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    Ask the Dust
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Ask the Dust
    Von Martin Soyka

    Salma Hayek (Frida)! Colin Farrell (Alexander)! Donald Sutherland (An American Haunting)! Buch und Regie von Robert Towne (Drehbuch zu Chinatown)! Produziert von Tom Cruise (Krieg der Welten)! Und das ganze basiert auch noch auf einem Roman von John Fante, dessen größter Fan und Fürsprecher Charles Bukowski war! Welchem Cineasten läuft bei diesen Namen nicht das Wasser im Mund zusammen? Das Ergebnis ernüchtert allerdings. Formal geht es in dem romantischen Drama „Ask The Dust“ um die Liebesgeschichte der beiden Protagonisten. Diese lässt den Zuschauer allerdings merkwürdig kalt, was vor allem an zwei Dingen liegt: Zunächst schaffen es weder Farrell noch Hayek, beim Zuschauer Sympathien für den jeweiligen Charakter zu wecken. Das Schicksal der beiden liegt dem Zuschauer schlicht und ergreifend nicht am Herzen, kommen doch beide als ziemliche Unsympathen rüber. Hinzu kommt, dass zwischen Hayek und Farrell keine Funken sprühen, die Chemie stimmt einfach nicht. Das mag auch an dem Altersunterschied der beiden Schauspieler liegen, Hayek ist immerhin zehn Jahre älter als Farrell - und das sieht man den beiden auch an.

    Los Angeles zur Zeit der großen Depression. Mit seiner ersten Veröffentlichung, einer belanglosen Kurzgeschichte, im Gepäck macht sich der junge Italo-Amerikaner Arturo Bandini (Colin Farrell) auf, um in Los Angeles nette blonde Frauen kennen zu lernen und gleichzeitig seinen schriftstellerischen Ambitionen Auftrieb zu verleihen. Frohgemut mietet er sich in einem schäbigen Hotel ein, im Nebenzimmer haust der Trinker Hellfrick (Donald Sutherland), zu dem er eine Fast-Freundschaft aufbaut. Es kommt, wie es kommen muss: Nach kurzer Zeit ist Arturo pleite. Als er drauf und dran ist, seinen buchstäblich letzten Quarter zu versaufen, lernt er die Mexikanerin Camilla Lopez (Salma Hayek) kennen, die in seiner Stammkneipe kellnert. Sie ist ebenfalls nach Los Angeles gekommen, um ihr Glück zu machen. Camillas Traum ist es, einen Weißen zu heiraten, Amerikanerin und damit akzeptiert zu werden. Zwischen den beiden beginnt eine Hassliebe, die von gegenseitiger Anziehung und Abstoßung geprägt ist. Beide stehen sich dabei durch ihren eigenen latenten Rassismus selbst im Weg. Als Arturo seine Ressentiments schließlich überwindet, ist es bereits zu spät….

    Die Geschichte läuft nach dem bekannten Motto „Sie neckten und sie liebten sich“ ab, bis schließlich nach einem versöhnlichen Intermezzo in Form eines Urlaubs am Meer das Schicksal ebenso unbarmherzig wie vorhersehbar zuschlägt und die Liebenden für immer trennt - und das auf geradezu unglaublich kitschige Weise. Unterbrochen wird das ganze durch das Auftreten von Nebencharakteren, die irritierender Weise die Handlung keinen Meter voranbringen. Natürlich ist es ein denkwürdiger Anblick, den großen Donald Sutherland mit roten Äderchen im Gesicht den Säufer spielen zu sehen, aber was sein Charakter in der Geschichte soll, bleibt im Nebel. Gleiches gilt für die Figur der Vera Rivkin (beachtenswert: Idina Menzel), die ebenso mental wie körperlich deformierte Zwischengeliebte von Bandini. Kaum geht es zur Sache, wird sie mit den Füßen zuerst aus der Handlung befördert. Schließlich ist da noch Camillas tuberkulosekranker Freund Sammy (Justin Kirk), der zwar Bandinis Eifersucht weckt, aber ebenfalls irgendwann nicht mehr auftaucht.

    Besonders ärgerlich ist aber, dass der Film weder unterhält, noch fesselt, noch sonst irgendwie Interesse beim Betrachter zu wecken vermag: er langweilt ganz einfach fürchterlich. Natürlich ist eine gewisse Nähe zum Schaffen von Charles Bukowski zu spüren. Dessen Werk bestach auch nicht durch geniale Twists in der Handlung, sondern durch die Schilderung von verkommenen Ist-Zuständen. Was bei Bukowski allerdings dem ganzen die nötige Würze verleiht, nämlich eine allgemeine, von Alkohol getragene Rattigkeit der Charaktere, fehlt hier. Man stelle es sich nur vor: mehr als den halben Film versucht Salma Hayek, den sich zierenden (!) Colin Farrell herumzukriegen! Bei aller Freundschaft: das ist nicht wirklich glaubhaft.

    Dramaturgisch geht es neben der Liebesbeziehung auch um die Emanzipation Bandinis als Schriftsteller. Dem geschuldet kommentiert er den Film auch laufend als Voice-Over, wobei er, teilweise nur schwer durchschaubar, sich mal direkt an den Zuschauer wendet, mal aus seinem im Werden begriffenen Werk rezitiert. Die Intention war offensichtlich, den Reifeprozess Bandinis als Mensch und Autoren aufzuzeigen. Was er da aber eigentlich zusammenschreibt, bleibt dem Zuschauer letztlich vorenthalten. Hat es die ganze Mühe gelohnt? Ist das Buch gut geworden? Wovon handelt es eigentlich? Ist es ein Roman? Eine Kurzgeschichtensammlung? Ist es autobiografisch? Wir können es nur vermuten. Wenigstens ist es fertig geworden, ist ja auch schon mal was.

    Damit nicht genug. Der geneigte Zuschauer erwartet ein gepflegtes period movie, spielt die Handlung doch in einer anderen, wenn auch nicht allzu lang zurückliegenden Epoche. Denkt man an die Zeit der großen Depression, sieht man im Geiste tausende von Arbeitslosen in den Straßenschluchten New Yorks vor sich. Oder aber verlassene Wüstenkäffer, in denen es am Ende nur einen Last Man Standing gibt. Filme, die zu dieser Zeit im sonnigen Kalifornien spielen, sind selten, nur Towns Drehbuch-Geniestreich Chinatown fällt einem unwillkürlich ein. Also freut man sich insgeheim darauf, zu sehen, wie das damalige Los Angeles wohl ausgesehen haben mag. Aber nichts da. Es ist ein period movie ohne nennenswerte Kulissen oder Ausstattung. Die meisten Szenen spielen in Zimmern oder Gaststätten, nur höchst selten wird der Film gelüftet. Eine kleine Erdbebensequenz in der Mitte des Films - man brauchte ja einen Höhepunkt - kann da nicht wirklich etwas reißen. Man sieht dem Film ganz einfach an, dass kein Geld zur Verfügung stand. Auch die Farben wirken angesichts der Tristesse, die dargestellt werden soll, viel zu sonnig und poppig, wurde doch in Südafrika gedreht. Ständig ist man versucht, den Charakteren zuzurufen: „Hört mit dem Mist auf, macht euch nackig und geht schwimmen!“. Tun sie ja dann auch. Punkten kann der Film allerdings mit den Kostümen, die ins Auge fallen. Und die beiden Nacktszenen von Hayek halten – zumindest das männliche Publikum - auch irgendwie wach, wenn sie dramaturgisch auch nicht wirklich nötig sind.

    Dem Film den Rest gibt aber die schwülstige Schlussszene, in der ein älterer (Schurrbart!) und gereifter (weißer statt brauner Anzug) Bandini aus seinem eigenen Buch in Richtung menschenleerer Steppe vorträgt, um es dann dort mit großer Geste zu entsorgen. Insgesamt also ein Film, der durch und durch verzichtbar ist. Ihn als DVD-Premiere auf den Markt zu bringen, ist eine weise Entscheidung, denn ins Kino hätte sich sicher kaum jemand verirrt. Dem ansonsten mehr als beeindruckenden Lebenswerk Robert Townes gereicht der Film jedenfalls nicht zur Ehre.

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