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    Vor ihren Augen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Vor ihren Augen
    Von Christoph Petersen

    Das Muster für Hollywood-Remakes von fremdsprachigen Erfolgsfilmen ist meist dasselbe: (viel) mehr Geld, dafür weniger Ecken und Kanten. Deshalb überrascht es auch nicht, dass das Thriller-Drama „Vor ihren Augen“ mit einem Budget von 20 Million Dollar etwa zehn Mal soviel wie das argentinische Original „In ihren Augen“ verschlungen hat. Überraschend ist hingegen, dass man davon - mit Ausnahme der bekannten Namen auf dem Poster - kaum etwas sieht: Während Juan José Campanellas „In ihren Augen“ bei der Oscar-Verleihung 2010 in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film noch über die Konkurrenz um „Das weiße Band“ triumphierte, weil er nicht nur empörende politische Verstrickungen entlarvte, sondern auch mit einer unglaublich intensiven Inszenierung beeindruckte, konzentriert sich Billy Ray in seiner US-Neuverfilmung nun fast ausschließlich auf das Runterrasseln des Plots der Romanvorlage von Eduardo Sacheri.

    Ray Karsten (Chiwetel Ejiofor, „Selma“) ermittelt für eine Anti-Terror-Einheit des FBI in Los Angeles, als er einen Anruf wegen einer Mädchenleiche erhält, die ganz in der Nähe einer von ihm beobachteten Moschee in einem Müllcontainer gefunden wurde. Als sich die Tote als Tochter seiner Partnerin Jess Cobb (Julia Roberts, „Erin Brockovich“) entpuppt, steigert sich Ray immer mehr in den Fall hinein, während er sich zudem in die neue Bezirksstaatsanwältin Claire Sloan (Nicole Kidman, „The Hours“) verguckt... Auf einer zweiten parallel geführten Handlungsebene stößt Ray 13 Jahre später, er ist inzwischen längst nicht mehr beim FBI, auf eine neue Spur. Das Trio Ray, Jess und Claire muss sich entscheiden, ob es den offenbar weiterhin ungeklärten alten Fall noch einmal aufwärmt oder besser für immer ruhen lässt...

    Die inzwischen schon legendäre Stadionszene aus „In ihren Augen“ ist eine der intensivsten Action-Sequenzen der Kinogeschichte - das Pendant im Remake ist hingegen eine Verfolgungsjagd wie jede andere: Auch in der nach „Lüge und Wahrheit“ und „Enttarnt“ dritten Regiearbeit des oscarnominierten Drehbuchautors Billy Ray (für „Captain Phillips“) liegt der Fokus klar auf der verschachtelten Handlung im engeren Sinn und nicht auf inszenatorischen Finessen. Die Übertragung der Auswüchse der argentinischen Militärdiktatur auf den amerikanischen Krieg gegen den Terror ist dabei genau wie Rays Regie allerdings nicht mehr als funktionell und läuft auf die nicht gerade taufrische Erkenntnis hinaus, dass US-Behörden dem Terrorkampf alles andere unterordnen. Frische Ideen zum Thema oder neue Perspektiven hat der Filmemacher nicht zu bieten. Über jeden Zweifel erhaben sind hingegen seine drei Hauptdarsteller, allen voran Julia Roberts in einer erfrischend uneitlen (und ungeschminkten) Performance als verzweifelte Polizistin und Mutter: Von Oscar-Prognostikern wurde sie in den vergangenen Monaten verdientermaßen immer wieder als Kandidatin für eine Nominierung als Beste Nebendarstellerin genannt - allerdings haben die verhaltenen Reaktionen auf den Film das in der Folge mehr als unwahrscheinlich werden lassen.

    Fazit: „Vor ihren Augen“ ist ein trotz starker Schauspielleistungen speziell von Chiwetel Ejiofor und Julia Roberts lediglich durchschnittliches Thriller-Drama. Dem Vergleich mit dem oscargekrönten argentinischen Original „In ihren Augen“ kann dieses Remake absolut nicht standhalten.

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