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    Battle of the Year
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Battle of the Year
    Von Andreas Staben

    Über weite Strecken trägt Josh Holloway als abgetakelter Trainer einer Breakdance-Crew in „Battle of the Year“ den gleichen rau-männlichen Look zur Schau, den er als Gestrandeter Sawyer in der Mystery-Serie „Lost“ kultiviert hat. In Lee Bensons Sport-Drama ist der Stoppelbart-Beau selbst in betrunkenem, unausgeschlafenem und deprimiertem Zustand immer noch gewohnt attraktiv. Als der Coach in einer unvermeidlichen Storywendung schließlich neuen Lebensmut fasst und den ihn ständig begleitenden Flachmann ausrangiert, ist man trotzdem überrascht, dass es keine Szene gibt, in der er eines der Gesichtspflegeprodukte eines allgegenwärtigen Sponsors benutzt. Denn an anderer Stelle muss Holloway für ein peinliches Product Placement herhalten und mit schlecht gespieltem Unwissen einen Tablet-PC jenes japanischen Weltkonzerns bestaunen, der zufällig auch diesen Film in die Kinos bringt. „Das ist die Zukunft“, bekommen wir schließlich gemeinsam mit dem Trainer zu hören – und dies ist nicht die einzige aufdringliche Werbebotschaft für den Elektronikriesen. Nun sind solche Produktplatzierungen längst nichts Außergewöhnliches mehr, aber in „Battle of the Year“ gehört die Kommerzialisierung untrennbar zur klischeetriefenden Erzählung von Leistung und Disziplin: Nur Sieger lassen sich richtig gut vermarkten. Von den ursprünglichen Werten der Hip-Hop-Kultur ist in diesem viel zu wortlastigen Tanzfilm dagegen nur in einer brillanten Choreographie wirklich etwas zu spüren.

    Seit 15 Jahren hat kein US-Team mehr die inoffizielle Breakdance-Weltmeisterschaft, die „Battle of the Year“, gewonnen. Das ist dem Hip-Hop-Mogul Dante (Laz Alonso) ein Dorn im Auge - er will den Titel endlich in die Heimat des B-Boying zurückholen. Er engagiert seinen alten Weggefährten Jason Blake (Josh Holloway), der eine Crew auswählen und in nur drei Monaten zur Meisterschaftsreife bringen soll. Der früher bereits als Basketball-Trainer erfolgreiche Coach kommt auf die Idee, keine bereits bestehende Truppe zu verpflichten, sondern aus den besten Tänzern des ganzen Landes ein Breakdance-Dream-Team zusammenzustellen. 24 B-Boys schaffen es in sein vorläufiges Aufgebot, sie werden einkaserniert und müssen einem mörderischen Drill folgen. Jason kündigt an, jede Woche einen Kandidaten nach Hause zu schicken, bis die endgültigen 13 übrigbleiben. Mit der Hilfe seines jungen Assistenten Franklyn (Josh Peck) und der Choreographin  Stacy (Caity Lotz) gelingt es ihm schließlich aus einem Haufen egozentrischer Individualisten und Diven ein echtes Team zu formen, doch als sich kurz vor der Abreise zum „Battle of the Year“ ins französische Montepellier mit Rooster (Chris Brown) der wohl beste Tänzer der Crew verletzt, scheint alle Mühe umsonst gewesen zu sein…

    There’s no I in TEAM!“ Solche Plattitüden aus dem kleinen Kabinenansprachen-Einmaleins trichtert der strenge Coach seiner bunt zusammengewürfelten multi-ethnischen Truppe ein und verbietet deshalb kurzerhand den Gebrauch des Wörtchens „ich“ - wird es dennoch in den Mund genommen, muss das ganze Team unverzüglich 100 Liegestütze absolvieren. „Battle of the Year“ steckt voller solcher Sportfilm-Standards, ohne dass ihnen  Neues hinzugefügt würde. So laufen die Rivalitäten, Rangeleien und Rückschläge streng nach Schema F ab, nebenbei kämpft der Trainer mit eigenen Dämonen und der Sponsor hat nur den Sieg (und den Reibach, den er damit machen kann) im Kopf. In der Unverblümtheit, mit der hier kommerzielle und vermeintliche nationale Interessen vertreten werden, steckt dann allerdings auch einer der wenigen ungewöhnlichen Aspekte von „Battle of Year“. Hip-Hop und Breakdance (die Insider sprechen von B-Boying und B-Girling – letzteres kommt aber in diesem testosterondampfenden Film nicht vor) stammten schließlich von den Straßen New Yorks und so sei es, so Dante, an der Zeit, dass der „Titel dahin zurückkommt, wo er hingehört“. Vom Ausgang der Meisterschaft (gedreht wurde beim echten „Battle of the Year“ in Montpellier, aber das Dream Team und seine Gegner sind fiktiv) mag man unter diesen Voraussetzung zunächst überrascht sein, aber andererseits bietet er die perfekte Vorlage für eine Fortsetzung…

    Einmal geht es im Film darum, ob B-Boying denn nun Kunst oder doch eher Sport sei und der Trainer meint schließlich: „Warum nicht beides?“ Regisseur Lee Benson, der 2007 mit „Planet B-Boy“ bereits eine Dokumentation zum Thema drehte (von der hier mehrmals Ausschnitte zu sehen sind und die dabei ganz unbescheiden als „Bibel des Breakdance“ bezeichnet wird), zeigt uns allerdings fast nur die sportlichen Aspekte. Es geht um Training, Motivation und Disziplin, kaum um Ausdruck, Stil und Freiheit. Die Tanzszenen wurden zudem im Schneideraum so zerstückelt, dass oft nur noch einzelne akrobatische Kabinettstückchen übrig bleiben. Das ist bedauerlich, denn das wahre Können der Tänzer (auch Rapper Chris Brown schlägt sich mehr als ordentlich) blitzt immer wieder auf. Mit einem hektisch montierten 3D-Split-Screen-Overkill wie hier ist man von der visuellen Klasse etwa von „Step Up: Miami Heat“ allerdings meilenweit entfernt. Es gibt jedoch eine Sequenz, in der die B-Boys alle Versprechen einlösen dürfen und das ist der erste Auftritt des US-Teams beim großen „Battle“: Hier wird ein wahres tänzerisches Feuerwerk abgebrannt und in eine tolle gefühlvolle Choreographie eingebunden. Wenn die Tänzer mit verbundenen Augen in perfekter Harmonie halsbrecherische Moves ausführen und sich dabei buchstäblich blind aufeinander verlassen können, dann ist das eine wunderbare Illustration der Idee vom Schmelztiegel und für wenige Minuten entsteht ein ganz anderes Amerika-Bild.

    Fazit: Für die Dauer einer ebenso atemberaubenden wie berührenden Breakdance-Darbietung ist „Battle of the Year“ ein wirklich hervorragender Film, der Rest ist ein 08/15-Sportdrama mit einigen fragwürdigen Untertönen.

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