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    Das Rotkäppchen-Ultimatum 3D
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Das Rotkäppchen-Ultimatum 3D
    Von Nicolas Zimmermann

    Was die Großmutter noch wusste... das hat sie in „Das Rotkäppchen-Ultimatum" längst vergessen. Dabei hat das Märchen mit „Die Rotkäppchen-Verschwörung (Hoodwinked)" 2005 so schön angefangen. Zwar waren Grafik und Animation bescheiden, doch boten die Gebrüder Cory und Todd Edwards zusammen mit Tony Leech als Drehbuch- und Regieteam eine herzliche Mischung aus Screwball-Komödie und modernem Märchen. Nach einem Regiewechsel hat sich „Das Rotkäppchen-Ultimatum" noch weiter als der Erstling vom klassischen Grimm-Stoff entfernt und ist unter der Führung des neuen Regisseurs Mike Disa dem Nonsense verfallen. Nicht lustig!

    Die Happy-End-Agentur hat sich dem Ziel verschrieben, jedem Märchen zu einem frohen Ende zu verhelfen. Diesmal plant eine böse Hexe, ihren zwei übergewichtigen Kindergefangenen eine ganz und garnicht jugendfreie Gutenachtlektüre vorzutragen. Frosch-Inspektor Nicky Flippers‘ Befreiungsaktion allerdings ist so gut wie zum Scheitern verurteilt, denn die Chaostruppe aus dem ersten Teil operiert nur in halber Formation. Rotkäppchen ist für ihre Kampfausbildung ab ins Himalaya-Gebirge und Holzfäller Schorsch hat seinen Traum vom Superstar verwirklicht, er ist jetzt ein gefeierter Popjodler-Frontmann in einer Band. Nicht nur das hyperaktive Eichhörnchen Twitchy hat Schuld daran, dass die extremsportbegeisterte Grandma von der Hexe gekidnappt wurde und die Happy-End-Agentur sich gemeinsam mit dem Sensationsjournalisten Wolf W. Wolf nun um ihr eigenes Happy End kümmern muss...

    Die Konsequenz: Das Publikum bleibt auf der Strecke. Viel zu sehr ruht sich Mike Disa auf den Figuren des Vorgängerfilms aus. Die waren zwar originell. Aber selbst Kenner der „Rotkäppchen-Verschwörung" werden sich hier langweilen. Während Grandma diesmal nur halb so wahnwitzige Stunts hinlegt und Reds Kampf mit dem Erwachsenwerden – damals noch niedlich und zuweilen zum Schmunzeln – schlichtweg zum Gähnen ist, sorgt ausgerechnet Truppen-Langweiler Schorsch mit seiner neuen Jodelband für die größte Humor-Überraschung. Der Wolf derweil scheint entgegen seiner Natur in den Winterschlaf verfallen zu sein, eine leichte Depression plagt ihn anfangs, und von seinem treuen Begleiter, dem Eichhörnchen Twitchy, versteht man sowieso kein Wort – 2005 war das noch eine echte Pointe.

    Ja, es gibt skurrile Situationen und jede Menge nette Einzeiler. Bloß, die Autoren haben zu viele kuriose Ideen auf einmal zusammengeklatscht und dabei jegliche erzählerische Integrität eingebüßt. Anders als zuvor gibt es hier keine clevere Twist-Erzählung aus diversen Perspektiven à la „Die üblichen Verdächtigen", sondern nur parallele Handlungsstränge, die nicht zusammenlaufen. Als unterhaltsame Kurzfilme würden die Episoden durchgehen, für ein spielfilmlanges Animationswerk jedoch ist ein übergeordneter Referenzrahmen unverzichtbar. Es zählen eben nicht nur Ideen, sondern auch ihre Umsetzung. So gibt es zwar massig Verweise auf Stephen King, „Das Schweigen der Lämmer", „Matrix", „Kung Fu Panda", „Drei Engel für Charlie" und andere Popkultur-Güter, wirklich ausgeführt und handlungsrelevant platziert werden sie jedoch kaum.

    Bei Star-Jodler Schorsch geht das Konzept auf, er bleibt seiner Talentshow-Linie à la „American Idol", „America's Got Talent" bzw. „Deutschland sucht den Superstar" durchweg treu. Dann wieder: eine Riesen-Spinne, ein Netz zwischen Wolkenkratzern, so so, „Spider-Man"! Und weiter geht's. Ähnlich unkonzentriert eingesetzt sind auch die hintergründigen Sprüche der ulkigen Figuren, die immer wieder im Schnittgewitter untergehen: Auf zur nächsten Szene, ganz woanders hin, dafür aber sicher wieder mit einem knackigen Einzeiler – dabei geht jeder noch so leise Bezug flöten. „Das Rotkäppchen-Ultimatum" ist gnadenlos überfrachtet, auch grafisch. Der von der Weinstein Company eingeforderte 3D-Überzug ist technisch sauber – bei einem Animationsfilm sollte das inzwischen eine Selbstverständlichkeit sein –, aber keineswegs einen Ticket-Aufpreis wert.

    Dass den Animationsfilmexperten von Pixar („Toy Story 3", „Cars 2") oder DreamWorks („Drachenzähmen leicht gemacht", „Kung Fu Panda 2") hier keine Konkurrenz heranwächst, ist bei der gerade noch akzeptablen Cartoon-Computerästhetik von „Das Rotkäppchen-Ultimatum" sonnenklar. Den Trumpf, mit dem die grafisch schon 2005 rückständige „Rotkäppchen-Verschwörung" locken konnte, hat das Ultimatum verspielt: ein geistreiches Drehbuch. Und frage bloß niemand nach der Moral von der Geschicht'. Weder im Vergleich zum Vorgänger, noch zum sonstigen Animationskosmos steht „Das Rotkäppchen-Ultimatum" anno 2011 gut da. Die Happy-End-Agentur hat ihr eigenes Happy End aus den Augen verloren und sollte etwaige Fortsetzungsmissionen gründlich überdenken.

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