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    Zwischen zwei Leben - The Mountain Between Us
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Zwischen zwei Leben - The Mountain Between Us
    Von Antje Wessels

    Der palästinensische Regisseur Hany Abu-Assad („Omar“) lässt in seine Arbeit immer auch die angespannte politische Lage in seiner Heimat mit einfließen. Selbst seine träumerische Tragikomödie „Ein Lied für Nour“ über einen Sänger, der gegen alle Widerstände an der ägyptischen Version von „Deutschland sucht den Superstar“ teilnimmt, gewann durch die Widrigkeiten des Gaza-Krieges zusätzlich an Bedeutung und Tragik. Diese Ebene fällt bei der Romanverfilmung „Zwischen zwei Leben – The Mountain Between Us“ nun weg, aber das ist nicht das Problem. Vielmehr ist die mit Anleihen beim Survival-Drama versehene Romanze schlicht etwas seicht geraten. Wer nach Ansicht des dramatischen Trailers darauf gehofft hat, hier eine Art zweites „The Revenant“ mitzuerleben – nur eben mit Mann und Frau als Opfer anstatt eines einsam ums Überleben kämpfenden abgemagerten Leonardo DiCaprio – der dürfte recht enttäuscht das Kino verlassen. Nach einem starken Beginn rückt Drehbuchautor Chris Weitz („About A Boy“) nämlich in der zweiten Filmhälfte den moralisch-amourösen Konflikt zwischen der liierten Alex und ihrem Retter Ben in den Fokus und lässt den zunächst so spannenden Film zunehmend ins Sentimental-Kitschige abdriften.

    Als die Fotojournalistin Alex Martin (Kate Winslet) und der Neurochirurg Ben Bass (Idris Elba) am selben Flughafen festsitzen, beschließen sie, gemeinsam eine kleine Privatmaschine zu mieten, um rechtzeitig nach Hause zu kommen. Auf dem Flug über die schneebedeckten kanadischen Berge erleidet der Pilot Walter (Beau Bridges) plötzlich einen Herzschlag, steuert die Maschine unaufhaltsam in Richtung Felsplateau und stirbt. Alex und Ben hingegen überleben den anschließenden Crash schwer verletzt und sitzen gemeinsam mit dem Hund des Piloten in den Bergen fest. Sie müssen sich gegen feindselige Raubkatzen und die bittere Kälte behaupten und suchen gemeinsam einen Weg ins Tal. Auf dem schwierigen und gefährlichen Trip entwickeln sie langsam Gefühle füreinander. Doch während Ben nach einer schmerzhaften Trennung längst bereit für eine neue Liebe ist, wartet Alex‘ Freund (Dermot Mulroney) in der Heimat auf seine Verlobte…

    Der Originaltitel „The Mountain Between Us“ suggeriert, dass die beiden Protagonisten einen Berg überwinden müssen, doch das darf man trotz des Absturzes in der Wildnis nicht zu wörtlich nehmen. Treffender ist letztlich die deutsche Variante, denn es ist die innere Zerrissenheit von Alex, die hier zum bestimmenden dramatischen Konflikt ausgebaut wird. Sie muss sich entscheiden zwischen dem heldenhaft auftretenden Ben und ihrem als betont verständnisvoll gezeichneten Verlobten Mark – also gleichsam „zwischen zwei Leben“. Das ist sicher eine belastende Situation, aber keine Frage von Leben und Tod, daher wirkt die Zuspitzung ziemlich gewollt und melodramatisch, die behauptete Fallhöhe wird nie emotionale Wirklichkeit. Ganz nüchtern betrachtet spricht letztlich eher wenig gegen die aufkeimende Liebe zwischen Alex und Ben. Ab dem Moment, in dem die beiden in einer verschneiten Waldhütte leidenschaftlich übereinander herfallen, scheint der Ausgang der Geschichte vorgezeichnet, zumal der Zuschauer kaum etwas über den vermeintlichen Nebenbuhler Mark erfährt. So sind die späteren Schwierigkeiten eher theoretisch (eine Verlobung löst man eben nicht einfach so auf) als emotional nachvollziehbar.

    Die im unverblümten Schmonzettenton endende Liebesgeschichte mit ihren konstruierten Wendungen steht in radikalem Kontrast zum anfänglich an den Tag gelegten Realismus. In der ersten Dreiviertelstunde konzentriert sich Hany Abu-Assad nämlich ausschließlich auf den harten Überlebenskampf der Verunglückten und lässt dabei ungeschönt-echtes Abenteuerflair aufkommen, wozu auch gehört, dass der Film in dieser Phase angenehm unberechenbar ist. Da ist man als Zuschauer alles andere als sicher, ob die beiden Abgestürzten wirklich überleben und staunt nebenbei über die unerhörten Herausforderungen, mit denen die beiden sich konfrontiert sehen: Vom Praktischen (Wie soll man bei zweistelligen Minustemperaturen eigentlich ohne fremde Hilfe pinkeln?) bis zum Gefährlichen (Hält das Eis?) entfaltet sich vor fantastisch schöner Naturkulisse ein packendes Überlebensdrama, das durch die persönliche Annäherung zwischen Alex und Ben noch eine zusätzliche Dimension bekommt – doch dann gerät „Zwischen zwei Leben – The Mountain Between Us“ aus dem Gleichgewicht.

    Ob in der faszinierenden ersten oder in der enttäuschenden zweiten Hälfte: Getragen wird der Film klar von den beiden Hauptdarstellern. Kate Winslet (Oscar für „Der Vorleser“) und Idris Elba („Bastille Day“) stürzen sich zunächst in eine mitreißende körperliche Tour de Force und versuchen später dann unentwegt, aber letztlich vergeblich, gegen die seichten Dialoge anzuspielen. Obwohl Handlungsweisen und Hintergründen zu wesentlichen Teilen unterbelichtet bleiben, stimmt zumindest die Chemie zwischen Winslet und Elba. Die beiden vor spektakulären Bergpanoramen (Kamera: Mandy Walker, „Hidden Figures“) ums Überleben kämpfen zu sehen, ist definitiv einen Blick wert. Das anschließende breitgewalzte Ringen um das Liebesglück können sie allerdings auch nicht entscheidend veredeln.

    Fazit: „Zwischen zwei Leben – The Mountain Between Us“ beginnt als starkes, authentisches Survivaldrama vor atemberaubender Kulisse, versinkt anschließend allerdings im sentimentalen Kitschfilm-Sumpf.

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