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    Stolen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Stolen
    Von Robert Cherkowski

    Ist der Ruf erst ruiniert, spielt es sich ganz ungeniert! Das scheint das Motto von Nicolas Cage zu sein. Der Oscar-Preisträger (für „Leaving Las Vegas") war zwar schon immer vielbeschäftigt und dabei an Produktionen unterschiedlichster Qualität beteiligt, aber seit sich der Exzentriker beim Ankauf von Häusern und seltenen Comics arg verhoben hat, scheint er für Geld alles zu machen. Gelegentlich sieht man ihn zwar noch in Perlen wie Werner Herzogs „Bad Lieutenant" oder im modernen Klassiker „Lord of War", doch mehrheitlich sind es Titel wie „Wicker Man – Ritual des Bösen", „Know1ng - Die Zukunft endet jetzt", „Next", „Bangkok Dangerous", „Der letzte Tempelritter" oder „Trespass", die herauskommen und schnell wieder vergessen sind. Eins kann man Cage dabei allerdings nicht absprechen: Er gibt stets alles, egal ob seine Darbietung eher in Richtung Oscar oder Goldene Himbeere geht. So auch in Simon Wests „Stolen", einen Entführungs-Thriller, von dem einzig und allein Cages exaltierte Performance im Gedächtnis bleibt.

    Acht Jahre hat der Bankräuber Will Montgomery (Nicolas Cage) nach einem verpatzten Coup, bei dem es um zehn Millionen Dollar ging, hinter schwedischen Gardinen verbracht. Nun soll Schluss sein mit dem Leben auf der schiefen Bahn. Will möchte seine Tochter Alison (Sami Gayle) in Frieden aufwachsen sehen und mit seiner Freundin Riley (Malin Akerman) eine ruhige Kugel schieben. Doch das ist leichter gesagt als getan. Denn Harlend (Danny Huston), der Cop der ihn einst hochnahm, glaubt nicht an Wills Bekehrung und auch Vincent (Josh Lucas), ein Komplize aus Ganovenzeiten, hat ihn nicht vergessen. Er ist sich sicher, dass Will die zehn Millionen Beute von einst auf die Seite geschafft hat und entführt Wills Tochter, um ihn zu erpressen. Für Will beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit: Ihm bleiben nur zwölf Stunden, um das Geld aufzutreiben.

    Ein Blick auf Poster und Titel macht deutlich, an welchen Filmerfolg die Marketing-Mannschaft von „Stolen" andocken wollte. Der Luc-Besson-Reißer „96 Hours" (im Original: „Taken") mit Liam Neeson steht hier ganz klar Pate. Das scheint auch ein erster, oberflächlicher Vergleich zu bestätigen: Hier wie dort gibt es einen Mann (Neeson/Cage), der seine Tochter vor Gangstern retten muss und der dafür nur begrenzt Zeit hat (96 Stunden/12 Stunden). Doch „Stolen" ist keine weitere Fortsetzung neben „96 Hours - Taken 2" - kein „Taken 3". Vor allem macht dieser Actionthriller, der leider ohne nennenswerte Höhe- oder Tiefpunkte auskommt, nicht annähernd so viel Spaß wie sein erfolgreiches Vorbild. Der Schuldige ist dabei jedoch nicht Regisseur Simon West, der zuletzt die Star-Vehikel „The Mechanic" und „Expendables 2" zweckdienlich herunterkurbelte. Er hält stets das Tempo aufrecht, behält das Wesentliche im Blick und inszeniert sogar ein paar ansehnliche Verfolgungsjagden mit reichlich Blechschäden. Doch selbst diese bleiben nicht nachdrücklich in Erinnerung. Das liegt sicherlich zum Teil daran, dass das Budget zu knapp bemessen war, um den Film stilistisch glänzen lassen zu können. Die Entscheidung einen geradlinigen „allein-gegen-alle"-Reißer, der aber trotzdem jugendfrei bleiben soll, zu drehen, erweist sich als weiteres Problem. Nie wirkt das Geschehen druckvoll, nie hat man das Gefühl, es ginge um alles, nie wird man gepackt und in den Bann gezogen.

    Die eigentliche Qualität von „Stolen" offenbart sich nur dann, wenn man einen anderen Blickwinkel wählt. Simons Wests Action-Thriller ist ein lupenreiner „Nicolas-Cage-Film" und funktioniert als solcher perfekt. „Stolen" ist komplett auf seinen Star zugeschnitten. Der wirkt in vielen Szenen zwar völlig deplatziert, gibt jedoch trotzdem ALLES. Da kann sich Josh Lucas („Der Mandant") als Bösewicht noch so viel Mühe geben, den schmierigen Psychopathen zu mimen, Cage wirkt selbst bei profansten Bewegungen psychotischer und manischer als jeder Kontrahent. Sein Spiel schwankt dabei zwischen scheinbarem Wachkoma, geraunten Sätzen, die keinen Empfänger zu haben scheinen - und selbst in Dialogszenen wie Selbstgespräche wirken - und höchst expressionistischen Momenten. Das ist längst weit mehr als bloßes Overacting. Wer sich für ein solches „Cage against the Machine"-Spektakel nicht erwärmen kann, wird mit „Stolen" nicht viel anfangen können. Vom Star abgesehen, der alle Fans allerdings mit einer weiteren grenzgenialen Darbietung unterhält, regiert das Mittelmaß.

    Fazit: Cage genial – Film banal. Für sich betrachtet ist „Stolen" ein unspektakulärer Heuler ohne das gewisse Etwas. Nicolas Cage hingegen macht einfach sein Ding, lässt den Film Film sein und liefert ein weiteres Beispiel dafür, dass es nicht viel mehr braucht, als eine auf ihn gerichtete Kamera, um seine Fans zu begeistern.

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