„Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“, lautet ein altes Sprichwort – das sich in vielen Fällen auch aufs Filmemachen anwenden lässt. Bevor Quentin Tarantino mit „Reservoir Dogs“ sein offizielles Regiedebüt hinlegte, schuf er beispielsweise erst einmal den Amateurfilm „My Best Friend's Birthday“. Auch Martin Scorseses an der französischen Nouvelle Vague orientiertes Langfilmdebüt „Wer klopft denn da an meine Tür?“ gilt aus guten Gründen nicht als Meilenstein der Kinogeschichte. Und auch der für seinen Perfektionismus berühmt-berüchtigte Stanley Kubrick hat die Filmwelt nicht direkt mit seinem Erstling im Sturm erobert.
Lange bevor er mit „2001: Odyssee im Weltraum“ das Science-Fiction-Kino revolutionierte, mit „Barry Lyndon“ ein virtuoses Historien-Epos schuf oder mit „Shining“ eine der besten Stephen-King-Verfilmungen aller Zeiten in Szene setzte (auch wenn der Star-Autor das anders sieht), gab Kubrick seinen filmischen Einstand mit „Fear And Desire“ (1953).
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Das ist "Fear And Desire"
Der Film ist vor dem Hintergrund eines fiktiven, nicht näher benannten Krieges angesiedelt. Im Mittelpunkt stehen die überlebenden Passagiere eines hinter feindlichen Linien abgestürzten Kampfflugzeuges. Diese versuchen nun verzweifelt, ihr Lager zu finden, während sie ständig Gefahr laufen, von ihren Gegnern entdeckt und erschossen zu werden. Doch als sie dabei auf ein junges Mädchen (Virginia Leith) treffen, dessen Sprache sie nicht verstehen, kommt es auch zwischen den Soldaten zur blutigen Konfrontation...
„Fear And Desire“ ist nicht zu vergleichen mit „Wege zum Ruhm“, „Dr. Seltsam“ oder „Full Metal Jacket“, Kubricks späteren (Anti-)Kriegsfilmen. Doch wenn man bedenkt, dass der damals erst 25-jährige Regisseur das Werk mit einem schmalen Budget von 30.000 US-Dollar realisiert und neben der Regie auch Drehbuch, Kamera, Produktion und Schnitt übernommen hat, ist das Ergebnis trotzdem mehr als respektabel.

Trotzdem distanzierte sich der „Eyes Wide Shut“-Schöpfer später von seinem Frühwerk, das von Talent und Unerfahrenheit gleichermaßen zeugte. Paul Marzursky, einer der Hauptdarsteller von „Fear And Desire“, gab so einmal im Rahmen eines Publikumsgesprächs folgende Worte zu Protokoll (via SlashFilm): „Stanley wollte das Negativ verbrennen lassen. Er hasste diesen Film.“
Tatsächlich war der selbstfinanzierte Film nach seinem (erfolglosen) Kinostart rund 40 Jahre lang nicht mehr zu sehen, was unter anderem daran lag, dass Verleiher und Rechteinhaber Joseph Burstyn kurz nach der Veröffentlichung verstarb – und Kubrick sich nicht gerade leidenschaftlich dafür einsetzte, den Film der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Erst 1999 (im Jahr von Kubricks Tod) wurde „Fear And Desire“ wieder aufgeführt – allerdings ohne Zustimmung des „Uhrwerk Orange“-Machers.
Wenn ihr übrigens wissen wollt, welchen Film Kubrick für den besten aller Zeiten hielt, dann lest auch den nachfolgenden Artikel:
"Hinter dem Rampenlicht" war der Lieblingsfilm von Stanley Kubrick*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.