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    Rock My Heart
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Rock My Heart
    Von Antje Wessels

    Nachdem er in den 1970er Jahren mit der treffend betitelten TV-Slapstickreihe „Nonstop Nonsens“ zu einem von Deutschlands Starkomikern geworden war, blödelte er sehr erfolgreich auf der großen Leinwand weiter und bescherte uns Kinokomödien wie „Didi - Der Doppelgänger“ oder „Didi und die Rache der Enterbten“. Seit diesen Zeiten trägt Dieter Hallervorden das Image der ewigen Ulknudel mit sich herum, aber er kann auch ganz anders. 2013 feierte der 1935 geborene Schauspieler und Kabarettist mit seiner Hauptrolle als alternder Marathonläufer in der Tragikomödie „Sein letztes Rennen“ ein herausragendes Comeback im ernsten Fach, für das er prompt mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Diesem fulminanten Auftritt ließ er ähnlich bemerkenswerte Darbietungen in Til Schweigers „Honig im Kopf“ und in der plattdeutschen Migrationskomödie „Ostfriesisch für Anfänger“ folgen, ehe er nun als in finanziellen Schwierigkeiten steckender Pferderennstallbesitzer in „Rock My Heart“ eine weitere Glanzleistung nachlegt. Hallervorden ist indes nicht das einzige Ass im Ärmel der Filmemacher. Regisseur Hanno Olderdissen („Familie verpflichtet“) setzt sich bewusst von Pferde-Schmonzetten wie „Ostwind“ oder „Wendy“ ab und gibt seinem Film, der sich auch als Mischung aus „Seabiscuit“ und „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ beschreiben lässt, eine erstaunlich ernste, sogar tragische Note.

    Für die 17-jährige Jana (Lena Klenke) könnte jede Sekunde die letzte sein: Die lebensfrohe Schülerin leidet unter einem schweren Herzfehler und im Gegensatz zu ihren Eltern (Annette Frier und Michael Lott) denkt Jana  gar nicht daran, sich für eine riskante, aber möglicherweise lebensrettende Operation zu entscheiden. Sie will ihr Leben genießen, solange es noch geht. Eines Tages führt der  Zufall sie in den heruntergekommenen Rennstall von Paul Brenner (Dieter Hallervorden), wo ihr bald unverhofft eine neue Aufgabe zufällt: Obwohl Jana gar keine Erfahrungen mit Pferden hat, scheint der Vollbluthengst Rock My Heart einzig und allein ihr zu vertrauen. Als Paul Brenner das sieht, hat er eine irrwitzige Idee: Er überredet das Mädchen beim anstehenden Derby mit Rock My Heart anzutreten, ein Sieg würde die Rettung seines verschuldeten Hofes bedeuten. Doch ist Janas schwaches Herz dieser Aufgabe gewachsen?

    Wenn in „Rock My Heart“ ein Mädchen und ein unzähmbares Pferd zu unzertrennliche Freunden werden, dann ist das trotz aller Ähnlichkeiten etwas ganz anderes als die Reitstall-Romantik in „Bibi & Tina“, „Wendy“ oder „Ostwind“, denn hier geht es bemerkenswert realistisch zu und das bedeutet auch, dass eben nicht alles auf ein harmonisches Happy End hinausläuft. Die Rückschläge und Schwierigkeiten, die eine lebensbedrohliche Krankheit nun mal mit sich bringt, sparen Regisseur Hanno Olderdissen und Drehbuchautor Clemente Fernandez-Gil („Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“) ebenso wenig aus wie die Schattenseiten des Galoppsports. Wenn sich der Einsatz der Gerte zuweilen an der Grenze zur Tierschutzwidrigkeit bewegt, wird das nicht beschönigt und auch die strengen Auflagen bei der Prüfung zur Amateurrennreiterin finden in „Rock My Heart“ ihren Platz. Wer das Sportreiten nur aus verkitschten Märchen kennt, der wird den Kinosaal womöglich etwas desillusioniert verlassen.

    Bei aller Realitätsnähe ist „Rock My Heart“ aber kein trockener Lehrfilm, sondern es dominiert ein Gefühl von Hoffnung und Zuversicht. In einem besonders berührenden Moment fasst „Fack ju Göhte“-Star Lena Klenke die Situation wie folgt zusammen:  „Da ist dieses verrückte Pferd unter mir mit ‘nem riesigen Herzen, das nur für mich schlägt.“ Während Jana durch das Pferd neuen Lebensmut gewinnt und der Kampfgeist ihres Trainers Paul Brenner wieder entfacht wird, schöpfen auch ihre von Annette Frier und Michael Lott (kennen sich beide noch aus der ProSieben-Serie „Alles außer Sex“) verkörperten Eltern neue Kraft. Aber der fast märchenhafte Optimismus wird mit sehr realistischem Schmerz gepaart – erst durch diese Kombination entfaltet der Film seine ganze Kraft. Nur in inszenatorischer Hinsicht scheint Hanno Olderdissen seiner lebensechten Geschichte manchmal doch nicht ganz zu vertrauen: Der inflationäre Gebrauch von gefühlsduseliger Popmusik und schwelgerisch-reißerischen Zeitlupen passt nicht so recht zu diesem ansonsten so beispielhaft wahrhaftigen Jugenddrama.

    Fazit: Mit „Rock My Heart“ gelingt den Machern eine überraschende und mitreißende Kombination aus realistischem Krankheitsdrama und hoffnungsvoll-optimistischen Pferdefilm.

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