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    Die Känguru-Verschwörung
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Die Känguru-Verschwörung

    Querdenker werden hier keinen Spaß haben!

    Von Björn Becher

    Die Klimakatastrophe beschäftigt Bestsellerautor Marc-Uwe Kling so sehr, dass er sie unbedingt zum Thema seiner Kino-Fortsetzung „Die Känguru-Verschwörung“ machen wollte. Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema landet man allerdings auch schnell bei Verschwörungserzählungen. Deren Anhänger*innen hinterfragen aber eher selten, woher die Studien kommen, die das Problem leugnen, oder wer eigentlich ein Interesse hat, die Katastrophe mit besonderem Framing (Etablierung des viel positiver klingenden Wortes „Klimawandel“) kleinzureden. Wird die „Die Känguru-Verschwörung“ sie bekehren?

    Wahrscheinlich nicht! Denn Verschwörungsanhänger*innen, die ja gerne vorgeben, besonders quer zu denken, dürften sich sowieso eher nicht in das Sequel zu „Die Känguru-Chroniken“ verirren. Deutlich zahlreicher werden hingegen die vielen Fans von Kling ins Kino pilgern, die das Känguru bereits via Bühne, Buch und Podcast zum Erfolgs- und Kult-Phänomen gemacht haben. Und die dürfte freuen, dass Marc-Uwe Kling beim Sequel eine deutlich prägendere Rolle eingenommen und (anstelle von Dani Levy) selbst Regie geführt hat. Die Folge: Der Witz in der Fortsetzung wirkt deutlich anarchischer und unberechenbarer! Zugleich ist eine kohärente oder gar fesselnde Story diesmal eher Fehlanzeige...

    Es geht auf einen Road-Trip...

    Es könnte alles so schön sein für Kleinkünstler Marc-Uwe (Dimitrij Schaad), nachdem er den Kiez vor einem Immobilien-Spekulanten gerettet hat. Aber dann zerstört das Känguru (spielt sich erneut selbst, klingt aber wie von Marc-Uwe Kling gesprochen) erst das Date mit Nachbarin Maria (Rosalie Thomass) – und dann kehrt auch noch deren von allen vergötterter und einfach rundum perfekter Ex Joe (Michael Ostrowski) zurück. Gegen diesen Nebenbuhler hat Marc-Uwe eigentlich keine Chance.

    In seiner Verzweiflung lässt er sich auf eine Wette mit Marie ein: Er will ihre Mutter Lisbeth (Petra Kleinert) aus der Verschwörungsszene retten – und dafür bekommt er bei ihr eine zweite Chance. Schafft er es hingegen nicht, bekommt sie seine günstige und große Wohnung. Doch als Marc-Uwe und das Känguru erfahren, dass Lisbeth nicht einfach nur irgendeine x-beliebige Klimawandelleugnerin, sondern als YouTuberin Diesel-Liesl die prägende Stimme der Szene ist, scheint jede Hoffnung verloren. Trotzdem machen sich Marc-Uwe und das Känguru auf nach Bielefeld, wo Lisbeth bei einer Messe von Verschwörungsguru Adam Krieger (Benno Fürmann) eine Rede halten soll...

    Bielefeld? Gibt’s doch gar nicht!

    Der an Umwegen und Unfällen nicht gerade arme Trip nach Bielefeld ist in „Die Känguru-Verschwörung“ kaum mehr als eine lose Klammer für eine eher beliebige Aneinanderreihung absurder Szenen. Schob sich in „Die Känguru-Chroniken“ noch eine arg flache Geschichte nach und nach in den Vordergrund, bleibt Kling hier näher an seinen ersten Büchern, die ebenfalls aus einzelnen kleinen Erzählungen bestanden. Und so ist „Die Känguru-Verschwörung“ über große Strecken vor allem eine Nummernrevue, bei dem das Duo auch mal in den Kampf einer römischen Legion gegen Barbaren stolpert.

    Erneut wird sich dabei – sogar schon vor (!) Filmbeginn - fleißig durch Kino- und Fernsehgeschichte zitiert. Da gibt es Anleihen an Hinterwäldler-Horror, Western, Kung-Fu-Spektakel oder Sitcom. Nicht immer ist konsequent: Da begeistert zum Beispiel der liebevoll nachgestellte „Alf“-Vorspann samt Dialogen mit eingespielten Lachtracks. Aber die Macher*innen trauen sich nicht, die präsentierte 4:3-TV-Ästhetik durchzuziehen, sondern springen (zu) schnell wieder ins 16:9-Kino-Breitbild-Format zurück.

    Gegen Nebenbuhler Joe hat Marc-Uwe eigentlich keine Chance.

    Die Witzbandbreite ist zudem sehr groß. Da wird der nahe liegende Flachwitz genauso mitgenommen wie eine Pointe mit einem gewissen Anspruch an das Allgemeinwissen des Publikums: Wer den Hauptmann von Köpenick nicht kennt oder nicht weiß, was die Wannseekonferenz war, wird bei der besten Episode des Films rund um einen auf einem Bahnhof aufgegabelten Soldaten wahrscheinlich wenig Spaß haben.

    Das eigentliche Problem ist aber, dass sich viele Rohrkrepierer unter den vielseitigen Gags tummeln. Und die erzeugen Leerlauf. Da es keine typische Dramaturgie gibt und es deshalb auch nicht spannend ist, ob das ungleiche Duo bei seiner Mission nun Erfolg haben wird oder nicht, hängt „Die Känguru-Verschwörung“ immer wieder durch und man wartet bisweilen doch einen längeren Zeitraum auf einen endlich mal wieder starken Einfall. Bei der Stange hält einen dabei allerdings der immer wieder gut eingesetzte Soundtrack von Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi.

    Stranger Things in der deutschen Provinz

    Dass das zentrale Duo immer wieder in neue Szenen geschmissen wird, sorgt zudem dafür, dass der restliche Cast etwas unterbeschäftigt bleibt. Michael Ostrowski („Contact High“) wie auch Benno Fürmann („Nordwand“) als jede seiner Aussagen mit einem ausgiebigen „eventuell, möglicherweise, vielleicht, unter Umständen“ einschränkender König der Verschwörungsgemeinde geben dem Affen zwar ordentlich Zucker und haben sichtlich Freude an ihren schrägen Rollen. Aber das bekannte Kiezpersonal um Herta, Friedrich-Wilhelm und Otto Von ist dieses Mal fast schon störende Staffage. Nachdem ihre kultigsten Sprüche im ersten Teil schon alle verfeuert wurden, sind sie in ihren wenigen Szenen nun überflüssig – abgesehen von einer amüsanten „Stranger Things“-Hommage.

    Besonders schmerzt das fehlende Interesse an den Nebenfiguren beim Umgang mit den zwei, die eigentlich das Herz des konventionelleren Teils der Geschichte bilden. So großartig Rosalie Thomass („Jagdsaison“) als mal wieder schlagfertig-überlegene Maria und Petra Kleinert („Mord mit Aussicht“) als verbohrte Diesel-Liesl sind, so wenig interessiert es eigentlich, ob und wie es zu einer Mutter-Tochter-Reunion kommen wird. Und der Moment selbst ist einem dann auch herzlichst egal. Denn „Die Känguru-Verschwörung“ interessiert sich halt doch im Zweifel für den Gag und teilt lieber gegen den eigenen Film aus, als mal einen kurzen emotionalen Moment zu zelebrieren.

    Diesel-Liesl hat mehr Szenen mit ihren Fans als mit ihrer Tochter.

    Eine anfangs durchaus angedeutete Auseinandersetzung mit dem Thema „Verschwörungserzählungen“ und der Frage, wie man eine Person, die ganz tief in den Kaninchenbau hineingekrabbelt ist, vielleicht doch noch irgendwie da herausbekommt, sollte man daher auch nicht erwarten. In „Die Känguru-Verschwörung“ dient das ganze Szenario am Ende dann doch nur als durchaus austauschbarer Hintergrund für teilweise wirklich lustige, teilweise schon oft gehörte Gags. Und selbst wenn am Ende kurz deutlich wird, dass diese Szenen eben nicht nur aus verblendeten Wirrköpfen besteht, sondern ein bis zum Mord reichendes Gewaltpotenzial offenbart wird, steht weiter der Witz im Vordergrund – auch wenn die humorvolle Auflösung in diesem Moment erstaunlich gut gelingt.

    Fazit: „Die Känguru-Verschwörung“ überzeugt immer wieder mit dem gerne auch mal eigenwilligen Humor, den die Fans des Berliner Beuteltiers so sehr lieben. Dazwischen ist aber diesmal auch viel Sand im dramaturgischen Getriebe...

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