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    Gone With The Bullets
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Gone With The Bullets
    Von Gregor Torinus

    Bei der 64. Berlinale 2014 glänzte China gleich mit mehreren herausragenden Beiträgen, unter denen sich mit „Feuerwerk am helllichten Tage“ sogar der verdiente Gewinner des Goldenen Bären befand. Das Reich der Mitte profilierte sich erfolgreich als ein äußerst vitales Filmland und entsprechend gespannt wurde den chinesischen Werke beim Festival 2015 entgegengeblickt. Dass Genre-Exzentriker Jiang Wen mit seiner im Shanghai der 20er-Jahre angesiedelten Krimi-Komödie „Gone With the Bullets“ solchen hohen Erwartungen standhalten würde, war allerdings nach dem durchwachsenen Vorgänger „Let the Bullets Fly“ nicht unbedingt zu erwarten – trotz der prestigeträchtigen Platzierung im Wettbewerb von Berlin. Und so kam es auch: In seiner etwas wirren und letztlich ermüdenden Gangstersause „Gone With the Bullets“ kombiniert Jiang eine bestechende Optik mit reichlich müden Gags.

    „Gone with the Bullets“ basiert auf einem realen Mordfall, dessen ursprüngliche Verfilmung Chinas erster Spielfilm überhaupt war. Jiang Wen macht aus dem Stoff eine im mondänen Shanghai um 1920 angesiedelte bildgewaltige und bonbonbunte Farce. In dieser wilden Epoche tut sich der ehemalige Adelige und jetzige Berufsschwindler Ma Zouri (verkörpert von Regisseur Jiang Wen) mit dem Polizisten „Bruni“ Xiang Feitan (Ge You) zusammen. Die beiden waschen fortan für den Playboy Wu-Seven (Zhang Wen) in großem Stil Geld. Zu ihren kreativen Einfällen gehört dabei die Veranstaltung eines internationalen Schönheitswettbewerbs für Sexarbeiterinnen. Der unerwartete Sieg einer Außenseiterin löst eine Kette von Ereignissen aus, die in einen tödlichen Strudel von Gewalt münden…

    Vom ersten Augenblick an fasziniert „Gone With the Bullets“ mit einem Hyperrealismus, der sich durch eine gestochene Schärfe, eine (über)große Detailfülle und insbesondere durch schreiend bunte Farben auszeichnet. Gerade in opulenten Massenszenen wie beim Modewettbewerb, zu dem Shanghais gesammelte Prominenz erscheint, entfaltet Jiang Wens Inszenierung ihre ganze überbordende Kraft. Etwas Vergleichbares kennt man im westlichen Kino höchstens aus den Filmen des Australiers Baz Luhrmann, dessen Werke wie „Moulin Rouge“ oder „Der große Gatsby“ sich ebenfalls durch exzessiv-überhöhte Spektakelinszenierungen auszeichnen.

    Das große Problem von „Gone With the Bullets“ besteht darin, dass sich hinter der prächtigen Fassade eine große inhaltliche Leere auftut. Am Anfang ist es noch witzig, wenn ein Ganove sich in einer überinszenierten Einstellung im Halbschatten bedächtig am Schnurrbart zupft und sich auf diese Weise als ein chinesischer Seelenverwandter des von Marlon Brando gespielten Familienpatrons in „Der Pate“ offenbart. Nur bleibt der Humor konstant auf dieser kurz oberhalb des puren Slapsticks angesiedelten Ebene, während die immer wirrer werdende Handlung voranschreitet. Wenn es dann irgendwann wirklich dramatisch werden soll, hat man als Zuschauer bereits lange das Interesse an den Figuren und deren Schicksal verloren.

    Fazit: Stil ohne Substanz: Das virtuos inszenierte Gangster-Opus „Gone With the Bullets“ besitzt eine verführerisch glänzende Oberfläche, aber der Inhalt glänzt höchstens durch seine Abwesenheit.

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2015. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 65. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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