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    Into The Forest
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Into The Forest
    Von David Herger

    Großes Kino auf engem Raum – wie das richtig geht, haben erst dieses Jahr zwei gänzlich gegensätzliche Filme gezeigt: das oscarprämierte Entführungsdrama „Raum“ (Oscar für Brie Larson) und der klaustrophobische Sci-Fi-Thriller „10 Cloverfield Lane“. Ein wenig von beidem will nun die Romanverfilmung „Into The Forest“ sein, überzeugt aber trotz löblicher Ansätze schlussendlich weder als stimmige Charakterstudie noch als spannender Thriller. Die kanadische Regisseurin Patricia Rozema („Mansfield Park“) will mit ihrem Mix aus kammerspielartigem Drama und postapokalyptischem Thriller zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, doch ihr ambitioniertes Vorhaben scheitert am mangelnden Fokus der Erzählung und zwei Protagonistinnen, die trotz zweier leidenschaftlich aufspielenden Schauspielerinnen keine nachvollziehbare Entwicklung durchmachen.

    In der nahen Zukunft leben Eva (Evan Rachel Wood) und Nell (Ellen Page) mit ihrem Vater Robert (Callum Keith Rennie) in einem abgelegenen Haus tief in den Wäldern Kanadas. Während Eva eine Karriere als Tänzerin anstrebt, büffelt die angehende Biologin Nell für ihre Aufnahmeprüfung am College. Aber dann macht ihnen ein Stromausfall einen Strich durch die Rechnung – der legt die gesamte Westküste nämlich nicht einfach nur für ein, zwei Stunden, sondern auf unabsehbare Zeit völlig lahm. Als ihr Vater dann auch noch bei einem Unfall ums Leben kommt, sind Eva und Nell plötzlich ganz auf sich allein gestellt. Schon bald neigen sich die Nahrungsreserven dem Ende zu und auch das eigentlich innige Verhältnis der Geschwister bekommt angesichts der hoffnungslosen Situation langsam Risse. Als dann auch noch ein ungebetener Gast auftaucht, gerät das einst so unbeschwerte Leben der Schwestern endgültig aus den Fugen…

    Gefräßige Zombies („The Walking Dead“), unvorstellbare Naturkatastrophen („The Day After Tomorrow“), zerstörerische Weltkriege („The Book Of Eli“) – meist sind es fantastische oder zumindest unvorstellbare Ereignisse, die in Filmen als Begründung für postapokalyptische Szenarien herhalten müssen. Da ist es regelrecht erfrischend, dass „Into The Forest“ zur Abwechslung mal eine sofort nachvollziehbare, geradezu alltägliche Katastrophe als Anstoß für seine Survival-Story wählt: Zunächst muss sich die ehrgeizige Eva bei ihren Tanzübungen fortan mit dem quälend monotonen Klacken eines Metronoms statt mit einer Stereoanlage zufrieden geben, während Nell statt aus dem Internet fortan aus Büchern (!) lernen muss. Nach diesem harmlosen Auftakt wäre es die Aufgabe der Regisseurin gewesen, die Konflikte zwischen den Figuren langsam anschwellen zu lassen und so die Spannungsschraube zunehmend anzuziehen.

    Aber statt für ihre Figuren und ihre Geschichten interessiert sich Rozema eher für ihre zwar atmosphärische, aber zunehmend auch arg elegische Inszenierung: Quälend lange Zeitlupenfahrten, gefühlt ewige schwelgerische Close-ups, ein übermäßig melodramatischer Streicher-Score (von „Waltz With Bashir“-Komponist Max Richter) – zuweilen erinnern die meditativen Aufnahmen des Waldes fast schon an die spirituellen Naturbilder aus den Filmen von Terence Malick („The New World“, „The Tree Of Life“), nur werden diese hier kaum mit Bedeutung aufgeladen. Stattdessen schmälert der unentschlossene erzählerische Fokus auch die Performances von Ellen Page („Juno“) und Evan Rachel Wood („The Wrestler“), die in ihren Rollen zwar leidenschaftlich schreien und weinen dürfen, aber trotzdem mit ihren Figuren merkwürdig auf der Stelle treten: Obwohl sich Rozema reichlich Zeit für ihre Protagonistinnen nimmt, bleiben ihre Motivationen und Entscheidungen für den Zuschauer kaum nachvollziehbar. Da ist auch die gut gemeinte Moral, dass alles, was Menschen in der Not brauchen, schlicht und ergreifend einander ist, nur ein schwacher Trost.

    Fazit: Zu viel zielloses Kunstgewerbe, zu wenig spannendes Postapokalypsen-Kammerspiel.

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