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    Becky
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Becky

    Leg dich niemals mit einer 13-Jährigen an!

    Von Christoph Petersen

    Auf Bild.de wurde die Nachricht zum „Becky“-Trailer so auf der Startseite beworben, dass man als Leser leicht glauben konnte (oder gar sollte), dass Kevin James („Der Kaufhaus Cop“, „Der Zoowärter“) inzwischen tatsächlich als mit Hakenkreuzen tätowierter Neonazi rumläuft. Der übliche Bullshit eben. Aber ein Ereignis ist der ehemalige „King Of Queens“-Paketbote in der Rolle natürlich trotzdem: Doug Heffernan als ruchlos mordender Nazi-Pate – das macht erst mal neugierig!

    Der Film von den „Bushwick“-Regisseuren Jonathan Milott und Cary Murnion ist trotz zumindest einer Szene, die man so schnell ganz sicher nicht mehr aus dem Kopf bekommen wird, allerdings weniger spektakulär als der zentrale Besetzungs-Coup: Als abgedrehter Splatter-Spaß schaltet „Becky“ zu selten in den höchsten Gang, weshalb zwischen den Gore-Spitzen immer wieder auch reichlich Leerlauf herrscht – und als ernstzunehmender Home-Invasion-Thriller erreicht der Film zu keinem Zeitpunkt die nötige Intensität, weil das alles einfach viel zu absurd ist und man Kevin James das ultimativ Böse dann eben doch nicht wirklich abkauft.

    Der aus dem Knast entflohene Dominic will unbedingt an einen historisch signivikanten Schlüssel ...

    Becky (Lulu Wilson) ist 13 und stinksauer: Es ist gerade mal ein Jahr her, dass ihre Mutter einem Krebsleiden erlegen ist – und nun verkündet ihr Vater Jeff (Joel McHale), dass er wieder heiraten will. Der gemeinsame Ausflug ins Familien-Ferienhaus entpuppt sich zudem als „Hinterhalt“ – denn Jeff hat seine neue Freundin Kayla (Amanda Brugel) und ihren Sohn Ty (Isaiah Rockcliffe) eingeladen, ohne Becky davon zu erzählen.

    Aber es dauert nicht lange, bis Becky ein Ziel findet, um ihre Wut zu kanalisieren: Der mit seinen mörderischen Schergen aus dem Knast ausgebrochene Neonazi Dominic (Kevin James) ist auf der Suche nach einem Schlüssel, der im Keller des Ferienhauses versteckt ist. Während Jeff, Kayla und Ty als Geiseln genommen werden, versteckt sich Becky im Wald – und bereitet sich darauf vor, mit ihren eigenen Waffen gegen die Nazi-Unholde zurückzuschlagen...

    Gegen den Strich besetzt

    Die meisten Zuschauer werden sich „Becky“ wegen Kevin James ansehen. Der hat zwar schon vor 15 Jahren verkündet, dass er unbedingt mal eine andere Art von Rolle spielen will, darf aber trotzdem erst jetzt zum ersten Mal so richtig volle Kanne gegen sein Image als liebenswerter Durchschnittskumpel anspielen: Dominic schwärmt von der Reinrassigkeit deutscher Dobermänner, auf seinem Hinterkopf prangt ein riesiges Hakenkreuz und noch vor der Ankunft beim Ferienhaus bringen er und seine Handlanger zwei niedliche kleine Kinder um die Ecke.

    Nimmt man dazu noch DIE Badass-Szene des Films, in der sich Dominic mit einer stumpfen, lila-pinken Kinder-Bastelschere den Sehnerv seines aus dem Sockel gerissenen Auges durchtrennt, dann muss man sagen: Die Macher haben wirklich alles Denkbare getan, um ihren Antagonisten als die absolute Niedertracht erscheinen zu lassen! Für Kevin James ist das wie Bösewicht-Spielen mit Stützrädern – und trotzdem kauft man ihm den Part nicht allumfänglich ab: Nazi, Rassist, Kindsmörder – und man würde irgendwie trotzdem gern mit ihm mal in `ne Kneipe gehen. Das ist einfach diese ganz besondere Ausstrahlung, die „King Of Queens“ zu so einem Hit gemacht hat – und die James nun offensichtlich auch in „Becky“ nicht einfach so ausknipsen kann.

    ... aber da hat der räudige Neonazi die Rechnung ohne die 13-jährige Becky gemacht!

    Der wutverzerrte und blutverschmierte Blick von Lulu Wilson („Annabelle 2“) hat da schon ein größeres Verstörungspotenzial: Als Racheengel mit angespitzten Buntstiften und selbstgehäkelter Biberpudelmütze richtet sie erstaunlichen Schaden an – inklusive einer Rasenmäher-Szene, die vielleicht nicht ganz an den Wahnsinn von Peter Jacksons „Braindead“ heranreicht, aber trotzdem mit großartigem Gore-Make-up aufwartet. Aber die Teenagerinnen-Attacken bleiben einzelne Momente – es entsteht erst ganz zum Schluss ein gewisser Rausch, wie man ihn sich von herausragenden Gore-Festen – von „Hobo With A Shotgun“ bis „Deathgasm“ – wünscht.

    Zumal sich die Macher mit der Besetzung der Schergen auch nicht wirklich einen Gefallen getan haben: Man muss ja in den Kampfszenen eh schon drumherum schneiden, wenn es da gerade ein junges Mädchen mit kampferprobten Neonazis aufnimmt – aber wenn man darüber hinaus mit Robert Maillet auch noch ausgerechnet einen hünenhaften 2,08-Meter-Ex-Wrestler anheuert, der am Set von „Sherlock Holmes“ mal versehentlich „Iron Man“ Robert Downey Jr. ausgeknockt hat, dann sieht es eben aller brutalen Gewalt zum Trotz auch einfach ein wenig lächerlich aus.

    Fazit: Es ist erfreulich, dass sich Supersympath Kevin James auch mal an so eine Rolle heranwagt (und sie ihm auch anvertraut wird). Aber am Ende ist „Becky“ als schwarzhumoriger Splatter-Spaß nur solide und als Home-Invasion-Thriller sogar eine Enttäuschung.

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