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    Devil - Fahrstuhl zur Hölle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Devil - Fahrstuhl zur Hölle
    Von Jan Hamm

    Zur Jahrtausendwende galt M. Night Shyamalan noch als Wunderkind. Heute sorgt sein Name vor allem für Kopfschütteln. Der gute Ruf, den er sich mit seinen melancholisch-meditativen Grusel-Dramen „The Sixth Sense" und „Unbreakable" so spielerisch erworben hat, scheint aufgebraucht. Fanden sich zu den esoterischen Fabeln „Das Mädchen aus dem Wasser" und „The Happening" noch vereinzelte Verfechter, fiel die Rezeption seines aktuellen Werkes „Die Legende von Aang" so irritiert aus, dass der Werbespruch „From the mind of M. Night Shyamalan" wohl eher als Drohung aufzufassen ist. Damit ist „Devil", dem ersten Eintrag der „Night Chronicles", allerdings Unrecht getan. So soll es laufen: Shyamalan skizziert Stories und gibt sie an ambitionierte Filmemacher ab. „Devil", inszeniert von John Erick Dowdle und geschrieben von Brian Nelson („Hard Candy"), hat wenig mit der immer befremdlicher werdenden Kunst Shyamalans zu schaffen. Der mit 80 Minuten bemerkenswert kompakte Mystery-Thriller kommt direkt auf den Punkt: Fünf Menschen stecken im Aufzug fest, einer davon ist der Leibhaftige auf Seelenfang. Bloß wer?

    Detective Bowden (Chris Messina) hat Frau und Kind bei einem Autounfall verloren, der flüchtige Geisterfahrer konnte nie identifiziert werden. Eines hübschen Tages investigiert der verbitterte Cop in einem Suizid-Fall. Dank Abschiedsbrief scheint die Sache klar: Da meinte jemand, dem Teufel mittels Todessprung aus einem Wolkenkratzer entkommen zu können. Doch als ein Aufzug stecken bleibt und ein Techniker nicht vom Reparatur-Spaziergang zurückkehrt, mehren sich die Unheimlichkeiten. Via Überwachungskamera nehmen Bowden und das häusliche Security-Team Kontakt mit den fünf Gefangenen auf. Noch bevor überhaupt klar ist, wer da feststeckt, wird es rabenschwarz auf der anderen Seite des Schirmes, etwas lässt die Kabine erzittern und Wachmann Ramirez (Jacob Vargas) ist todsicher, eine Fratze auf seinem Monitor gesehen zu haben. Und so schreitet der Leibhaftige ans Werk...

    „Devil" funktioniert mit steigendem Bodycount sowohl als „Whodunit"-Ratespiel, aber auch als Auseinandersetzung mit dem Motiv der Höllenfahrt. Wie in „Angel Heart" ist der abwärts rumpelnde Aufzug der wortwörtlich letzte Streckenabschnitt gen Purgatorium. Und wie in Sartres „Geschlossene Gesellschaft" wird es plötzlich für jeden dieser Pechvögel zum existenziellen Problem, wer sie selbst durch die Augen der Anderen betrachtet sind. Jeder verdächtigt seinen Gegenüber und sucht nach Wegen, Blicke umzulenken. Je mehr Bowden den Biographien der Eingeschlossenen auf die Schliche kommt, desto klarer wird auch: Hier ist keine einzige gute Seele dabei. Ein Visionär wie Shyamalan zu „Sixth Sense"-Zeiten ist John Erick Dowdle nicht, als guter Handwerker und angenehm ökonomischer Erzähler erweist er sich mit „Devil" aber durchaus.

    Eine dynamische Kamera tastet Gesichter und Körper ab, bewegt sich schwerelos unter den Eingesperrten umher. War da nicht eben etwas, eine verräterische Mimik, eine verdächtige Bewegung? Und dann werden die Sünder vom großen Widersacher eingesammelt, einer nach dem anderen, während die Panik in der Kabine immer neue Ventile findet. Das hält bei Laune, bis sich schließlich herausstellt, hinter welchem Antlitz der Gehörnte all die Zeit über schon gesteckt hat. Einen Shyamalan'schen Twist fährt Dowdle nicht auf, wozu auch? Eher hätte der ein oder andere Effekt aus der Mottenkiste des Teufelskinos fehlen dürfen. Das dämonische Wispern fremdartiger Zungen rund um den Aufzugschacht etwa ist ein Allgemeinplatz des Okkulten, der den Bogen für einen Augenblick überspannt.

    Der verhältnismäßig unbekannte Cast nutzt seine Chance und spielt Kammerspiel. Geoffrey Arend („(500) Days of Summer") als dubioser Geschäftsmann Vince sägt mit nervösem Galgenhumor am Verstand seiner Schicksalsgenossen; Bojana Novakovics („Drag me to Hell") Sarah wirkt daneben so rehäugig, dass es da kaum mit rechten Dingen zugehen kann. Chris Messina („Vicky Cristina Barcelona") als Cop Bowden hält zur Identifikation her, wie er blickt auch das Publikum durch Kamera-Augen in die Aufzugkabine. Er ist zwar außen vor, spielt aber in der Express-Theologie über Sünde und Erlösung noch eine entscheidende Rolle. Ja, da sind Klischees dabei und das alles ist auch schon in ähnlicher Form da gewesen. Dennoch ist das erste „Night Chronicles"-Kapitel ein größtenteils stilsicher erzähltes Genre-Vergnügen und damit auch mehr als ein bloßer Prestige-Ausgleich für die angeschlagene Marke Shyamalan.

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