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    Fack ju Göhte 3
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Fack ju Göhte 3
    Von Christoph Petersen

    Mit 7,3 und 7,7 Millionen Zuschauern liegen „Fack ju Göhte“ und „Fack ju Göhte 2“ auf den Plätzen 4 und 5 der Liste der erfolgreichsten Kinofilme des aktuellen Jahrzehnts – nur „Ziemlich beste Freunde“, „Star Wars – Episode VII“ und „James Bond 007 – Skyfall“ haben in den vergangenen sieben Jahren noch mehr Menschen in die hiesigen Lichtspielhäuser gelockt. Liest man sich einmal die Kommentare unter unseren Kritiken zu den ersten beiden Teilen durch, scheinen allerdings viele zu glauben, dass dieser überragende Erfolg einem Untergang des deutschen Abendlandes gleichkommt. Aber wir bleiben dabei: „Fack ju Göhte“ und sein Nachfolger haben nicht nur zufällig den Zeitgeist getroffen, es sind einfach auch verdammt gute Komödien, in denen der Mix aus groben Gags und warmherzigen Momenten so gut gelingt wie sonst nur selten. Vom Trilogie-Finale „Fack ju Göhte 3“ lässt sich das nun aber nicht unbedingt behaupten – nach einem starken Auftakt im Berufsinformationszentrum (BIZ) scheint Autor und Regisseur Bora Dagtekin („Türkisch für Anfänger“) nämlich schon bald den Fokus zu verlieren. So entwickelt sich „Fack ju Göhte 3“ schnell zu einer nur sehr, sehr lose zusammengehaltenen Nummernrevue mit mal mehr und diesmal eben leider oft auch weniger lustigen Einzelmomenten.

    Der Besuch des zuständigen Kontrolleurs des Bildungsministeriums (Michael Maertens) endet – wie nicht anders zu erwarten – für die Goethe-Gesamtschule in einer Katastrophe. Um eine drohende Schließung doch noch abzuwenden, muss die Schule in kürzester Zeit mindestens fünf Neuanmeldungen für das kommende Schuljahr nachweisen, ein musisches Stipendium für einen Oberstüfler abstauben, eine viral gehende Anti-Bullying-Kampagne initiieren sowie eine Auszeichnung für die Schülerzeitung „Klassenfurz“ erringen. Die härteste Herausforderung besteht jedoch darin, dass darüber hinaus alle Schüler aus Zeki Müllers (Elyas M’Barek) Monsterklasse in einem speziellen Test ihre Oberstufenreife nachweisen müssen. Allerdings ist Chantal (Jella Haase), Danger (Max von der Groeben) und Co. die Lust aufs Lernen (wieder) komplett vergangen, denn auf Berufe wie Altenpflegerin oder Fachkraft für Abwassertechnik, die ihnen bei einem Besuch im BIZ als für sie passend vorgeschlagen wurden, haben sie absolut keinen Bock…

    Nach der Beantwortung eines Fragebogens ermitteln im BIZ speziell entwickelte Algorithmen, welchen Beruf die Schüler der 11b (und ihr Lehrer) später am besten einmal ergreifen sollten – und auch wenn sich die „Fack ju Göhte 3“-Macher im Abspann explizit bei den Ausbildungsberufen Altenpfleger und Abwasserfachmann entschuldigen, ist die verzweifelte Inbrunst, mit der sich die Schüler hier gegen diese Empfehlungen und die damit vorgezeichnete Zukunft zur Wehr setzen, nur allzu leicht nachzuvollziehen. Am Ende zerlegt Danger sogar den halben Laden, nur damit die starr-bürokratische Tortur endlich ein Ende hat. Anfeuerungswürdig rebellische Szenen wie diese sind es, die die „Fack ju Göhte“-Reihe so sehenswert machen: derb-überdrehte Scherze mit einem schmerzhaft-wahren Kern! Aber während solche Momente in den beiden Vorgängern noch im Überfluss vorhanden waren, sind sie diesmal eher Mangelware. Stattdessen flüchtet sich Regisseur Dagtekin häufiger als zuvor in abseitigen Klamauk und holt außerdem erstmals in der Reihe den moralischen Zeigefinger heraus, ohne das im selben Moment sofort wieder ironisch zu brechen.

    So gibt es etwa wenig amüsante Slapstick-Szenen, in denen eine „Jugend forscht“-Drohne zum Fluggerät für einen drangsalierten, im Superheldenkostüm zum Unterricht kommenden Schüler (Anton Petzold, der Rico aus „Rico, Oskar und die Tieferschatten“) umfunktioniert wird oder Ploppi (Lucas Reiber) für Chantal und sich Cybersex-VR-Anzüge entwirft, weil er ihr wegen seiner Phobien ohne die virtuellen Hilfsmittel nicht die Zunge in den Mund stecken kann. Es hilft auch nicht, dass diese beiden Handlungsstränge mit einer „Das fliegende Klassenzimmer“- beziehungsweise einer „American Pie“-Anspielung weitergehen – denn diese Vergleiche sind in dem jeweiligen Zusammenhang definitiv ein paar Nummern zu hoch gegriffen. Zudem nehmen gleich zwei Mal Leute aus Versehen Drogen – dabei ist der Gag längst so ausgelutscht, dass man ihn möglichst gar nicht mehr bringen sollte. Und ein kurzer Besuch in der Kneipe von Chantals Mama endet schließlich sogar als plattes Von-oben-herab-Hartz 4-Gebashe – eine unangenehm elitäre Haltung, der man in den „Fack ju Göhte“-Filmen in dieser Form ansonsten glücklicherweise noch gar nicht begegnet ist.

    Ein mehrminütiger Sporthallen-Vortrag zum Thema Bullying erweist sich (zumindest bis kurz vor Ende) zudem als eine frontal-moralische (sprich: süßlich-öde) Angelegenheit – die pädagogisch wertvolle, sicher gut gemeinte Sequenz wirkt ohne den typischen derben Punch der Reihe trotzdem vollkommen deplatziert. Als ähnlich unpassend lässt sich auch ein weiterer erst spät angerissener Handlungsstrang rund um einen per Internetchat abgesprochenen Teenie-Gruppen-Selbstmord empfinden – aber immerhin erlangt Dagtekin seinen politisch unkorrekten Biss bei der Auflösung dieses Subplots wieder, wenn er Zecki Müller nicht nur von „Suizid-Fotzen“ sprechen, sondern den Möchtegern-Selbstmördern zum Abschluss auch noch Netflix-Verbot erteilen lässt (wer den Insider-Gag nicht versteht, kann ihn sich hier erklären lassen).

    Elyas M’Barek („Dieses bescheuerte Herz“), Jella Haase („4 Könige“), Max von der Groeben (für sein zwischenzeitliches „Bibi & Tina“-Gastspiel muss er hier einen amüsanten Seitenhieb einstecken) und vor allem Katja Riemann („High Society“) – die erneut hervorragend aufgelegten Schauspieler bleiben das größte Pfund der Reihe. Trotzdem lässt das ehrliche Interesse am Schicksal ihrer Figuren im dritten Teil merklich nach – dass die Gesamtschule nicht nur eine Aufgabe, sondern gleich einen ganzen Katalog an Bedingungen erfüllen muss, zieht im Zusammenspiel mit all den sonstigen Nebenschauplätzen eine solch zerfaserte Dramaturgie nach sich, dass man als Zuschauer schon mal den Überblick (und damit eben auch den emotionalen Bezug) verliert. Da viele der Nebenhandlungsstränge eh nur sehr lose in den zentralen Plot eingeflochten sind, hätte es sich angeboten, einfach einige davon direkt ganz herauszuschneiden – eine 20 Minuten kürzere Laufzeit würde dem Film definitiv guttun. Nur von Sandra Hüller („Toni Erdmann“) als feierlustige neue Lehrerin Biggi Enzberger (sie ist quasi der Ersatz für die ausgeschiedene Karoline Herfurth) hätten wir gerne mehr gesehen.

    Fazit: Wie die meisten Schüler aus Zeki Müllers Problemklasse schleppt sich auch die „Fack ju Göhte“-Reihe gerade so mit einem „ausreichend“ bis zum Abschluss durch. Zumindest für überzeugte Fans von Chantal, Danger & Co. gibt es in „Fack ju Göhte 3“ zwar noch einmal genügend politisch unkorrekte Lacher für zwei recht kurzweilige Kinostunden, aber dann ist jetzt auch wirklich gut.

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