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    Keinohrhase und Zweiohrküken
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Keinohrhase und Zweiohrküken
    Von Christoph Petersen

    Alles begann mit der Ausrede eines schlechten Bastlers: Als Klatschreporter Ludo alias Til Schweiger im Kindergarten seiner Tochter beim Kuscheltiernähen völlig versagt, erfindet er kurzerhand die Geschichte vom „Keinohrhasen“ - der Rest ist deutsche Kino(erfolgs)geschichte! Die bei mehr als sechs Millionen Besuchern unvermeidliche Fortsetzung „Zweiohrküken“ enttäuschte dann zwar, aber dafür entpuppte sich das von Schweiger selbst geschriebene Bilderbuch „Keinohrhase und Zweiohrküken“ als Volltreffer. Die Illustrationen von Klaus Baumgart gerieten unheimlich niedlich und auch die Geschichte erwies sich mit ihrer Toleranz-Moral als viel ambitionierter als man es nach den zugrundeliegenden Filmen erwarten durfte. Nun bringt Til Schweiger auch noch die 3D-Animations-Verfilmung des eigenen Bilderbuchs, das wiederum auf den eigenen Komödien basiert, in die Kinos – und auch diese ist wieder ein Erfolg, obwohl sich der Regisseur Schweiger mit der für ihn typischen Kitschpop-Musikuntermalung im Fall von „Keinohrhase und Zweiohrküken“ ein klassisches Eigentor reinhaut.

    Nicht nur die anderen Hasen (alle gesprochen von Rick Kavanian) meiden Keinohrhase (Til Schweiger) wegen seiner fehlenden Ohren, sogar der Fuchs (Matthias Schweighöfer) macht bei der Jagd einen großen Bogen um ihn. In seiner verzweifelten Suche nach einem ebenfalls ohrenlosen Freund wendet sich der keinohrige Möhrenmümmler sogar an eine Vermittlungsagentur, aber auch die hat keinen passenden Kameraden für ihn in der Kartei. Doch dann landet per Zufall ein Ei vor der Tür des einsamen Hasen – und nachdem eine fixe Internetrecherche ergibt, dass in seiner Region weder gefährliche Tiere noch solche mit Ohren aus Eiern schlüpfen, macht sich Keinohrhase sofort daran, seinen zukünftigen besten Freund auszubrüten. Doch es folgt eine großohrige Überraschung: Aus dem Ei purzelt ein süßes Küken (Emma Schweiger) – allerdings eines mit zwei flauschig-gelben Lauschern…

    Für die Kinoumsetzung seines Bilderbuchs hat sich Til Schweiger ein starkes Team zusammengesucht: Immerhin zeichnen der Animations-Regisseur Thilo Graf Rothkirch und seine Produktionsfirma Cartoon-Film bereits für solche deutschen Vorschul-Highlights wie „Tobias Totz und sein Löwe“, „Der kleine Eisbär“ und „Lauras Stern“ verantwortlich. Und auch bei „Keinohrhase und Zweiohrküken“ schaffen es die Animations-Künstler nun erneut ganz hervorragend, den besonderen Look des Bilderbuchs auf die Leinwand hinüberzuretten (auch wenn man sich mitunter fragt, ob es ein klassischer 2D-Zeichentrickfilm nicht auch getan hätte). Ebenfalls gelungen ist die Auswahl der Stimmen – vor allem Matthias Schweighöfer („Schlussmacher“) und Emma Schweiger („Kokowääh“) bringen mit ihrer natürlichen Sprich-wie-dir-der-Schnabel-gewachsen-ist-Art eine Extraportion Schwung in den Film.     

    Trotz einiger amüsant eingesetzter Anachronismen (wie etwa eine „Google“-Recherche) und kleiner Slapstick-Einlagen mit dem Fuchs und dem Bären (Fahri Ogün Yardim) sowie eines vibrierenden Handy-Frosches hat „Keinohrhase und Zweiohrküken“ in Anbetracht seiner sehr jungen Zielgruppe überraschend wenige ungetrübte Spaß-Momente zu bieten. Stattdessen herrschen bittersüße Traurigkeit und reichlich Melancholie vor. Und während im Bilderbuch schon nach ein paar Seiten alles wieder gut ist, müssen sich die kleinen Besucher im Kino eben eine gute Stunde gedulden, bis Zweiohrküken schließlich doch noch das Fliegen lernt. Zu so viel Mut darf man Til Schweiger erst einmal gratulieren: Mit „Keinohrhase und Zweiohrküken“ fordert er sein Publikum mehr heraus als mit seinen sonstigen Kleinster-gemeinsamer-Nenner-Komödien.

    Obwohl er das junge Publikum insgesamt gut bei der Stange hält, schießt der Regisseur mit der Musikuntermalung über das Ziel hinaus: Durch die fast ausschließliche und überaus ausgiebige Verwendung der gefühligen Popmusik aus „Keinohrhasen“ kippt am Schluss selbst in einigen Slapstick-Momenten die Stimmung ins Bittersüße um. Das ist dann einfach zu viel: Das Feingefühl, durch das sich „Keinohrhase und Zweiohrküken bei der Figurenzeichnung (im doppelten Sinne) sowie bei der Darstellung von Freundschaft und Toleranz auszeichnet, fehlt beim Musikeinsatz. Statt der zu diesem neuen Film gar nicht passenden Musik aus Schweigers Überhit hätte ein auch für Kinder verständlicher fröhlich-eingängiger Soundtrack dem Animations-Abenteuer an vielen Stellen besser gestanden.

    Fazit: Der beste Til-Schweiger-Film seit „Keinohrhasen“!

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