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    Keanu
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Keanu
    Von Christoph Petersen

    Der Auftakt von Peter Atencios Komödie „Keanu“ artet zwar in Rekordzeit zum Massaker aus, ist aber trotzdem das Süßeste, was wir seit langer Zeit im Kino gesehen haben: Während sich die berüchtigten Dresden-Brüder (Key & Peel) durch eine zum Drogenlabor umgewidmete Kirche metzeln, kleben die Kamera und der Blick des Zuschauers vornehmlich an dem MEGANIEDLICHEN Katzenbaby, das sich in Superzeitlupe seinen Weg durch den dichten Kugelhagel bahnt. Während die Macher diesen Widerspruch zwischen harten Kerlen und sanften Pfoten in den (rar gesäten) Actionszenen bis zum Zuckerschock ausreizen, bleibt der hauptsächliche Quell des Humors in „Keanu“ aber die konsequente Dekonstruktion gängiger Rassenklischees - womit die Komiker Keegan-Michael Key und Jordan Peele auf der großen Leinwand unbeirrt weiterführen, was sie in ihrer von Fans und Kritikern gleichermaßen abgefeierten Sketchshow „Key And Peel“ auf Comedy Central begonnen haben.

    Als der dauerkiffende Nerd Rell (Jordan Peele) von seiner Freundin verlassen wird, bricht für ihn eine Welt zusammen – allerdings nur für ein paar Minuten, denn dann kratzt plötzlich ein streunendes Katzenbaby an seiner Tür, das er kurzerhand adoptiert und Keanu tauft. Schon bald ist der vierbeinige Neuankömmling ein fester Teil der Familie – zumindest bis das treublickende Wollknäuel eines Abends von dem Drogenboss Cheddar (Method Man) entführt wird: Weil die Chancen, Keanu noch einmal zurückzubekommen, laut Polizei gen Null tendieren, bleibt Rell und seinem besten Kumpel Clarence (Keegan-Michael Key), einem Fußballmutter-Van fahrenden, George Michael hörenden Teambuilding-Trainer, keine andere Wahl, als sich selbst als Gangster auszugeben und in die Unterwelt von Los Angeles hinabzusteigen…

    Der Gag, dass sich ein gutsituierter Weißer plötzlich zwischen schwarzen Gangstertypen zurechtfinden muss, ist nicht erst seit „Der Knastcoach“ völlig ausgelutscht. Aber in „Keanu“ sind es Mittelschicht-Schwarze, die sich bei dem Versuch, einen auf Gangsta zu machen, in die Nesseln setzen – und plötzlich wirkt die Pointe wieder frisch: Wenn Clarence sich im Stripclub erst mal `ne Weinschorle bestellt, werden die üblichen Klischees endgültig als völlig weltfremd entlarvt. Der einzige, der aus dem Bekanntenkreis der Kumpels als „typisch schwarz“ durchgeht, ist Rells drogendealender weißer Nachbar Hulka (Will Forte) mit seinen Dreadlocks und der Gold-Zahnspange. Herrlich abgründigen Biss entwickelt der Humor von „Keanu“ spätestens, als Rell undercover eine Drogenlieferung in die Luxusvilla von Anna Faris bringen muss (es stellt sich erst mitten in der Szene heraus, dass sich der „Scary Movie“-Star tatsächlich selbst verkörpert): Die völlig zugedröhnte, mit einem Samuraischwert herumfuchtelnde Schauspielerin will erst die krassesten Gangster-Storys hören (die hauptsächlich von abgeschnittenen Penissen handeln) und bietet dann auch noch ganz selbstverständlich 10.000 Dollar, falls sich ihre schwarzen Gäste gegenseitig über den Haufen schießen - die L.A.-High-Society-Variante der Mandingo-Kämpfe aus „Django Unchained“.

    Fazit: Sooooooooooooooo süß – und oft auch ziemlich bissig.

    PS: Dass man es selbst als supersüßes Kätzchen in Hollywood nicht leicht hat, zeigen diese knallharten Casting-Sessions für die Titelrolle in „Keanu“, bei denen Key & Peel selbst die flauschigsten Bewerber eiskalt abservieren:

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