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    Mission: Impossible - Rogue Nation
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Mission: Impossible - Rogue Nation
    Von Andreas Staben

    „Die Geschichten können nicht alle wahr sein!?“, sagt ziemlich am Anfang des Films eine Figur bewundernd zu Ethan Hunt, als sie den Topspion erkennt. Worauf Tom Cruise nur mit seinem berühmten Lächeln reagiert: Die Verwirklichung des scheinbar Unmöglichen ist schließlich Programm in der Agenten-Action-Reihe, die mit Christopher McQuarries „Mission: Impossible – Rogue Nation“ in die fünfte Runde geht. Der Star und sein „Jack Reacher“-Regisseur geben der seit Brian De Palmas „Mission: Impossible“ von 1996 bewährten Mischung aus vertrackter Spionagestory und ausgefeilten Action-Highlights noch einmal neue Frische. Wie seine Vorgänger setzt auch McQuarrie eigene Akzente: Der oscargekrönte Drehbuchautor von „Die üblichen Verdächtigen“ treibt das für das Franchise typische Spiel mit Täuschungen und doppelten Böden auf die (selbst)ironische Spitze und garniert es mit einem diabolischen Bösewicht. Mit Tom Cruise in Topform, einem Agenten-Team, in dem die Chemie stimmt, Spannungshöhepunkten, die keine Konkurrenz scheuen müssen, und einem weiblichen Neuzugang, der allen die Schau stiehlt, ist „Rogue Nation“ ein Volltreffer.

    CIA-Direktor Alan Hunley (Alec Baldwin) sorgt nach den Eskapaden der Impossible Mission Force (IMF) im Kreml und anderswo dafür, dass die Spezialeinheit ihm untergeordnet und schließlich aufgelöst wird. Alle Agenten werden in die Zentrale zurückbeordert, doch Ethan Hunt (Tom Cruise) verweigert den Befehl und taucht unter. Er ist auf der Spur eines hochgefährlichen Rings aus abtrünnigen oder für tot gehaltenen internationalen Ex-Spionen namens „Das Syndikat“. Während Hunley diese Organisation für ein Hirngespinst Hunts hält, ist dieser überzeugt, dass von ihr eine existenzielle weltweite Bedrohung ausgeht. In London gerät der in Ungnade gefallene Agent in eine Falle von Syndikats-Mastermind Solomon Lane (Sean Harris), aus der Hunt nur mit Hilfe der mysteriösen Ilsa Faust (Rebecca Ferguson) entkommt. Monate vergehen, in denen Hunley Ethans einstige Teammitglieder Benji Dunn (Simon Pegg), William Brandt (Jeremy Renner) und Luther Stickell (Ving Rhames) erfolglos unter Druck setzt. Doch dann braucht Ethan Hilfe und lockt Benji nach Wien, wo er an der Staatsoper während einer Vorstellung von „Turandot“ ein Attentat auf den österreichischen Bundeskanzler verhindern will…

    Die fünfte Mission: Impossible beginnt gleich mit einem Paukenschlag: Tom Cruise hängt außen an der Tür eines Airbus A400, während das Flugzeug abhebt! Ein beeindruckender Stunt, den der inzwischen 52-jährige Superstar wie gewohnt persönlich absolvierte. Er zeigt erneut vollen Einsatz und macht keine Kompromisse, damit lässt er auch die abgefahrenste Action-Szene noch echt und gefährlich wirken: So wird das Ganze erst richtig aufregend. In seinem Element ist Cruise besonders bei einer zunehmend rasanten Auto- und Motorrad-Hatz über die Treppen von Casablanca und dann die staubigen Straßen des Umlands, dazu präsentiert er sich erneut als Dauerläufer und als versierter Nahkämpfer. Aber er gerät immer öfter an seine Grenzen, insbesondere bei einem waghalsigen Tauchstunt in einem Kraftwerk (eine weitere hochspannende Bravoursequenz). Überdies ist er als Agent ohne Nation und ohne Ressourcen alleine überfordert, und so wird „Rogue Nation“ auch ein Film über Teamgeist und Freundschaft: Simon Pegg („Shaun Of The Dead“) als immer ein wenig ängstlicher Benji, der sich für den bewunderten Ethan monatelang mit dem CIA-Lügendetektor rumschlägt, sorgt wieder für den Humor, Ving Rhames („Pulp Fiction“) als etwas eingerosteter Luther ist die Verkörperung der Loyalität, während Jeremy Renner („The Avengers 2“) als Brandt skeptisch sein darf und doch immer auf der richtigen Seite steht.

    Viele Actionblockbuster haben ihren Schwachpunkt beim Schurken, das galt auch für Brad Birds vierten „Mission: Impossible“-Film. Demgegenüber ist „Rogue Nation“ ein klarer Fortschritt, denn mit Sean Harris‘ („Prometheus“) Solomon Lane steht Ethan Hunt ein charismatischer Psychopath gegenüber, der dem Superagenten strategisch ebenbürtig ist. Er hat mit seiner brüchigen Stimme und den ausdruckslosen Augen nicht die einschüchternde Präsenz, die Philip Seymour Hoffman im dritten Film der Reihe zeigte, aber dafür strahlt Harris eine ungreifbare Bedrohlichkeit aus, die zu den ebenso vagen wie fatalen Welteroberungszielen seiner Organisation passt. Die faszinierendste Figur ist aber dennoch Ilsa Faust. Der Vorname ist eine von mehreren kleinen Verbeugungen vor dem Klassiker „Casablanca“, einer weiteren Erzählung über Treue und Verrat, aber Rebecca Ferguson („The White Queen“) macht die undurchsichtige Frau zwischen den Fronten zur absolut eigenständigen Figur, die sich nicht nur im Zweikampf den Männern gewachsen zeigt, sondern auch im Intrigenspiel – ohne sie wäre Ethan Hunt verloren. Neben Charlize Therons Furiosa in „Mad Max: Fury Road“ ist dies die zweite denkwürdige Frauenfigur des Actionsommers 2015 – und sie weiß im Gegensatz zu Bryce Dallas Howard in „Jurassic World“, wann sie die Schuhe ausziehen muss.     

    Die schnörkellose Kameraarbeit von Robert Elswit (Oscar für „There Will Be Blood“), die abwechslungsreiche Musik von Joe Kraemer („Jack Reacher“), der nicht nur Lalo Schifrins ikonische TV-Titelmusik verarbeitet, sondern auch Klänge von Mozart, Beethoven und Puccini clever integriert, sowie die geschickt verwendeten internationalen Schauplätze – all das hat Spitzenniveau. Das Prunkstück des Films ist das ausgedehnte Katz-und-Maus-Spiel in der prächtigen Wiener Staatsoper. Hier hat es Ethan Hunt gleich mit zwei Attentätern und mit Ilsa Faust zu tun. Während „Turandot“ mit der berühmten Arie „Nessun Dorma“ auf den Höhepunkt zusteuert, spitzen sich die Dinge hinter den Kulissen zu und eine Querflöte wird zum Mordinstrument. Die umsichtig orchestrierte Sequenz erinnert an Hitchcocks legendäres Spannungscrescendo in „Der Mann, der zuviel wusste“ und wird zusätzlich noch mit ein wenig „Mission: Impossible“-Verwirrspiel veredelt. Die Maskeraden wiederum erreichen in einer irren Konfrontation zwischen Geheimdienstlern und dem britischen Regierungschef (Tom Hollander mit einem amüsanten Porträt) einen Höhepunkt, der am meisten Spaß macht, wenn man ihn selbst entdeckt. Hier bekommt Alec Baldwin („The Departed“) die Gelegenheit zu einem denkwürdigen Ausbruch und Politik wird endgültig zur Farce. Aber anders als bei Jason Bourne und bei James Bond nach dem Reboot verweist das hier nicht auf die außerfilmische Realität: Ethan Hunt ist in seinem ganz eigenen Universum unterwegs.

     

    Fazit: Die „Mission: Impossible“-Reihe und ihr Hauptdarsteller Tom Cruise zeigen auch nach fast 20 Jahren keine Ermüdungserscheinungen: „Rogue Nation“ ist nahezu perfekte Blockbuster-Unterhaltung.

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