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    Nightlife
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Nightlife

    Ein spaßiger Ausflug ins Nachtleben – ganz ohne Kater!

    Von Christoph Petersen

    Ein Frauenheld und sein Sidekick geraten durch unglückliche Umstände in das Visier von gleich zwei Gangsterbanden – und stürzen auf der Flucht durch die Großstadt von einem Schlamassel ins nächste: Selbst wenn die Prämisse von „Nightlife“ sicher nicht die originellste ist, würzt Regisseur und Drehbuchautor Simon Verhoeven („Willkommen bei den Hartmanns“) die einzelnen Versatzstücke mit so vielen überdrehten und sympathischen Details, dass das Ergebnis trotzdem mächtig Laune macht – und zwar nicht nur wegen des hervorragend aufgelegten Hauptdarsteller-Trios Elyas M’Barek („Das perfekte Geheimnis“), Frederick Lau („Victoria“) und Palina Rojinski („Enkel für Anfänger“). Einziger Wermutstropfen: Es dauert eine ganze Weile, bis der Plot um zwei verschwundene Pakete voll Koks und ein völlig aus dem Ruder laufendes erstes Date so richtig in die Gänge kommt.

    Die Berliner Barkeeper Milo (Elyas M’Barek) und Renzo (Frederick Lau) wollen einen eigenen Laden aufmachen – auch, um endlich mal tagsüber arbeiten und so ein normales (Familien-)Leben führen zu können. Aber wegen einer Vorstrafe von Renzo ist ein Bankkredit keine Option – weshalb er zu rabiaten Mitteln greift und für einen Clan aus Marzahn einen Drogentransport übernimmt, bei dem ihm auch prompt das Auto unter dem Hintern weggestohlen wird. Unterdessen verliebt sich Milo Hals über Kopf in die Band-Managerin Sunny (Palina Rojinski), die allerdings nur noch einen Tag in der Stadt ist, bevor es sie beruflich für acht Monate nach Atlanta zieht. Also sagt Milo seine Chance auf ein Date mit Sunny nicht mal dann ab, als ihn gleich zwei Gangsterbanden quer durch die Hauptstadt hinterherjagen...

    Elyas M'Barek und Palina Rojinski haben ein Date der etwas anderen Art...

    Mit Gangsterfiguren in Komödien ist das immer so eine Sache. Nur selten sind sie tatsächlich lustig oder originell. In den meisten Fällen dienen sie hingegen nur dazu, als klischeehafte Abziehbilder den Plot voranzutreiben. Hier nicht: Nicholas Ofczarek (am Burgtheater längst ein Star, im Kino trotz „Der Pass“-Hauptrolle noch ein Geheimtipp) ist absolut grandios als Mafia-Pate, der mit entblößtem Bierbauch und herrlich anachronistischem österreichischen Akzent seine Handlanger zusammenfaltet, während er in seiner kleinbürgerlichen Vorort-Villa offensichtlich von seiner herrischen Frau unter der Fuchtel gehalten wird. Der Clan aus Marzahn hat sein Hauptquartier unterdessen ausgerechnet in der Lagerhalle eines Hüpfburgenverleihs – und obwohl die Typen glaubhaft bedrohlich agieren, reicht schon dieser kleine Einfall völlig aus, um die Figuren auf amüsante, aber nicht platte Art ironisch zu brechen.

    Alle Alarmglocken haben bei mir allerdings in dem Moment losgeschrillt, als Milo, Renzo und Sunny bei ihrer nächtlichen Odyssee einen Zwischenstopp beim Spieleabend ihres superspießigen Bankberaters (Leon Ullrich) einlegen. Dort gibt es nämlich eine Rollenspielrunde – inklusive fragwürdiger Fantasy-Kostüme. Nun sind Rollenspiel-Nerds traditionell das denkbar leichteste Ziel von Komödien-Machern – und ich finde es einfach nur noch billig, auf sie draufzuhauen. Aber Simon Verhoeven, der sich auch selbst auf die Schippe nimmt, wenn er in „Nightlife“ als „Der Bachelor“-Schlagerbarde einen augenzwinkernden Gaga-Gastauftritt absolviert, findet auch hier einen sympathischen Dreh – und lässt seine elfischen und zwergischen Bankfachangestellten so zu den wahren Helden der turbulenten Nacht mutieren.

    Tolles Trio, zu viel Plot

    Simon Verhoeven führt seine Schauspieler traditionell eher an der (ganz) langen Leine – und das führt mitunter auch dazu, dass ganz unterschiedliche Schauspielstile in seinen Filmen miteinander kollidieren. Das ist auch in „Nightlife“ so – da steht dann das geerdet Kumpelhafte von Frederick Lau neben dem augenzwinkernden Burgtheater-Bravado von Nicholas Ofczarek und dem hemmungslosen Turbo-Karikaturesken von Leon Ullrich. Aber in diesem Fall passt das eben sehr gut – es geht ja schließlich gerade darum, sich eine Nacht lang durch Berlin treiben und dabei die verschiedensten Tonlagen und Stimmungen aufeinanderprallen zu lassen. Das spiegelt sich auch in den angesteuerten Orten wider – vom Fetisch-Rave bis zum Senioren-Tanztee ist alles dabei.

    Ins Kino gehen die meisten aber natürlich vor allem wegen der drei Stars auf dem Poster – und die liefern auch: Während Palina Rojinski von allen am sympathischsten und bodenständigsten rüberkommt, stimmt zwischen Elyas M’Barek und seinem Chaos-Mitbewohner Frederick Lau einfach die Chemie. Es dauert eben nur eine ganze Zeit, bis alle Schauspieler wirklich scheinen können: Weil in „Nightlife“ zwei zentrale Handlungsgerüste (das Koks und das Date) parallel aufgebaut werden müssen, ist gerade die erste Hälfte auffällig plotlastig geraten. Aber die meisten der hier gesäten Story-Beats zahlen sich im letzten Drittel auch tatsächlich aus – da war die (zu) ausführliche Exposition zumindest nicht umsonst.

    Fazit: Wer Elyas M’Barek, Frederick Lau und Palina Rojinski als Typen sympathisch findet, kann mit „Nightlife“ echt nichts falsch machen – Simon Verhoeven setzt voll auf die Stärken seiner Stars und würzt die Komödie nach einem gewissen Stotterstart zudem mit einer ganzen Reihe gelungener Drehbucheinfälle.

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