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    Captive State
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Captive State

    Gerade wenn es spannend wird...

    Von Antje Wessels

    Dystopien, in denen die unterdrückte Bevölkerung gegen eine Gewalt ausübende Obrigkeit aufbegehrt, haben wir zuletzt vor allem in Young-Adult-Verfilmungen wie „Die Tribute von Panem“ oder „Die Bestimmung“ gehäuft zu sehen bekommen. Insofern erscheinen drei Dinge an „Captive State“ von „Planet der Affen: Prevolution“-Regisseur Rupert Wyatt von vorneherein vielversprechend: Zum einen der Fakt, dass es sich um einen Originalstoff handelt, der ohne bestehende Fanbase realisiert wurde. Mut zum Risiko – sehr gut! Zudem haben die Protagonisten das Teenageralter längst hinter sich gelassen und Wyatt war dermaßen überzeugt von seinem gemeinsam mit Erica Beeney („Die Schlachten von Shaker Heights“) verfassten Skript, dass er für das Projekt schließlich sogar die Regie des Marvel-Mutanten-Abenteuers „Gambit“ abgegeben hat.

    „Captive State“ entpuppt sich dabei als futuristischer Thriller, erzählt aus der Sicht einer im Verborgenen agierenden Widerstandstruppe, die einen Umsturz der von Außerirdischen gelenkten Regierung plant. Das klingt spannend und das Potenzial dieser Prämisse scheint auch zu jeder Sekunde des Films durch. Doch die Drehbuchautoren türmen mit der Zeit immer mehr Details auf, bis am Ende der 109 Minuten zwar die Grundlage für eine daran anknüpfende TV-Serie geschaffen wäre, man aber das Kino nicht mit dem Gefühl entlässt, dass da gerade eine abgeschlossene Geschichte erzählt wurde. Wenn man sich „Captive State“ also ansehen will, besser warten, bis der erste Teil genug Geld eingespielt hat, um eine Fortsetzung zu rechtfertigen. Ansonsten wird man – mal wieder – mitten in der Geschichte hängengelassen.

    Eine futuristische Welt.

    Seit zehn Jahren wird die Erde nun schon von Außerirdischen besetzt. Ein Großteil der Menschen arbeitet - wenn auch gezwungenermaßen - sogar mit den Invasoren zusammen. So wurde die Erde von Verbrechen, Armut und Arbeitslosigkeit nahezu befreit. Das Amerika der Zukunft scheint ein perfekter Ort, mit der Betonung auf „scheint“. Denn damit dieser Frieden gewahrt werden kann, haben die Aliens ein Überwachungssystem kreiert, das dafür sorgt, dass kein Erdenbewohner unbemerkt auch nur einen Schritt gehen kann. Allerdings gibt es eine Gruppe von Menschen, die diesen Zustand nicht länger hinnehmen will. Gabriel (Ashton Sanders) plant mit einigen Gleichgesinnten einen Widerstand gegen die Obrigkeit aus dem All. Die um ihre Macht fürchtende US-Regierung, die auf die Gunst der Invasoren angewiesen ist, eröffnet daraufhin eine gnadenlose Hetzjagd auf die Landesverräter...

    Wir haben uns bei dieser Inhaltsangabe an dem orientiert, was der Kinoverleih über „Captive State“ preisgibt. Der Grund: Ein eigentlich ganz entscheidender Faktor kommt im fertigen Film gar nicht richtig zur Geltung. Denn davon, wie vermeintlich perfekt die Welt unter der Herrschaft der Aliens geworden ist, bekommt man als Zuschauer nämlich so gut wie gar nichts mit. Von Beginn an erleben wir das futuristische Amerika aus der Sicht der Rebellen, die sich in einer Unterwelt versammeln, die sich von anderen dystopischen Unterwelten praktisch nicht unterscheidet. Lediglich eine etwa in der Mitte des Films stattfindende Sportveranstaltung, in der ein euphorischer Bürgermeister unter frenetischem Applaus den Zustand dieses „neuen Amerikas“ lobpreist, vermittelt einen kurzen Eindruck davon, dass es tatsächlich auch überzeugte Anhänger dieser „schönen neuen Welt“ gibt.

    Rebell oder Terrorist?

    So fühlt sich der visuell auf größtmögliche Farbentsättigung setzende „Captive State“ nicht ansatzweise so frisch an, wie man meinen sollte. Gelungen ist hingegen, wie die Autoren den Fokus weg vom offenen Kampf mit Waffen und Fäusten hin zu den Planungen und Taktiken der wie eine Terrorzelle operierenden Rebellentruppe verschieben. Das eröffnet zugleich auch einen angenehm ambivalenten Blick auf die Protagonisten, die bei ihrem Kampf gegen die Alienherrschaft eben auch auf Panikmache und Gewalt setzen, weshalb die Abgrenzung zwischen „Rebellen“ und „Terroristen“ nicht immer trennscharf verläuft.

    Entsprechend wenig klassische Action bekommt man in „Captive State“ geboten. Zwar eröffnet Wyatt seinen Film mit einer atmosphärisch dichten Szene, in der ein Alien eine Familie in einem Auto tötet, indem es sie in Blutstaub auflöst. Das ist tatsächlich spektakulär anzusehen. Trotzdem locken einen sowohl dieser reißerische Auftakt als auch das einen ähnlichen Vorgang abbildende Plakat auf eine falsche Fährte. Die Auftritte der Aliens, die vom Aussehen am ehesten an die Monster aus „A Quiet Place“ erinnern, sind rar gesät - und eigentlich würde die gesamte Story von „Captive State“ auch ganz ohne außerirdische Invasoren funktionieren. Schließlich ist es in erster Linie das Überwachungssystem, mit dem die Bevölkerung unter Druck gesetzt wird - und das hätten sich auch Menschen ausdenken können.

    Gabriel wird überwacht.

    Mit unter anderem Vera Farmiga („Conjuring – Die Heimsuchung“), John Goodman („10 Cloverfield Lane“), Madeline Brewer („The Handmaid’s Tale“) und Ashton Sanders („Moonlight“) ist „Captive State“ hochkarätig besetzt. Dabei nutzt Wyatt die vielen Stars auch dafür, um eine gewisse Unsicherheit zu erzeugen – man spürt von Anfang an, dass wahrscheinlich nicht jeder von ihnen das Ende erleben wird. Zugleich bleibt so auch ziemlich lange im Vagen, um wen oder was es in „Captive State“ nun eigentlich genau gehen soll.

    Immer wieder springt der Film zwischen einzelnen Handlungssträngen hin und her vom Schicksal einer Prostituierten zur Geschichte des Rebellenanführers Gabriel und dann wieder zum augenscheinlichen Oberbösewicht Mulligan, der sich jedoch von Beginn an nicht wirklich auf ein eindimensionales Schurkendasein reduzieren lässt. Dieser großgedachte Fokus wird dem Film aber schlussendlich auch ein Stück weit zum Verhängnis. Denn obwohl das Skript weitestgehend plausibel sämtliche Handlungsstränge zusammenführt, fühlen sich die Schicksale sämtlicher Figuren beim Rollen des Abspanns noch lange nicht auserzählt an. Das und das mehr auf eine Fortsetzung hindeutende als den ersten Teil abschließende Finale trüben den Gesamteindruck nämlich merklich.

    Fazit: Ein Film, der mehr Lust auf die Fortsetzung macht, als dass er für sich alleinstehend überzeugen könnte.

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