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    The Nice Guys
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    The Nice Guys
    Von Carsten Baumgardt

    Shane Black ist ein alter Hollywood-Profi, der auch unter dem Anpassungsdruck einer Franchise-Blockbuster-Produktion seine ganz eigene individuelle Handschrift zur Geltung zu bringen versteht. Bereits als Drehbuchautor in den 80er und 90er Jahren hat er Filmen wie „Lethal Weapon“, „Last Boy Scout“ und „Last Action Hero“ mindestens ebenso sehr seinen Stempel aufgedrückt wie die Regisseure Richard Donner, Tony Scott und John McTiernan. Mit seinem programmatisch betitelten Regiedebüt „Kiss Kiss Bang Bang“ bescherte uns Black dann nach langer Pause eine noch wildere Mischung aus coolen Sprüchen, übermütigen Genrespielereien und echten Emotionen, ehe er schließlich selbst dem Superhelden-Sequel „Iron Man 3“ aus der Marvel-Maschinerie das für ihn typische Buddy-Action-Comedy-Feeling verpasste. Mit seiner verrückt-schwarzhumorigen Action-Komödie „The Nice Guys“, die bei den 69. Filmfestspielen von Cannes außer Konkurrenz ihre Weltpremiere feierte, lässt Black nun den Bombast des Comic-Blockbusters hinter sich und knüpft an „Kiss Kiss Bang Bang“ an: „The Nice Guys“ ist lässig, rabenschwarz, lustig, rasant, brutal und unwiderstehlich oldschool.

    Los Angeles, 1977. Die beiden Privatdetektive Holland March (Ryan Gosling) und Jackson Healy (Russell Crowe) kommen sich unsanft in die Quere: March sucht im Auftrag einer greisen Klientin nach der jungen Rebellin Amelia (Margaret Qualley), während Healy sich darauf spezialisiert hat, Minderjährigen lästige Verehrer prügelnd vom Leib zu halten - und dem Kollegen, der selbst eine Teenager-Tochter (Angourice Rice) hat, rabiat den Arm bricht. Schließlich klärt sich das Missverständnis und die beiden ungleichen Detektive gehen fortan als Team auf die Suche nach Amelia. Die junge Frau hatte zuletzt einen Erotikfilm gedreht, mit dem sie ihre karrierebewusste Mutter, die Staatsanwältin Judith Kutner (Kim Basinger), zur Weißglut treiben wollte. Aber je tiefer die beiden Schnüffler ihre Nasen in den Fall stecken, desto blutiger werden diese: Der Auftragskiller John Boy (Matt Bomer) und sein Gefolge sind wenig kompromissfreudig.

    „The Nice Guys“ ist schon rein optisch ein Vergnügen mit seinem Setdesign, das so bunt ist wie die Hawaii-Hemden von Jackson Healy. Shane Black schafft ein authentisches 70er-Jahre-Flair und lässt seine  beiden schrägen Spießgesellen auf den Spuren von Detektiv Rockford wandeln - mit den handgezeichneten Visitenkarten verbeugt er sich auch ganz direkt vor der legendären TV-Serie. Doch vor allem ist „The Nice Guys“ ein weiteres Buddy-Movie, die Chemie zwischen dem ungleichen Duo stimmt von der ersten Minute an. Russell Crowe („Gladiator“) variiert seine überragende Raubein-Rolle aus „L.A. Confidential” (hier trifft er auch erstmals wieder auf Kim Basinger) und fügt eine deftige Portion trockenen Humors hinzu. Obwohl sein Jackson Healy ein ambivalenter Typ ist, hat er mit seinem handfesten Charme alle Sympathien auf seiner Seite – schließlich kämpft er für das Richtige, auch wenn die Mittel nicht immer fair sind. Ryan Gosling („Drive“) schafft dazu einen knalligen Gegensatz. Sein Holland March ist vollkommen verpeilt, nahe an der Trotteligkeit, doch zugleich ist er auch ein sorgender Vater für die frühreife und notorisch neugierige Nervensäge Holly. Die erfrischende Newcomerin Angourice Rice („These Final Hours“) fügt sich wunderbar ein und sorgt mit ihrem Alleingängen immer wieder für Verwirrung, während Margaret Qualleys („The Leftovers“) Amelia ein freches Früchtchen ist, mysteriös und unberechenbar.

    Shane Black jagt seine schillernden Figuren durch eine verzwickte und komplizierte Story, trotzdem ist „The Nice Guys“ ein Film von super-lässiger Beiläufigkeit. So wird mit keinem Wort darauf eingegangen, wenn die 13-jährige Holly ihren Vater durch die Gegend chauffiert, weil der mit Armbruch nicht fahren kann oder verkatert in den Seilen hängt. Und wenn das nackte Covermodel Misty Mountains (was für ein Name!) tot in einem Sportwagen über die Hügel Hollywoods und einem Halbwüchsigen direkt vor die Füße rast, dann beeindruckt nicht nur die perfekt inszenierte Szene an sich, sondern auch ihre clevere Vorbereitung im Hintergrund der Erzählung. Der Regisseur brennt ein wahres Feuerwerk an witzigen Einfällen ab, die Figuren reihen Oneliner an Oneliner (nicht alle, aber die meisten treffen ihr Ziel), das Tempo ist hoch. Zugleich nimmt Black seine Krimigeschichte und seine Figuren aber sehr ernst und so wirkt auch die für heutige Mainstream-Verhältnisse durchaus beachtliche Härte nicht übertrieben, sondern nur konsequent: Wenn es die Geschichte erfordert, dann werden zur Not auch mal Hauptfiguren erschossen. Das ist alte Schule im besten Sinne.

    Fazit: Action, coole Sprüche und eine rasante Detektivgeschichte – „Last Boy Scout“ trifft „Chinatown“: Shane Blacks knallbunt-gewagter und erfrischend altmodischer Slapstick-Krimi „The Nice Guys“ unterhält bestens.

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