"Er hat mich einfach gesehen": Ohne David Lynch hätte diese preisgekrönte Schauspielerin hingeschmissen
Sidney Schering
Sidney Schering
-Freier Autor und Kritiker
Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

Für sie war „Mulholland Drive“ ein Karrierewendepunkt und ein Treffen mit David Lynch essenziell, um ihre Selbstzweifel loszuwerden: Schauspielerin Naomi Watts erklärt, wie viel die Regielegende bedeutete.

Seit Meisterregisseur David Lynch vergangene Woche im Alter von 78 Jahren verstorben ist, befindet sich die Filmindustrie in Trauer. Zahlreiche Filmschaffende sprachen davon, wie viel ihnen Lynchs Arbeit bedeutete, darüber hinaus zollten ihm jede Menge Stars Tribut, indem sie unterstrichen, wie gern sie mit dem „Twin Peaks“-Regisseur arbeiteten.

Eine Schauspielgröße, die nicht nur für Lynch vor die Kamera getreten ist, sondern ihn als langjährigen und engen Freund betrachtete, ist die zweifache Oscar-Anwärterin und SAG-Award-Gewinnerin Naomi Watts. Für ihre Rolle in Lynchs surrealem Thriller „Mulholland Drive“ gewann Watts zahlreiche Auszeichnungen, doch das ist bei weitem nicht das Einzige, was sie dem umjubelten Film zu verdanken hat: Wie Naomi Watts nun in einem Interview betont, hätte sie ohne David Lynch wohl längst ihre Karriere beendet.

Lynch verhalf Watts zu einem Karriereschub

Die Schauspielkarriere der gebürtigen Britin nahm ihren Anfang, als ihre Familie nach Australien zog: Dort nahm sie als Teenagerin Schauspielunterricht, trat in Werbespots auf und erhielt eine winzige Rolle in zwei Folgen einer Seifenoper. Nachdem Watts in die USA zog, verlief ihre Karriere zunächst stotternd: Die postapokalyptische Comicadaption „Tank Girl“, in der sie eine wichtige Nebenrolle spielt, legte 1995 an den Kinokassen eine Bruchlandung hin. Und auch Filme wie das Historiendrama „Gefährliche Schönheit – Die Kurtisane von Venedig“ machten aus ihr keinen großen Namen.

Diese Rückschläge hätten Watts beinahe dazu bewegt, in Hollywood ihre Zelte abzubrechen, zurück nach Australien zu ziehen und sich dort nach beruflichen Alternativen umzuschauen. Es war Lynch, der einen instrumentalen Beitrag dazu leistete, Watts davon zu überzeugen, dem Schauspiel und der US-Filmindustrie treu zu bleiben, wie sie in der Talkshow „Live With Kelly And Mark“ erklärt (via Entertainment Weekly).

„Ich wäre nicht geblieben, hätte ich niemals David Lynch getroffen“, so Watts, die vor ihrem Treffen mit Lynch „zehn Jahre an gescheiterten Vorsprechen“ hinter sich hatte. „Ich habe die Leute buchstäblich abgestoßen. Ich habe ständig dafür gesorgt, dass sie sich unwohl fühlten, weil ich den Job so dringend wollte“, erklärt die Schauspielerin im TV-Interview.

Ihre Kinoflops in Verbindung mit ihren vergeigten Vorsprechen hätten einen Teufelskreis ausgelöst: Sie wollte sich immer dringender in Hollywood behaupten, war daher noch angespannter, und kam deswegen bei Castings weiterhin schlecht an. „Langer Rede, kurzer Sinn: David Lynch bat mich zum Vorsprechen – und er hat da eine ganz andere Vorgehensweise. Er hat mich hingesetzt, schaute mir einfach in die Augen und hat mir Fragen gestellt“, erinnert sich Watts.

Das habe Watts entspannt und dafür gesorgt, dass ihre Selbstzweifel verflogen: „Die meiste Zeit dachte ich [bei Vorsprechen] nur: 'Wie kann ich dir aus dem Weg gehen? Wie kann ich das hier beschleunigen? […] Ich bin nicht lustig. Ich bin nicht sexy. Ich bin zu alt. Ich bin zu dies, ich bin zu das.' Doch er hat mich einfach gesehen und war irgendwie fähig, diese Zweifel zu zerstreuen.“

Nach Lynch war Watts wie ausgewechselt

Watts wurde mit „Mulholland Drive“ zu einem wiederkehrenden Element in Lynchs Schaffen: Sie übernahm eine Sprechrolle in seiner animierten Kurzfilm-Horrorserie „Rabbits“, absolvierte via „Rabbits“-Clips einen akustischen Cameo in seinem finalen Kinofilm „Inland Empire“, und trat in der dritten „Twin Peaks“-Staffel auf.

Auch abseits Lynchs Schaffen nahm Watts' Filmografie ab „Mulholland Drive“ eine deutliche Wende: Mit Hauptrollen in Filmen wie „Ring“, „21 Gramm“, „King Kong“, „Funny Games U.S.“ oder einer tragenden Nebenrolle in „Birdman“ macht sie ihre einstige Durststrecke zweifelsfrei vergessen.

Falls ihr euch den Film anschauen möchtet, mit dem Watts' Karrierewende ihren Anfang nahm, könnt ihr das heute völlig unkompliziert und kostenfrei tun. Denn David Lynchs sagenumwobener, moderner Klassiker „Mulholland Drive“ läuft zu Ehren der verstorbenen Regieikone wieder im Fernsehen. Mehr dazu erfahrt ihr in unserem folgenden Beitrag:

Zum Tod von David Lynch: Heute läuft der wohl beste Film der Regielegende im TV - werbefrei!
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