeitungsartikel.

    Burroughs' Einfluss auf die Pop- und Gegenkultur ist unübersehbar und so wird „A Man Within" immer dann interessant, wenn Yony Leyser die vielfältigen Spuren seines Protagonisten aufzeigt. Leider geschieht dies jedoch fast ausschließlich in den schwärmerischen Interviews. Letztlich lässt der Dokumentarfilm nur erahnen, in welcher Weise Burroughs Andy Warhol, die Literaturtheorie oder die Punkbewegung inspirierte. Kundige Verweise auf wesentliche Textstellen, etwa aus dem prophetischen Essay „Die Elektronische Revolution" oder dem Roman „Soft Machine", fehlen ebenso wie ein differenzierter Blick auf die Werke, Künstler und Bewegungen, die Burroughs zitieren oder aufgreifen.

    Fazit: Viel mehr als einen ersten Überblick über Leben und Werk des ikonischen Schriftstellers William S. Burroughs liefert Yony Leyser mit seinem Erstlingswerk nicht. Eine fundierte Auseinandersetzung mit seinem Protagonisten kann der nach arg konventionellen Mustern inszenierende Dokumentarfilmer so leider nicht anbieten.

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