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    Champagner & Macarons - Ein unvergessliches Gartenfest
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Champagner & Macarons - Ein unvergessliches Gartenfest
    Von Antje Wessels

    Die französische Produktion „Champagner & Macarons - Ein unvergessliches Gartenfest“ trägt im Original den Titel „Place Publique“, also „Öffentlicher Ort“. Das ist insofern ironisch, als dass der Film über einen rauschenden Partyabend eigentlich in einem privaten Garten spielt, der allerdings nicht wie in derartigen Filmen üblich von Freunden und Familienmitgliedern bevölkert wird, sondern vor allem von jeder Menge (fiktiver) Prominenz. Dass sich die zu Beginn noch sehr gemächlich vonstattengehende Feierlichkeit nach und nach emotional hochschaukelt, weil immer mehr Geheimnisse und anstrengende Egos zum Vorschein kommen, ist dann allerdings wieder genrekonform und eines der wohl gängigsten Motive in Familien-Dramen („Im August in Osage County“, „Zuhause ist es am schönsten“) und -Komödien („Sieben verdammt lange Tage“, „Mein Schatz, unsere Familie und ich“).

    Welchem Genre sich „Champagner & Macarons“ nun zuordnen lässt, ist gar nicht so leicht zu sagen: Für eine Komödie ist die zweifelsohne schön bebilderte Regiearbeit von Agnès Jaoui („Madame Aurora und der Duft von Frühling“) schlicht nicht lustig, spritzig oder bissig genug - und die vereinzelt aufblitzenden dramatischen Momente entwickeln ebenfalls keinen rechten Punch. Und so plätschert die Party eben die meiste Zeit über dahin, auch weil das Skript von Jaoui und ihrem Co-Autor Jean-Pierre Bacri in kurzer Zeit so viele verschiedene Handlungsstränge anfängt, dass die erzählerische Substanz dabei fast zwangsläufig auf der Strecke bleiben muss.

    Die erfolgreiche Geschäftsfrau Nathalie (Léa Drucker) hat zum Gartenfest in ihr prächtiges Anwesen in der Nähe von Paris geladen. Als TV-Produzentin kennt sie jede Menge berühmte Leute und so ist neben einigen Freunden auch einiges an Prominenz anwesend. Zum Beispiel der egozentrische Moderator Castro (Jean-Pierre Bacri), der seine besten Tage längst hinter sich hat und kurz davorsteht, aus seiner eigenen Sendung geschmissen zu werden. Auch Castros Freundin und ehemalige Wetterfee Vanessa (Héléna Noguerra) sowie seine Ex Hélène (Agnès Jaoui) gehören zu den geladenen Gästen, was den Fernsehstar wieder einmal mit seinem Alter und der Vergänglichkeit konfrontiert. Doch nicht nur daran hat er zu knabbern: Dass seine Tochter Nina (Nina Meurisse) gerade als Autorin durchstartet, passt ihm ebenfalls so gar nicht. In dem aufstrebenden YouTuber Biggiestar (Yvick Letexier) sieht er eine weitere Bedrohung und plötzlich scheint sich die ganze Feier nur noch um ihn zu drehen. Dabei brennt es auf dem Fest bereits an allen Ecken und Enden, was Nathalie gemeinsam mit ihrem neuen Freund Pavel (Miglen Mirtchev), der sich alle Mühe gibt, ein guter Gastgeber zu sein, aber kaum ein Wort Französisch spricht, zu überspielen versucht…

    Mit „Das Leben ist ein Fest“ hat Drehbuchautor und Hauptdarsteller Jean-Pierre Bacri erst kürzlich eine Komödie mit ganz ähnlicher Prämisse vorgelegt. Darin steht ebenfalls das rege Treiben auf einer großen Party im Mittelpunkt. Aber der dortige Trubel hinter den Kulissen (in „Das Leben ist ein Fest“ geht es zum großen Teil um die Mitglieder eines Partyservices) erweist sich als weitaus spannender als die First-World-Problems der Gäste in „Champagner & Macarons“. Ein wenig von dem liebevoll-chaotischen Vibe aus „Das Leben ist ein Fest“ kommt allerdings auch hier durch, dafür sorgt schon die charismatische Szenendiebin Sarah Suco („La Belle Saison – Eine Sommerliebe“), wenn sie als tollpatschige Servicekraft Samantha eigentlich die Gäste bedienen soll, von den vielen Berühmtheiten allerdings so hin und weg ist, dass sie ihre eigentliche Aufgabe immer wieder vergisst und stattdessen auf Selfie-Jagd geht. Der Subplot um ihre Figur ist zwar weder zum Brüllen komisch noch verbirgt sich dahinter irgendein hochdramatisches Schicksal. Aber in diesen wenigen Szenen kann die gebürtige Pariserin mit ihrem natürlich-frechen Charme ausgleichen, was dem Skript ansonsten fehlt.

    Mit einem abgehalfterten Moderator, einer Nachwuchsautorin, einer permanent unter Dampf stehenden Business-Lady, einer nach Selbstverwirklichung strebenden Möchtegern-Schauspielerin, einem durchgedrehten Nachbarn, einem naiven Einwanderer, einem gerade eben von seinem Chef entlassenen Chauffeur, einem YouTube-Proll und einer auf Stimmenfang für ein Flüchtlingsprojekt gehenden Menschenfreundin deckt das Figurenarsenal in „Champagner & Macarons“ einmal die gesamte Bandbreite dessen ab, was man sich auf einer derartigen Feier an Prominenz eben so vorstellt. Doch die Autoren wissen mit diesen Klischeetypen nicht mehr anzufangen, als ausschließlich zu betonen, was das Klischee ohnehin vorgibt. Und so ist die Internetberühmtheit eben dumm, die nach Mehr strebende Wetterfee naiv und der ehemalige Star-Moderator hadert mit sich, seinem Alter und seiner Karriere. Diese Ansammlung geballter Vorurteile wäre vielleicht gar nicht weiter schlimm, würden die Macher wenigstens in die Vollen gehen, wenn sie dann die einzelnen Figuren aufeinander loslassen. Doch die Streitgespräche sind in Ermangelung von Tempo und Witz oft schon vorbei, eh die Pointe überhaupt erreicht ist.

    Während im Mittelpunkt ganz klar die Eskapaden des sich vornehmlich auf seine (ehemalige) Berühmtheit verlassenen Castro stehen, schleifen die Autoren die Schicksale der restlichen Partygäste gefühlt einfach nur mit. Gastgeberin Nathalie hängt ständig am Telefon und versucht, Castros Karriere zu retten; der Einwanderer und Grillmeister Pavel taucht hin und wieder auf, um in betont schlechtem Französisch Speis und Trank unter das Partyvolk zu bringen; und Castros Ex-Frau möchte verzweifelt auf den „Tag des Flüchtlings“ aufmerksam machen. Jede Figur in „Champagne & Macarons“ lässt sich so auf einen Spleen, ein Vorhaben oder eine Aufgabe reduzieren. Dass das tatsächlich amüsant sein kann, beweist allein die auf Selfie-Jagd gehende Samantha. Aber von ihr abgesehen ermüdet das eintönige Spiel der Schauspielerinnen und Schauspieler, da der Film so vor allem aus Wiederholungen besteht. Und wenn sich auf emotionaler Seite dann doch mal ein kleiner Lichtblick auftut, etwa als sich der soeben gefeuerte Chauffeur Manu und die aufstrebende Autorin Nina zusammentun und ihren Gefühlen freien Lauf lassen, sind es ausgerechnet sie, die die Party als erstes wieder verlassen.

    Fazit: In „Champagner & Macarons“ gerät eine Gartenfeier außer Kontrolle, aber auch das so entstehende Chaos macht die eindimensionalen Klischeefiguren nicht spannender.

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