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    Jeepers Creepers Reborn
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Jeepers Creepers Reborn

    Auf diese Wiedergeburt hätten wir lieber verzichtet

    Von Sidney Schering

    Ein starkes Monsterdesign macht im Horrorgenre mitunter sogar mehr als die halbe Miete aus: Trotz durchwachsener Kritiken haben sich die ersten beiden „Jeepers Creepers“-Filme eine ansehnliche Fanbase aufgebaut. Der einprägsame Look des Menschenfleisch verzehrenden, ledrigen Monstrums hat dazu sicherlich einen maßgeblichen Beitrag geleistet – und auch die Mythologie rund um den Creeper half, ihn von anderen Horrorfilm-Schurken der 2000er-Jahre abzuheben: Alle 23 Jahre taucht das Höllenwesen auf und treibt für exakt 23 Tage sein Unwesen. Stephen Kings „Es“ lässt zwar vage grüßen, dennoch ist es eine griffige Hintergrundgeschichte, die in Erinnerung bleibt. Aber obwohl der Creeper inzwischen einen gewissen Ikonenstatus innehat, konnte dessen Schöpfer daraus kein Kapital schlagen: Immer mehr Filmfans bekamen mit, dass der Regisseur und Autor Victor Salva bereits 1989 zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, nachdem er einen zwölfjährigen Darsteller seines Films „Clownhouse“ sexuell missbraucht hat.

    Das Wissen um die Vergangenheit des Machers verleiht einigen Szenen der ersten Teile einen unangenehmen Anstrich und verdirbt einem an „Jeepers Creepers 3“ sogar jeglichen Spaß: In der 2017 nachgeschobenen Fortsetzung geht es schließlich ausgerechnet um das Missbrauchsopfer eines pädophilen Stiefvaters. Der Film legte dann auch wenig überraschend eine finanzielle Bruchlandung hin und erwies sich generell als PR-Debakel. Statt die Reihe zu begraben, entschied man sich im Anschluss für einen Neuanfang: „Jeepers Creepers: Reborn“ ist nun ein Quasi-Reboot ohne Salva, der laut Aussagen seines Regienachfolgers auch keinerlei Profit aus dem Film schlagen wird. Nur stellt sich angesichts des filmischen Desasters, das „Iron Sky“-Regisseur Timo Vuorensola mit seinem Neuaufguss abgeliefert hat, nun schon die Frage, ob er die Horrorreihe damit nicht endgültig begraben hat?

    Laine (Sydney Craven) fällt auf dem Horror-Festival einem Creeper-Kult in die Hände…

    Der von gruseligen Filmen und schaurigen Mythen besessene Sam (Gabriel Freilich) schleppt seine Freundin Laine (Sydney Craven) zum Horror Hound Festival, obwohl sie von der Materie generell wenig begeistert ist. Vor allem solchen urbanen Legenden wie dem „Creeper“, an den Sam glaubt, kann Laine einfach nichts abgewinnen. Es ist also eine besonders bittere Ironie, dass nun ausgerechnet sie von zunehmend konkreteren Visionen des Monsters heimgesucht wird. Und als das Festival beginnt, zeigt sich schnell, dass hinter ihren Schreckensträumen mehr als nur ein Körnchen Wahrheit steckt...

    Autor Sean Michael Argo scheint sich sowohl mit jenen Fans gutstellen zu wollen, die sich eine Abgrenzung von Salvas Filmen wünschen, als auch mit jenen, die eine Fortführung der ursprünglichen Trilogie sehen wollen: Zu Beginn wird noch suggeriert, dass die bisherigen Teile innerhalb der Welt von „Jeepers Creepers: Reborn“ bloß von einer lokalen Legende inspirierte Filme sind. Im weiteren Handlungsverlauf gibt es jedoch auch gelegentliche Easter Eggs wie etwa Voodoo-Puppen, die an Opfer aus den vorherigen Filmen erinnern. Es besteht also ein gewisser Interpretationsspielraum, ob dies die ersten drei Filme als Teil des Kanons bestätigt oder handlungsirrelevanter Fanservice ist. Nicht, dass dies oder jenes „Jeepers Creepers: Reborn“ helfen würde.

    Es fängt schwach an und wird dann immer schlechter

    Denn diese Monstergeschichte ist eine derartige Blamage, dass Fragen nach dem Handlungskanon schnell weit in den Hintergrund rücken. Bereits die Eröffnungssequenz, in der ein älteres Ehepaar in Anlehnung an den ersten Film vom rostigen Creeper-Truck bedrängt wird, ist ein Warnsignal: Vuorensolas Quasi-Remake innerhalb seines Quasi-Reboots ist bildsprachlich platt und vom Erzähltempo her ebenso klobig wie zäh. Und dabei zeigt sich der Film hier noch von seiner annehmbaren Seite. Sobald wir diese Sequenz verlassen und Vuorensola nicht mehr beim Original abguckt, beginnt eine nahezu konstante Abwärtsspirale:

    Die Figuren haben kaum bis gar keine erwähnenswerte Persönlichkeit, so dass sich rund um Laine und Sam eine Bande an denkbar ödem Kanonenfutter ansammelt. Mitfiebern lässt sich mit den erratisch handelnden Figuren nicht, ebenso wenig bereichern sie den Film als lebende Zielscheiben für den Creeper: Sie sind zu nichtssagend, um ihnen einen brutal inszenierten Tod an den Hals zu wünschen, und die Attacken des Creepers sind so ideenarm und träge inszeniert, dass sie nicht zum reinen Selbstzweck taugen.

    Der neue Look des Creepers kann dem ikonischen Original einfach nicht das Wasser reichen.

    Nicht nur während der Tötungs- und Kampfszenen sieht „Jeepers Creepers: Reborn“ schäbig aus. Dass das als massiv behauptete Horror Hound Festival eher aussieht wie ein spätabends gefilmtes Halloween-Dorffest, hat noch einen ungewollten Low-Budget-Charme. Aber abseits dessen ist schon die Lichtsetzung so platt, dass keinerlei Suspense entstehen kann. Das Pacing ist ermüdend zäh und die digital eingesetzten oder ergänzten Hintergründe befinden sich auf unterstem Direct-to-Video-Niveau. Die langen Strecken erdrückender Stille, wo eigentlich atmosphärisches Sounddesign die Szenerie zum Leben erwecken sollte, sowie der dumpfe Score von Ian Livingstone („Babies Behind Bars“) sind da nur weitere Stimmungskiller.

    In dieser mäandernd erzählten Monotonie sticht als einziges Energiebündel Sydney Craven hervor. Deren Rolle ändert zwar mehrmals unmotiviert ihre Position zu ihrem Partner, dem Horrorgenre, dem gemeinsamen Ausflug und urbanen Legenden. Jedoch fällt Craven mit ihrem dezent überengagierten Spiel unter all den hölzernen Performances zwangsweise positiv auf. Das geht allerdings auch nicht soweit, dass es über die konfuse Story hinwegtäuschen könnte: Was mit YouTube-Verschwörungsvideos beginnt, hangelt sich ohne treibenden Handlungsmotor von Station zu Station, von denen keine spannend gerät oder dem Film wenigstens Leben einverleibt.

    Der Creeper ist nur noch ein Schatten seiner selbst

    Der Creeper wird fast schon mit dem Brecheisen in diesen Plot gezwängt: „Jeepers Creepers: Reborn“ läuft größtenteils wie ein alleinstehender Low-Budget-Horrorfilm über Genrefans ab, die einem finsteren Kult in die Falle tappen. Der Creeper selbst trägt wenig zu diesem lethargischen Geschehen bei – und wenn er denn mal handelt, ist er kaum wiederzuerkennen. Ein detailarmes Neudesign und eine ausdruckslos-steife Maske berauben ihm seiner Ikonografie und somit seines Reizes.

    Noch dazu erreicht der neue Creeper-Performer Jarreau Benjamin mit seiner Körpersprache längst nicht die unheimliche Präsenz seines Vorgängers Jonathan Breck. Somit verliert die „Jeepers Creepers“-Reihe im neusten Teil zwar die unangenehme Personalie namens Salva, jedoch auch die eigentlichen Zutaten ihres Erfolgs...

    Fazit: Was ein glorreicher Neuanfang für die „Jeepers Creepers“-Reihe hätte werden können, erinnert stattdessen an billigste Direct-to-Video-Horrorfortsetzungen, die das Schicksal dieser Reihe unrühmlich besiegeln.

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